Rund 150 Wohnungen des Vereins für Volkswohnungen in der Andrée- (Foto) und Renatastraße sollen neu gebaut oder generalsaniert werden.
NEUHAUSEN. Rund 150 Neuhauser Mieterinnen und Mieter haben Angst, dass sie ihre Wohnung in einigen Jahren nicht mehr bezahlen können. Sie alle leben in einer Genossenschafts-Wohnanlage des Vereins für Volkswohnungen in der Andrée- und Renatastraße. Die 1915 errichteten Gebäude entsprechen nach Auffassung des Vereins nicht mehr den heutigen Ansprüchen, sind sanierungsbedürftig und wären daher langfristig nicht mehr vermietbar. Als Lösung schwebt dem Verein ein schrittweiser Abriss und ein Neubau der Anlage vor, oder zumindest eine grundlegende Generalsanierung. Vor beidem haben viele Mieter jedoch Angst, wie sie gegenüber dem Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg deutlich gemacht haben.
Von vier- bis fünffachen Mieten wird in den Fluren der Wohnanlage schon gemunkelt, wenn erst einmal alles neu und komfortabel ausgestattet ist. Das können wir nicht mehr bezahlen. Dann bleibt nur noch das Sozialamt, klagten einige ältere Mieter, die zum Teil seit Jahrzehnten in der Andréestraße (Nummern 8 bis 14) oder Renatastraße (28 bis 34) leben, in der jüngsten Sitzung des BA 9. Warum muss das überghaupt sein. Die Wohnungen gefallen uns so. Lieber kein so tolles Badezimmer und dafür eine bezahlbare Miete mitten in Neuhausen, sagten andere und verwiesen auf die Eigenleistung, die viele Familien im Lauf der Jahre in die Modernisierung ihrer Wohnungen gesteckt haben. Ihnen wäre es am liebsten, die Anlage würde - wenn es denn sein muss - allenfalls saniert werden. Die Bausubstanz ist ihrer Meinung nach noch gut genug. Ein Neubau, noch dazu plus Tiefgarage, wäre für sie keine Wohnraumbeschaffung, sondern Wohnraumverteuerung.
Hans Peter Reichl, Georg Wittmann und Monika Kistenpfennig, Vorstandsmitglieder des Vereins für Volkswohnungen e.G., sind da ganz anderer Auffassung. Sie versichern, dass von Mieterhöhungen in vier- bis fünffacher Höhe keine Rede sein könne und dass jede Maßnahme - sei es nun Sanierung oder Neubau - sozialverträglich abgewickelt werde, angefangen bei der Vermittlung einer Übergangswohnung während der Bauzeit bis hin zu individuellen Hilfen (auch finanziell) beim Umzug und der Neuanmietung. Es wird nie einer unserer Mieter zum Sozial- oder Wohnungsamt gehen müssen, um bei uns wieder eine Wohnung zu bekommen. Bei uns bleibt keiner auf der Straße. Wir haben eine Sorgfaltspflicht für unsere Mieter, versichert Hans Peter Reichl. Georg Wittmann ergänzt, dass eine Baumaßnahme an der gemeinnützigen Zielsetzung und der Solidargemeinschaft des Vereins nichts ändern werde. Als Beleg führen sie vergleichbare Baumaßnahmen in vereinseigenen Wohnanlagen in der Dreimühlenstraße (14 denkmalgeschützte Häuser generalsaniert) und der Rupert-Mayer-Straße (Neubau von 100 statt bisher 80 Wohnungen) an. Insgesamt ist die Genossenschaft für 1500 Wohnungen (davon 1340 in München) verantwortlich und ausgebucht.
Momentan weist der Vorstand hauptsächlich darauf hin, dass noch offen sei, wann was gemacht werden kann. Solange noch nicht klar sei, ob saniert oder neu gebaut werde, könnten über weiterreichende Details erst recht keine verlässlichen Angaben gemacht werden. Bislang wurde bei der Lokalbaukommission eine Bauvoranfrage mit dem Ziel Abriss und Neubau der Wohnanlage mit Tiefgarage (bei einem Neubau Vorschrift der Stadt) eingereicht. Man wolle herausfinden, ob dies überhaupt genehmigungsfähig sei und welche baurechtlichen Möglichkeiten an diesem Standort bestünden, so der Vorstand. Auf einen Bescheid wartet der Verein seit fast einem halben Jahr. Von der LBK direkt waren auch keine näheren Angaben zu bekommen.
Klar ist für die Vorstandsvertreter jedoch, dass etwas geschehen müsse. Die Gebäude aus der Zeit um 1915 (zwei davon stehen bereits unter Denkmalschutz und sollen auf jeden Fall erhalten werden) hätten zum größten Teil keine richtigen Bäder, keine Zentralheizung, veraltete elektrische Installationen, schlechten Wärme- und Schallschutz und unmoderne Raumaufteilungen. Dafür kostet der Quadratmeter aber auch nur 3,50 bis 4,50 Euro (Netto-Kaltmiete). Pro Jahr würden im Schnitt 25 Wohnungen frei werden. Wegen des schlichten Standards wären Neuvermietung aber immer schwieriger und die Instandhaltungskosten würden stetig steigen. Der Vorstand befürchtet, dass die Wohnungen über kurz oder lang schwer vermietbar werden. Dann könnte man uns Versäumnisse vorwerfen, so Wittmann. Allerdings sei vor 2005 mit keinem Baubeginn zu rechnen. Bis dahin würde es noch einige Informations- und Mitsprachemöglichkeiten für die Mieter geben. Reichl: Dass sich die Leute Sorgen machen, ist das Normalste, aber im Moment völlig unbegründet.
Der Bezirksausschuss kann die Furcht der besorgten Mieter sehr gut verstehen. Bevor er eine Stellungnahme zu dem Gesamtprojekt abgibt, will der BA sichergehen, dass eine einvernehmliche und sozialgerechte Lösung für die Mieter gefunden wird. Das hat das Gremium im Juni und jetzt noch einmal im September bekräftigt. Zusätzlich haben die Mieter den wohnungspolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Rainer Volkmann, um Hilfe gebeten. Der Abgeordnete aus Neuhausen hat sich bereits einige Wohnungen dort angeschaut und findet die Anlage längst nicht so altersschwach wie der Wohnungsverein: Bis jetzt muss ich sagen: Wenn das abgerissen werden soll, dann kann man halb München abreissen. (U.L.)