Nicht einmal durch eine pervers hohe Gage lassen sich manche Bands nach Jahrzehnten der Funkstille dazu verleiten, wieder zusammen aufzutreten: Abba beispielsweise hatten im Jahr 2000 das Angebot abgelehnt, gegen ein Honorar von einer Milliarde US-Dollar nochmals eine gemeinsame Welttournee zu spielen. Auch der Ex-Sänger Morrisey von The Smith pfiff auf ein 10-Millionen-Dollar-Angebot: Ich würde eher meine Hoden essen, als mit der alten Band aufzutreten, sagte er.
Bei den Herren Sting und Phil Collins dürfte es ebenfalls kaum die Angst vor dem Gerichtsvollzieher sein, die sie wieder zu ihren alten Kumpels treibt auch wenn natürlich sogar Multimillionäre ein Interesse daran haben dürften, ihr Vermögen zu mehren. Jedenfalls: Genesis spielen heuer ihre erste gemeinsame Tour seit 15 Jahren; bei Police sind es sogar 20 Jahre, die sie ohne einander durch die Welt gegondelt waren.
Im Falle von Genesis allerdings ist der einst wichtigste Mann nicht dabei Peter Gabriel, Gründer der Band und erster Sänger. Sieben Langspielplatten lang hatte er Genesis geprägt, bis er 1975 das Mikro an den bisherigen Schlagzeuger, an Phil Collins, weitergegeben hatte.
Während Collins die musikalische Richtung von Progressive auf Mainstream Rock gedreht hatte und somit noch größere kommerzielle Erfolge erzielen konnte, verknotete sich Gabriel in Yoga, baute Gemüse an und legte schließlich eine ordentliche Solokarriere hin. Natürlich hätten sich Fans gewünscht, er wäre jetzt, nach der Reunion, vielleicht sogar als Duettpartner von Collins im Boot: aber Gabriel macht lieber sein eigenes Ding und trat beispielsweise vier Tage nach dem kürzlich absolvierten Genesis-Gig wie seine Ex-Band in Hamburg auf, solo.
Somit wird Collins der Chef der Genesis-Reunion-Tour sein Collins, der das Wiedervereinen gar nicht nötig hätte, ist er doch mit geschätzten 200 Millionen verkauften Platten einer der erfolgreichsten Solisten der Popgeschichte. Nichts desto trotz aber wird er am Dienstag, den 10. Juli, ab 19 Uhr, mit Mike Rutherford und Tony Banks Invisible Touch, Land of Confusion, I Cant Dance oder No son of mine im Olympiastadion zum Besten geben. Wer dabei merkt, wie gerne er in Ach, weißt du noch?”-Gefühlen schwelgt, wird sich anschließend Karten für den 22. September sichern: dann rühren The Police im Olympiastadion in alten Erinnerungen. Von Nadine Nöhmaier