Einst war es das Einzige, an das sich die unterdrückten Afro-Amerikaner klammern konnten: der Soul. Viel mehr als nur Musik-Genre, beinhaltete der Soul ein ganzes Lebensgefühl, eine Identifikation, ein schwarzes Selbstverständnis.
Gewachsen aus RnB und Gospelmusik, war am Durchbruch dieses Stils allen voran einer beteiligt, der dieser Tage dank eines Kinofilms zu neuen Ehren kommt: Ray Charles. Über die Jahre entwickelte sich der Soul schließlich in verschiedene Richtungen. Ob Rare-Soul, Philly Sound oder Northern Soul die Liebhaber unterscheiden zwischen etlichen Feinheiten in Sound, Herkunft und Alter der Musik.
Diese Liebhaber gibt es auch in der Alten Welt zuhauf, und freilich sind die Fans längst nicht mehr alle schwarz. Großtreffen der eingefleischten Soul-Fans sind die so genannten Allnighter: Oft reisen sie hunderte Kilometer, um die ganze Nacht durch ihren Soul von Original-Vinyl-Platten zu hören und mit anderen Experten fachzusimpeln. Einer der in Europa bekanntesten und beliebtesten Soul-Allnighter findet seit 1997 in München statt: der Tazmanian Devils Soul Event.
Nun ist es wieder soweit, und laut Veranstalter gibt es im Loft (Friedenstraße 22) nur die Schmankerl zu hören: From north to south - from east to west - the best in northern, modern & rare soul!, heißt die Devise. Auch dieses Jahr werden die Münchner Soul Brothers and Sisters mit Motown, 60s, 70s, Rare und vor allem Northern Soul verwöhnt!
Aus allen Himmelsrichtungen reisen die DJs an. Der Norden wird vertreten von Lars Bulnheim vom Hamburger Shelter Club er gilt als Europas vorderster Experte in Sachen Modern Soul. Der Mann aus dem Süden heißt Alvin Smethurst. Er lebt halb in München und halb in Manchester, ist Fachmann für Northern Soul Classics und Motown Sound und ist seit den Siebzigern gefragter DJ und Herr über eine legendär-riesige Plattensammlung.
Aus dem Osten, aus Leipzig, reist Peanut Vendor an, aus dem Westen Peter Werhand von Soul Experience. Im Raum Köln und Koblenz weiß man, was die Stunde geschlagen hat, wenn the one and only Peter Werhand angekündigt wird! Er zündet sein Feierwerk mit Northern-Raketen, Rare-Soul-Knallern und Motown-Krachern!, schwärmen die Veranstalter des Münchner Soul Allnighters.
Eine geballte Ladung an begehrten Scheiben samt ihren Besitzern kann man also heute Abend bestaunen eine Gelegenheit nicht nur für diejenigen, die sich der Dimension von Soul wirklich bewusst sind, was er den Unterdrückten und von Rassismus Geplagten einst bedeutete. Denn: Bei allem Leid wurde trotzdem getanzt. Und tanzen lässt sich heute noch vorzüglich zu seelenvoller Musik, die zwar gut gealtert, aber so gar nicht angestaubt ist. Dafür spielen die DJs des Allnighters ihre Platten viel zu oft und zu gerne.
Wer es heute nicht schafft, und doch in der richtigen Umgebung den Sound von Philly und Motown genießen will, der hat übrigens jeden Donnerstag die Möglichkeit dazu: ab 21 Uhr im Atomic Cafè (Neuthurmstraße 6).
Der 8. Soul Allnighter ab 22 Uhr am Samstag im Loft, Friedenstraße 22.
Von Albrecht Ackerland