Kirchseeon: Wo könnte die Umgehungsstraße entlangführen?

Kirchseeon · Details noch planen

Zahlreiche Mitglieder des »Aktionsbündnis Schutz des Kirchseeoner Südens« und Gemeinderäte waren der Einladung zur Teilbegehung der geplanten Umgehungs-Trasse gefolgt. 	Foto: Sybille Föll

Zahlreiche Mitglieder des »Aktionsbündnis Schutz des Kirchseeoner Südens« und Gemeinderäte waren der Einladung zur Teilbegehung der geplanten Umgehungs-Trasse gefolgt. Foto: Sybille Föll

Kirchseeon · Am 26. März will der Gemeinderat Kirchseeon darüber entscheiden, welche Trassenvariante der Umgehungsstraße Kirchseeon beim Bürgerentscheid am 22. Juli zur Abstimmung vorgelegt wird.

Um den Räten vor Augen zu führen, welche Konsequenzen eine Südumfahrung hätte, lud das »Aktionsbündnis Schutz des Kirchseeoner Südens« am vergangenen Freitag zu einem Spaziergang durch das betroffene Gebiet ein. Vom Löschweiher in Ilching aus stapften sie los Richtung Taubenberg: Mitglieder des Aktionsbündnisses, Bürgermeister Udo Ockel, die SPD-Gemeinderäte Thomas Kroll, Barbara Burgmayr-Weigt und Elke Kirschner-Lüthje, von der CSU Gerda Rothhaupt, Alfons Bauer und Martin Höher, von den Grünen Frank Költerhoff, sowie Ernst Fuchs, Ortsbevollmächtigter des Bund Naturschutz (BN) und sein Vorgänger Matthias Weiß.

Nach einigen hundert Metern zeigt Brigitte Sickinger vom Aktionsbündnis, die den Spaziergang organisiert hatte, auf einen entfernt liegenden Niederwald und erklärt: »Das sind Ausgleichsflächen, die von der Straße durchschnitten würden.« Stummes Nicken, die meisten sind hier aufgewachsen und kennen die Gegebenheiten. Die Gruppe marschiert den schlammigen Feldweg weiter Richtung Wald. Ernst Fuchs bleibt stehen und zeigt auf die ersten Fichten. »Der Boden war früher nicht so ertragreich, deshalb haben die Leute um 1800 hier Humus aufgeschüttet und Kartoffeln angebaut«, erklärt er, dann trabt die Gruppe weiter. Es geht hügelaufwärts durch lichten Mischwald, eine halbe Stunde lang.

Fuchs bleibt an einer Mulde im Wald erneut stehen. »Das ist der Schinderlacker, hier haben die Pferdeschlachter früher die Innereien der Pferde entsorgt«, erklärt er. Thomas Kroll schaut skeptisch. »Das ist ja alles ganz interessant, aber was ist an einem Kartoffelacker und einem Friedhof für Gedärme schützenswert«, wundert er sich. Er kennt die Gegend, war schon oft hier spazieren. »Natürlich wollen wir uns die Gegend hier nicht kaputt machen lassen. Aber es ist ja auch noch nichts endgültig. Die Detailplanungen müssen erst noch gemacht werden, aber das ist Aufgabe des Straßenbauamts.

Wenn die vorliegen, können wir immer noch ablehnen.« Der Nordtrasse durch den Ebersberger Forst gibt er keine Chance. Sie sei schon seit 2003, seit die Umfahrung Kirchseeons im Bundesverkehrswegeplan in der Dringlichkeitsstufe »Weiterer Bedarf« aufgenommen wurde, eine Illusion. Und damals sei das noch nicht mal FFH-Gebiet, also ein spezielles europäisches Schutzgebiet in Natur- und Landschaftsschutz, gewesen. »Wenn wir die durchdrücken wollten, wären Klagen bis hoch zur EU zu erwarten.« Und das würde für Kirchseeon wieder für Jahre Stillstand ­bedeuten, so Kroll. Er sieht daher noch starken Diskussionsbedarf.

Mittlerweile ist die Gruppe auf einer Anhöhe angekommen, dem Dachsberg. »Und hier ist Wasserschutzgebiet«, sagt Sickinger. »Von da hinten würde die Trasse durch einen Tunnel durch den Dachsberg gehen«, übernimmt der ehemalige Vorsitzende der BN-Ortsgruppe, Matthias Weiß, das Wort. Die Blicke folgen seiner Handbewegung von dem flachen Waldstück im Westen über das tiefe Tal unterhalb der Anhöhe im Osten. Dahinter liegt eine weitere Anhöhe, die Wasserreserve, mit 611 Metern die höchste Erhebung in der Gemeinde Kirchseeon. Dort hinauf wird das Grundwasser gepumpt, damit es durch Leitungen als Trinkwasser zu den Einwohnern fließt.

Das Wasser habe eine sehr gute Qualität, erklärt Weiß. »Das wissen wir seit Anfang der 90er Jahre, als hier hydrologische Tiefenbohrungen gemacht wurden, um die Strömungsverhältnisse zu erforschen.« Damals habe man herausgefunden, dass das saubere Grundwasser von Buch hier dreht und zum Inn fließt.

»Eine wunderschöne Gegend«

»Die Südtrasse würde nur zehn Meter vom Wasserschutzgebiet entfernt verlaufen. Da braucht nur ein Tanklaster umzukippen und dann war’s das mit dem sauberen Bucher Wasser«, sagt Andrea Oberhauser-Hainer, Initiatorin des »Aktionsbündnis gegen die weiträumige Südumfahrung«, das sich mittlerweile in »Aktionsbündnis Schutz des Kirchseeoner Südens« umbenannt hat. »Das ist positiver«, sagt Sickinger. Es geht wieder bergab zur Lipplake, ein kleiner Toteissee, der nach der Würmeiszeit vor etwa 10.000 Jahren entstand. Ein schützenswerter Ort, finden die Kirchseeoner. »Ja, es ist eine wunderschöne Gegend«, sagt Gerda Rothhaupt.

Die Diskussion müsse weitergehen und die Südumfahrung ist ihrer Meinung nach die einzige Lösung. »Ich wohne selbst an der B 304. Irgendwie arrangiert man sich damit, aber eine Umfahrung wäre besser.« Zurück in Ilching erwarten die müden Wanderer Kaffee und Kuchen, selbst gebacken von Mitgliedern des Aktionsbündnisses. »Ich fand den Spaziergang interessant, wir hatten gute Gespräche«, resümiert Oberhauser-Hainer und gesteht, selbst noch nie auf dem Dachsberg gewesen zu sein. Ob die Wanderung aber Einfluss auf die Beschlussfassung des Gemeinderates haben wird, ist fraglich. Denn letztendlich gibt es bis dato keine realistische Alternative zur weiträumigen Südumfahrung. Diese aufzugeben, könnte für Kirchseeon bedeuten: gar keine Umgehungsstraße. Sybille Föll

Artikel vom 13.03.2012
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