Gott lebt! Und wohnt in Brüssel

Grafing · KBW zeigt den besonderen Film »Das brandneue Testament«

Der nächste Film der Reihe »KBW im Kino« beschäftigt sich mit dem Herrgott persönlich.	Foto: VA

Der nächste Film der Reihe »KBW im Kino« beschäftigt sich mit dem Herrgott persönlich. Foto: VA

Grafing · Leben wie Gott in Frankreich, das wird vielen, die ein luxuriöses oder auch ein unbeschwertes Leben mögen, gefallen, aber leben wie Gott in Brüssel, auf diese Idee muss man erst einmal kommen.

Der belgische Filmemacher Jaco van Dormael hatte diesen absurden Geistesblitz vor zwei Jahren, als er zusammen mit seinem Koautoren Thomas Gunzig am Drehbuch für »Das brandneue Testament« arbeitete. Ein außergewöhnlicher Film, der im Dezember vergangenen Jahres in die Kinos kam. Das Kreisbildungswerk zeigt zusammen mit dem Grafinger Capitol Theater am Mittwoch, 11. Mai, um 20 Uhr im Rahmen der Veranstaltungsreihe »KBW im Kino« diese Filmpolemik mit viel Tiefgang und Poesie.

Die beiden Belgier gehen sogar noch einen Schritt weiter und lassen Gott zusammen mit seiner stillen, putzsüchtigen und etwas einfältigen Frau und ihrer rebellischen zehnjährigen Tochter in einer spießigen Dreizimmerwohnung mitten in einem Brüssler Hochhauskomplex wohnen, Paradies sieht anders aus. Und wer sich Gott als furchteinflößende und Autorität verströmende Respektsperson oder als lieben Gott mit Rauschebart vorstellt, auch der wird von Dormael enttäuscht. Denn sein Gott ist despotisch, cholerisch, immer übellaunig. Eben ein echter Fiesling, der im Bademantel, ziemlich runtergekommen und miesepetrig durch die Wohnung schlurft und seinen Arbeitstag damit verbringt, seine irdischen Geschöpfe per Uralt-Computer zu quälen und zu drangsalieren.

Allerdings hat Gott, wie eben viele herrschsüchtige Väter, Scherereien und Stress mit den Kindern: Der Älteste, JC, hat sich bereits vor vielen Jahren aus dem Staub gemacht, so dass er jetzt als Porzellanfigur auf dem Wohnzimmerschrank steht, von wo aus er seiner kleinen Schwester Éa Tipps für die Gestaltung ihres Lebens gibt und ihren Aufstand gegen den übermächtigen Familientyrannen mitorganisiert. Als Showdown hat sich die aufmüpfige Zehnjährige, bevor sie den Absprung in die reale Welt schafft, einen besonderen Clou ausgedacht: Per SMS informiert sie die Menschen über den Zeitpunkt ihres Ablebens, auf die Minute genau. Und damit hat sie den Machtspielen ihres herrischen Vaters ein schnelles Ende bereitet. »Denn wer weiß, dass sein Tod in Kürze bevor steht«, so der Filmemacher, »entscheidet sich für das wirklich Wichtige und gestaltet seine noch verbleibende Lebenszeit nach seinen Herzenswünschen und tut endlich die wirklich wichtigen Schritte auf seinem Lebensweg«. Das brandneue Testament erzählt eine Geschichte für das Kind im Erwachsenen.

Es ist ein Film zum sich Versenken, zum Lachen, auch wenn einem ab und zu das Lachen im Halse steckenbleibt. Es ist ein Film zum Träumen, aber vor allem zum Staunen. »Das brandneue Testament ist ein Film, der entschieden auf die Wirklichkeit pfeift, denn die pfeift so wie so schon auf dem letzten Loch, sei es in Brüssel oder anderswo«, so bringt ein Filmkritiker seine Eindrücke auf den Punkt. Im Anschluss an den Film haben die Zuschauer die Möglichkeit, mit Experten ins Gespräch zu kommen. An diesem Abend sind es: Dekan Josef Riedl und der Kabarettist und Autor Sebastian Schlagenhaufer. Der Eintritt beträgt 6 Euro, Platzreservierungen sind über die Homepage des Grafinger Capitol Theaters möglich.

Artikel vom 09.05.2016
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