Kunst oder doch nicht?

Veranstaltung im Schloss Schleißheim – Experte Dr. Herbert Giese im Interview

Seit 1990 einer der Experten in der Sendung »Kunst & Krempel«: Dr. phil. Herbert Giese. 	Foto: BR Gerd Heinlein

Seit 1990 einer der Experten in der Sendung »Kunst & Krempel«: Dr. phil. Herbert Giese. Foto: BR Gerd Heinlein

Oberschleißheim/München · »Das kann ich auch morgen machen« ist wohl die beliebteste Ausrede, wenn es darum geht, Dachboden und Keller mal wieder aufzuräumen. Und dann kommt der Tag X, an dem dies unvermeidlich ist und die Entrümpelungsaktion startet.

Neben all den Erinnerungen aus längst vergangenen Tagen findet man dann oft Dinge, die man mal auf einem Flohmarkt ergattert oder die ein Familienangehöriger mitgebracht hatte. Doch wie wertvoll sind diese persönlichen Schätze wirklich?

Genau um diese Frage dreht sich die Sendung »Kunst & Krempel«, die jeden Samstag ab 19.45 Uhr im Bayerischen Fernsehen gezeigt wird. Hier bewerten Experten die Kunststücke der Zuschauer. Vom 19. bis 22. Mai werden im Großen Saal von Schloss Schleißheim verschiedene Themengebiete für die Sendung aufgezeichnet. Einer der Experten in der Runde ist dann auch wieder Dr. phil. Herbert Giese.

Der Kunsthändler, Autor und Sachverständige wurde 1950 in Wien geboren, studierte dort Kunstgeschichte. Seit 26 Jahren ist er der Gemäldeexperte der Sendung »Kunst & Krempel«. Er verfasste zahlreiche Aufsätze zur österreichischen Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts und ist Gutachter der Sammlungen Rudolf Leopold I (1993) und II (2010). Seit den frühen 1970er-Jahren betreut er zusammen mit Harald Schweiger die Sammlung Klaus und Friederike Ortner. Der Österreicher zählt zu den renommiertesten Kennern der mitteleuropäischen Malerei des 19. und 20. Jahrhunderts.
Was für ihn die Faszination der Sendung ausmacht, darüber sprach Dr. phil. Herbert Giese in einem Interview mit dieser Zeitung:

Münchener Nord-Rundschau: Seit 1990 sind Sie Experte bei »Kunst & Krempel«: Gibt es da noch Überraschungsmomente, Herr Dr. Giese?

Dr. Herbert Giese: Die Überraschung ist immer objektabhängig, die Sendung selbst läuft ja in geordneten Bahnen. Viele Dinge sind unbekannt, Das macht aber eben die Spannung aus. Das Schöne ist, dass man sich darauf verlassen kann, dass immer etwas passiert.

Was überwiegt denn bei den Kunststücken, die Sie begutachten, Kunst oder Krempel?

Giese: Wenn wir die Kunststücke für die Sendung kurz vorher auswählen, dann versuchen wir, immer einen Mix zu finden und beides zu bedienen. Es sind die Geschichten, die uns interessieren und die Leute wollen etwas über die Kunst lernen.

Nun stecken hinter vielen Dingen ganz individuelle Schicksale. Was war für Sie die rührendste Geschichte?

Giese: Da gab es einige Geschichten. Eine ist gut 15 Jahre her. Damals gab es in der Sendung eine Familienzusammenführung. Zwei Schwestern hatten sich 40 Jahre lang nicht gesehen. Die eine war bei uns mit einem Bild zu Gast, welches die andere von Zuhause her kannte, woraufhin diese Kontakt aufnahm. Rührend sind auch Bilder, bei denen man merkt, dass es die letzten großen Erinnerungen an Menschen sind.

Welche Epoche/Zeit interessiert Sie am meisten?

Giese: Wenn man die Kunst liebt, dann liebt man jede Epoche. Natürlich ist es so, dass Werke zum Beispiel aus der Renaissance nicht mehr so häufig herumhängen.

Was war das interessanteste Objekt, das Sie je begutachtet haben?

Giese: Wir hatten schon so einige Highlights hier. Vor zwei Jahren kam beispielsweise jemand mit einer Graphik von Alfred Kubin, welche er in einem norddeutschen Aktionshaus für 200 Euro ersteigert hatte. Diese war aber 100.000 Euro wert. Wir hatten auch mal ein Werk des mexikanischen Malers Velasco hier, das im Nachhinein in New York für 300.000 Dollar versteigert wurde. Das sind aber nicht die üblichen Fälle, doch hier und da passieren Sie. Christine Henze

Gewinnspiel

Artikel vom 10.05.2016
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