Die Fehlfarben sind, auch wenn sie das wohl nie sein wollten, Volksgut. Um dies zu sein, muss man einfach das richtige Album zur rechten Zeit herausgebracht haben. In ihrem Fall Monarchie und Alltag 1980. Damals also, als es irgendwie noch ziemlich nazimäßig alternativ: schlagermäßig rüberkam, auf Deutsch zu singen.
Bei den Fehlfarben kam es erstaunlicherweise revoluzzermäßig rüber.
Damals ja damals. Im Nachhinein will damals jeder ein Punk gewesen sein und kein Neue Deutsche Welle-Dauerwellenträger. Junge, wer mit zwanzig kein Anarchist gewesen ist, aus dem wird später nie ein guter Demokrat, sang 1984 die Band Freiwillige Selbstkontrolle (FSK). Der Spruch Keine Macht für niemand dagegen war damals schon ein wenig überstrapaziert, denn eigentlich genossen auch die Linken ihre bisschen Macht: sie hatten endlich ein Sprachrohr mit der 1979 entstandenen taz, waren gut formiert und informiert, blockierten Häuser, Straßen, hatten Sympathisanten.
Es geht voran, sangen Fehlfarben, der Song begleitete Demos gegen Atomkraft und für Hausbesetzungen. Als Revoluzzer-Helden gelten Fehlfarben nun immer noch: Und daher haben sie zu Beginn des neuen Jahrtausends, 20 Jahre nach Erscheinen des Werkes, die Goldene Schallplatte für Monarchie und Alltag bekommen.
Dieser ein wenig nachhallende Ruhm verwundert nicht: Fehlfarben beklagen heute wie früher die Bild-Zeitung, das Fernsehprogramm und die allgemeine Stimmung im Land, ebenso Zeitgeist-Spießer, Durchschnittsbürger, Geschäftstüchtige.
Trotz Goldener Schallplatte allerdings saßen sie 2002 laut Albumtitel Knietief im Dispo und sind damit gefragter denn je: dank des Kinofilms Verschwende deine Jugend erlebte die deutschen New Wave/Punk-Anfänge jetzt eine Blüte; 2003 waren Fehlfarben-Konzerte besucht wie nie zuvor.
Inzwischen ist ein weiteres Album auf dem Markt im 27. Jahr der Bandgeschichte. Mit dem Werk gastieren sie am Samstag, den 18. März, ab 20.30 Uhr, in der Muffathalle. Auf diesem 26 1?2 singen Fehlfarben alte Songs mit neuen Freunden: beispielsweise mit Helge Schneider oder Campino. Überraschend ist, dass Herbert Grönemeyer Grauschleier intoniert Grönemeyer, der sicher niemals Punk war. Fehlfarben-Frontmann Peter Hein hierzu: Ich will mich heute von Grönemeyer-Ausgrenzern abgrenzen. Und irgendwie passt das ja zusammen: Grönemeyer ist bekanntlich auch Volksgut. nan