Veröffentlicht am 17.07.2012 00:00

Hallbergmoos · Kein Laissez-faire mehr!

Sarah (rechts) und ihre Mutter Anita Hempel wohnen seit einem Jahr in Hallbergmoos und sind begeistert vom Sportpark.  (Foto: bb)
Sarah (rechts) und ihre Mutter Anita Hempel wohnen seit einem Jahr in Hallbergmoos und sind begeistert vom Sportpark. (Foto: bb)
Sarah (rechts) und ihre Mutter Anita Hempel wohnen seit einem Jahr in Hallbergmoos und sind begeistert vom Sportpark. (Foto: bb)
Sarah (rechts) und ihre Mutter Anita Hempel wohnen seit einem Jahr in Hallbergmoos und sind begeistert vom Sportpark. (Foto: bb)
Sarah (rechts) und ihre Mutter Anita Hempel wohnen seit einem Jahr in Hallbergmoos und sind begeistert vom Sportpark. (Foto: bb)

Im September 2011 wurde der neue Sport- und Freizeitpark im Westen der Gemeinde Hallbergmoos eröffnet. Für 25,4 Millionen Euro ist auf rund 16 Hektar ein Sport- und Erholungszentrum entstanden. Schon während der Bauphase wurde immer wieder kritisiert, dass zwar an die Kleinkinder mit Spielgeräten ebenso gedacht wurde, wie auch an die Sportvereine und erstmals an die Senioren mit einem speziellen Fitnessparcours.

»Doch mit uns hat hier im Ort aber wieder keiner geplant, jetzt werden wir überall verjagt, auch im Sportpark«, sagt Franzi (18) unter dem zustimmenden Nicken von etwa zehn Jugendlichen. »Für uns 15- bis 20-Jährigen gibt es nichts in Hallbergmoos. Dabei wollen wir uns nur treffen und quatschen«, ergänzt Phillip (15). Die Jugendlichen haben Angst, für die sinnlosen Zerstörungen und den Vandalismus im neuen Park verantwortlich gemacht zu werden. Jetzt hat die Gemeinde eine Benutzungsordnung verabschiedet, in der alles verboten wird, was Spaß machen könnte oder nicht reguliert wird. Dazu passt auch die harte Haltung der neuen Sportpark-Leiterin Daniela Jäger, die eher schroff anstatt einladend erscheint. Gerade erst fand das größte E-Jugend-Fußballturnier Europas im neuen Fußballstadion statt. Ein paar Tage zuvor war Hallbergmoos noch das bayerische Stockschützen-Mekka mit hochkarätigen Turnieren. Wer das Gelände findet, der lobt nur: vier Fußball-Plätze (einer davon Kunstrasen), zwei Bolzplätze für Jedermann, eine Tribüne mit 330 Sitz- und 120 Stehplätzen, allerdings ein zu kleiner Umkleidebereich mit nur sechs Kabinen. Die Tennisspieler haben jetzt sieben Plätze plus einen Centre-Court und ein neues Tennishaus. Die Stockschützen eine überdachte und isolierte Halle, die bisher im Winter auch von den Bogenschützen genutzt wurde, doch die erhalten gerade ein eigenes Sportheim.

Im neuen »Sportforum« ist auf 94 Metern Länge das neue VfB-Vereinsheim und Speiselokal »Stockers« mit 180 Sitzplätzen, einem Fernseh-Raum für Live-Übertragungen und 200 Plätzen im Biergarten beheimatet. Ebenso die Schützen mit 16 Ständen, wie auch die Trainingsräume von Tischtennis-, Gymnastik-, Budo-, Karate-, Fitness-, Ski- und Wander- sowie Tanzsportlern oder Turnern in drei Sport- und Gymnastikräumen. Im Erdgeschoss gibt es zudem noch sechs moderne Kegelbahnen, auf denen Profis ebenso wie Hobbykegler sogar bei Schwarzlicht schieben können. Hinzu kommen im Park eine Skaterbahn, zwei Beachvolleyball-Plätze, Kinder-Spielgeräte, ein Fitnessparcours, speziell auch für Senioren, eine Boule-Bahn, eine Multifunktions-Fläche, für Inline-Skater und Eishackler gedacht sowie ein See mit Bühne.

»Der Fitness-Parcours, der ist fantastisch! Wir sind vor einem Jahr von Unterschleißheim nach Hallbergmoos gezogen. Nicht wegen des Parks hier, aber so etwas Tolles gibt es sonst nirgends«, loben Sarah und ihre Mutter Anita Hempel, die gerade versuchen, die an Ketten angebundenen Bälle in Basketballkörbe zu werfen. Dabei stehen sie allerdings auf wackelnden Balancier-Brettern. »Aber warum gibt es keinen Badesee in Hallbergmoos – das fordern alle und nichts passiert«, schimpfen die Jugendlichen beim Plausch im Pavillon. Auch sie loben den neuen Park, vor allem den Hartplatz im Käfig. »Der ist klasse und wir nutzen ihn zum Kicken oder Basketball spielen. Doch wenn wir nicht eben im VfB sind und auch keine Skater oder BMX-Fahrer – was sollen wir dann tun? Wir wollen nur mal sitzen und chillen, quatschen und eine rauchen. Wo sollen wir das tun? Es gibt noch nicht mal einen Aschenbecher hier im Gelände«, schimpft Franzi. Ein anderes Mädchen (16) erzählt: »Im Winter haben wir uns immer wieder mal im Foyer der Sporthalle zum Aufwärmen getroffen, weil es uns so kalt war – doch plötzlich hat uns der Hausmeister rausgeworfen und ein Hausverbot erteilt!« Phillip sagt, sie als Hallbergmooser hätten doch ein Interesse, dass es schön ist und die neuen Einrichtungen nicht zerstört würden. Ins Jugendzentrum wollen sie nicht, »da sind vor allem Ältere, die uns immer nur dumm anmachen, Internet ist auch nicht umsonst und das Personal ist meistens gegen uns.«

Wer exakt für den Vandalismus verantwortlich ist, kann Jogi Gaiser, Abteilungsleiter der Fußballer, nicht sagen, doch seine Kicker kämpfen seit Monaten gegen Glasscherben und Zerstörungen auf und um die Fußballplätze im großen Stil. »Wir müssen da sehr aufpassen, dass wir nicht zum Glasscherbenviertel werden«, warnt Gaiser. Mehrfach wurden im Park Zäune durchgeschnitten, Halteseile der Bälle abgerissen, die Skaterbahn wird durch unzählige Graffiti nicht schöner. Auch die jüngsten Zerstörungen auf dem neuen Areal gingen nicht auf das Konto der Jugendlichen. Der Tisch im Pavillon wurde in Brand gesetzt, die Schutzmatten um die Stangen der Basketballkörbe angezündet. Die ermittelten Täter: Schüler im Alter von zehn bis zwölf Jahren, die zündelten und mit einer Gasdose »spielten«. Der Schaden beträgt einige hundert Euro.

Offensichtlich ist die Gemeinde der Meinung, dem Vandalismus durch Verbote in ihrer neuen Benutzungsordnung Herr werden zu können: Bürgermeister Klaus Stallmeister meinte zwar, man habe diese bewusst »schlank« gehalten, »doch werden wir jetzt erst Mal die Zügel ganz straff anziehen und nicht großzügig sein, damit wir alles in den Griff bekommen. Später können wir ja vielleicht auch wieder das ein oder andere lockern«. Und so ist im neuen Park sogar das Fahren, Schieben, Parken und Abstellen von E-Bikes verboten. Untersagt ist auch das Zelten, Grillen (auch nicht auf mitgebrachten Grills), Reiten und das Freilaufenlassen von Hunden. Speziell das Grillen ist offensichtlich eine weitere Unterstützung der bislang nicht zur Zufriedenheit frequentierten neuen Gaststätte »Stockers«, denn der Wirt darf bei Veranstaltungen grillen, wie die Nachfrage von Josef Niedermair (CSU) ergab. Streng verboten ist auch das Baden im neuen See sowie das Betreten der Eisflächen im Winter. Robert Wäger (Grüne) wollte beim Eislaufen ebenso eine freizügigere Regelung wie auch bei den Elektro-Fahrrädern. Er ließ sich aber umstimmen, nachdem Ratskollege Stefan Kronner auf die neue Multifunktionsfläche verwies, die als Schlittschuhbahn dienen soll. »Im letzten Winter hatten sie die Bande vergessen, da gab es kein Eis, obwohl es sehr kalt war. Jetzt sind vier große Abfluss-Gullis mitten in der Fläche: da kann man mit den Inlinern nicht fahren, weil man hängen bleibt und im Winter fließt das Wasser ab – wie soll es da Eis geben?«, ärgern sich die jugendlichen Hockey-Fans der neu gegründeten »Hallbergmoos Penguins«.

Laut Herbert Kestler vom Rathaus habe der Landschaftsplaner Angst um seine schönen Seeränder um den See, »darum müssen wir verbieten, dass einer in den See geht oder auf das Eis – aber natürlich auch aus Aufsichtspflicht«. Wer gegen die vielen Verbote verstößt oder der Aufsichtsperson nicht unverzüglich Folge leistet, dem droht man in der neuen Satzung mit Geldbußen bis zu 2500 Euro an. Dazu passt dann auch der Ton der neuen Sportpark-Leiterin Daniela Jäger. »Unser schon lange genehmigtes Beachvolleyball-Turnier, das wir wegen Regen nur um ein paar Wochen verschoben hatten, wurde uns in einem sehr harschen und rüden Brief mitgeteilt, werde künftig nur noch sie erlauben. Wir waren da schon recht erstaunt, zumal wir den Platz mitgebaut haben«, wunderte sich der neue CSU-Vorsitzende Harald Reents. Auch hier versuchte Stallmeister zu besänftigen, Jäger wolle einfach erst mal wissen, was da wo läuft. »Wir müssen das den Vereinsvertretern eben noch besser mitteilen, dass sie künftig die Ansprechpartnerin ist. Da einige Vereine ihr gegenüber nicht so positiv eingestellt sind, muss sie sich eben erst mal durchsetzen! Aber das war nicht so hart gemeint.«

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