Veröffentlicht am 27.07.2006 00:00

„Da schau her“

Es muss an der Hitze liegen. Oder hat die Fußball-WM doch etwas in den Köpfen verändert? Wird München endlich wirklich zur nördlichsten Stadt Italiens? Oder gar Spaniens? Brasiliens? Vergangenen Dienstag befasste sich der Kreisverwaltungsausschuss des Stadtrats mit dem Strand-Biergarten an der Corneliusbrücke. Von den Veranstaltern gekonnt mit einer seitenlangen Philosophie ummantelt, drängen sich auf dem Balkon über der Isar täglich manchmal mehrere hundert Besucher. Seit Mitte Mai.

Vier Wochen hätte das Projekt eigentlich dauern sollen, doch immer wieder wurde großzügig die Genehmigung verlängert. Ein Kunstprojekt, kein kommerzieller Betrieb sei der „Strand“. Schade eigentlich, dass es mittlerweile Kunst ist, wenn kleines Flaschenbier teuer verkauft wird, Sonnenschirme und sonstiger Werbemüll von einem Limolieferanten rumsteht, dazwischen Seefahrer-Schrott und aufgeschütteter Sand. Zur Ehrenrettung: Das Barhäuserl ist von Architekturstudenten entworfen, und auch Live-Bands spielen öfter.

Eigentlich soll es am „Strand“ um die „Rückeroberung des öffentlichen Raums“ gehen. Keine schlechte Idee – schade, dass die Ausführung so wenig ambitioniert daherkommt. Schade auch, dass den Barbetrieb am „Strand“ ein großes Lokal übernommen hat, das eigentlich an der Leopoldstraße sitzt und bis jetzt noch herzlich wenig mit kulturellem Anspruch aufgefallen ist. Aber bleiben wir – zur Abwechslung mal – ausgewogen. Der Stadtrat hat das Projekt nun noch bis Mitte September abgenickt und gleichzeitig einen Diskurs ankündigt, wie es in den nächsten Jahren in München weitergehen soll mit solchen Stränden. Das ist sehr erfreulich. Plötzlich spricht selbst Ordnungschef Wilfried Blume-Beyerle von öffentlichem Grund, der künftig allen gehören soll. Plötzlich wünschen sich Stadträte dringend ganz viel junge Kultur auf die Straße. Plötzlich heißt es, ein Denkmal – gerade eben die Corneliusbrücke - dürfe kein toter Raum sein. Plötzlich sieht es ganz danach aus, dass München doch noch richtig urban wird. München ist sehr lebenswert. Bald wird es noch viel lebenswerter! P.S.: Nächste Woche geht’s wieder weniger ernsthaft zur Sache an dieser Stelle. Aber für diese Woche gilt: Auch ein Kolumnen-Schreiber darf sich mal ehrlich freuen.

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