Die Anzahl der Patienten, die sich wegen eines plötzlichen Hörverlustes oder einem unangenehmen Ohrgeräusch in den Kliniken und HNO-Praxen vorstellen, hat in den letzten Jahren in beunruhigendem Maße zugenommen. Dies deckt sich auch mit meinem persönlichen Eindruck, sowie dem vieler HNO-Kollegen, die die Entwicklung von Hörsturz und Tinitus (Ohrgeräusche) zu einer neuen Volkskrankheit sehen.
Beim Hörsturz handelt es sich um ein ganz akutes Ereignis. Plötzlich hört man auf einem Ohr schlechter. Meist ist dies nur einseitig, ganz selten doppelseitig. Oft tritt beim Hörsturz als Begleitsymptom Ohrensausen unterschiedlicher Stärke auf. Ein Gefühl, als ob Watte im Ohr wäre, ist typisch und wird von vielen Betroffenen angegeben. Seltener kommt es auch zu Schwindel und einem allgemeinen Gefühl der Unsicherheit und Benommenheit. In jedem Fall handelt es sich beim Hörsturz um einen medizinischen Eilfall, den man als Betroffener richtig einschätzen sollte. Suchen Sie in einem solchen Fall ohne langes Zögern einen Arzt auf, damit nicht wertvolle Zeit vergeht, die man für eine Therapieeinleitung hätte nutzen können.
Allgemein gilt: Je früher der Behandlungsbeginn bei einem akuten Hörsturz, desto besser die Prognose!
Bei einem akuten Hörsturz/Tinitus sind die Therapieerfolge mit einer Infusionstherapie mit Kortison am besten. Die Heilungswahrscheinlichkeit sinkt, je länger der Tinitus oder der Hörsturz bestehen (chronisches Stadium). Bei einem akuten Geschehen wird versucht, das Hörvermögen wieder vollständig herzustellen, bzw. das Ohrgeräusch vollständig zu beseitigen, beim chronischen Verlauf ist das nur selten zu erreichen.
Um die möglich Ursache eines Hörsturzes aufdecken zu können, gehört die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese), eine komplette Hals-, Nasen- und Ohren-Untersuchung inklusive Ohrmikroskopie, Hörtests, Gleichgewichtsprüfung, Spiegelung des Nasen-Rachenraums und Hirnstamm-Audiometrie (BERA).
Ebenso können orthopädische Untersuchungen sinnvoll sein, um eine Beteiligung der (Hals-)Wirbelsäule auszuschließen.
Manchmal sind auch bildgebende Untersuchungen nötig um seltene Ursachen, wie Tumoren des Hör-Gleichgewichtsnerven (Akustikusneurinom), sowie der Blutgefäße des Mittelohres (Glomustumor) auszuschließen.
Eine zunehmende Hörminderung, sowie ein neuaufgetretenes Ohrgeräusch v.a. bei jungen Müttern, sollte immer an eine sog. Otosklerose (Verwachsung des kleinsten Gehörknöchelchens) denken lassen. Frühzeitig erkannt und entsprechend therapiert kann so in aller Regel ein Fortschreiten der Erkrankung aufgehalten werden.
Die weitaus häufigste Ursache ist mit ca. 80% jedoch eine Durchblutungsstörung des Innenohres z.B. bedingt durch Bluthochdruck, Arterienverkalkung, Zuckerkrankheit, psychischen Stress oder einfach zu wenige Flüssigkeitszufuhr gerade in den Sommermonaten.
Sollten Sie zu diesem Thema noch weitere Fragen haben stehe ich Ihnen in meiner Praxis gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Dr. med. Mirko Godzik