Veröffentlicht am 24.11.2016 16:34

Engagierte Bürger

Der weitere Betrieb des Backstage könnte durch die Großbaustelle für die 2. S-Bahnstammstrecke gefährdet sein. (Foto: sb)
Der weitere Betrieb des Backstage könnte durch die Großbaustelle für die 2. S-Bahnstammstrecke gefährdet sein. (Foto: sb)
Der weitere Betrieb des Backstage könnte durch die Großbaustelle für die 2. S-Bahnstammstrecke gefährdet sein. (Foto: sb)
Der weitere Betrieb des Backstage könnte durch die Großbaustelle für die 2. S-Bahnstammstrecke gefährdet sein. (Foto: sb)
Der weitere Betrieb des Backstage könnte durch die Großbaustelle für die 2. S-Bahnstammstrecke gefährdet sein. (Foto: sb)

Bis auf den letzten Platz besetzt war die Freiheiz Halle, in der vor kurzem die Bürgerversammlung für den 9. Stadtbezirk stattgefunden hat. Anna Hanusch, die Vorsitzende des Bezirksausschusses Neuhausen-Nymphenburg (BA 9), wies in ihrem Vortrag zu Beginn der Veranstaltung auf verschiedene Entwicklungen des Stadtbezirks hin, unter anderem zum Kreativquartier. „Anfang nächsten Jahres soll an der Dachauer Straße eine Halle abgerissen werden. Dort ist eine temporäre Zwischennutzung vorgesehen. Wir sind gespannt, wie sich das auf das Gelände auswirkt“, erklärte die Grünen-Stadträtin. Neben einem Beirat für das Kreativquartier gebe es mittlerweile auch eine Koordinierungsstelle, „die wir als BA lange gefordert haben.“ Auch die Entwicklungen im Rahmen des 2. Bauabschnitts des Neuhauser Trafos sprach sie an. „Hier sollen Wohnungen, eine Kinderkrippe und ein Bürgersaal entstehen. Das Ganze hat sich aufgrund verschiedener Klagen etwas verzögert. Aktuell ist die Fertigstellung im Mai 2018 geplant.“

Leiter der Bürgerversammlung war Stadtrat Florian Roth (Grüne). Er informierte die anwesenden Bürger unter anderem über den Versorgungsgrad bei der Kinderbetreuung im 9. Stadtbezirk. In der Kindertagesbetreuung der Ein- bis Dreijährigen liege er in Neuhausen-Nymphenburg mit 50 Prozent unter dem städtischen Durchschnitt (64 Prozent). „Bei den Drei- bis Sechsjährigen hat der 9. Stadtbezirk eine Kindergartenversorgung von 76 Prozent; auch hier befindet sich das Viertel deutlich unter dem stadtweiten Versorgunggrad von 92 Prozent“, so Florian Roth weiter. Was die ganztägigen Angebote für Grundschulkinder angehe, liegt Neuhausen-Nymphenburg bei 74 Prozent (stadtweit: 75 Prozent).

Und so wurde unter anderem entschieden:

Empfohlen: Widerstandsdenkmal dauerhaft erhalten

„Wir möchten, dass die Denkmalstelen am Platz der Freiheit dauerhaft stehenbleiben“, erklärte Eva Strauß, Mitglied des Arbeitskreises „Initiative Widerstandsdenkmal“. Die Arbeitsgruppe um den Künstler Wolfgang Kastner hat exemplarisch zwölf Biographien von Widerstandskämpfern erarbeitet. Das Kulturreferat der Stadt München hat die Aufstellung der Stelen genehmigt, allerdings befristet bis Oktober 2017. „Seit der Errichtung der Stelen hat das Interesse an diesem Platz zugenommen und seine Bedeutung wird endlich von den Passanten erfasst“, betonte Eva Strauß, deren Antrag mehrheitlich angenommen wurde. „Viele Menschen verweilen hier und lesen Biographien. Erst dadurch ist der Platz seiner Widmung gerecht geworden. Passanten setzen sich mit dem Thema des Platzes und dem Thema Widerstand auseinander. Damit leisten die Stelen einen kulturpädagogischen Beitrag und tragen zur Aufklärung und Demokratieerziehung bei.“

Empfohlen: Schadstoffmessgerät am Romanplatz

Am Romanplatz soll wieder ein Schadstoffmessgerät aufgestellt werden, forderte ein Bürger. Der Antrag des Mannes wurde mehrheitlich angenommen. Schon früher habe es dort ein solches Schadstoffmessgerät gegeben, betonte er. „Beim letzten Umbau ist die Messstelle einfach verschwunden. Die Verkehrsbelastung am Romanplatz hat seitdem aber stark zugenommen“, sagte der Bürger und schlug vor: „Während des nächsten Umbaus des Romanplatzes könnte das Gerät am Rotkreuz- oder am Leonrodplatz messen.“

Die Umgestaltung des Romanplatzes ist im Übrigen erst für 2019 vorgesehen. Dies betonte Anna Hanusch in der Bürgerversammlung. „Im Rahmen des Umbaus sollen die Gleisanlagen saniert werden. Zusätzlich wird ein drittes Gleis in die Mitte gelegt“, so die Vorsitzende des BA 9. „Zudem soll die Rundung angepasst werden, so dass der Romanplatz einheitlicher wirkt. Wir können uns auch noch überlegen, wie das Gebäude in der Mitte, das erhalten bleibt, genutzt werden kann.“

Gefordert: Öffentliche Beteiligung Landshuter Allee-Tunnel

Ein Dauerbrennerthema im Stadtbezirk, nicht nur in den Bürgerversammlungen, ist der Landshuter Allee-Tunnel. Der Stadtrat hat im August dieses Jahres die erste Phase der Planungen und Analysen für die Untertunnelung der Landshuter Allee vergeben. „Der Inhalt der Vergabe ist nicht öffentlich und unter Geheimhaltung“, erklärte Marita Firnkes-Müller von der „Initiative für Neuhausen“. Sie forderte in ihrem Antrag, der mehrheitlich so beschlossen wurde, dass das Ganze offengelegt wird. „Es soll in diesem Zusammenhang eine öffentliche Veranstaltung durchgeführt werden, in der die Ergebnisse der Phase 1 und die Inhalte der neu zu vergebenden Phase 2 vorgestellt und soweit wie möglich diskutiert werden.“ Die BA-Vorsitzende Anna Hanusch erklärte hierzu: „Wir müssen warten, bis uns das Planungsbüro und das Baureferat die nächsten Schritte der Entwurfsplanung vorgestellt.“ Die Planung des 1,4 Kilometer langen Tunnels ist auf sieben Jahre angelegt; die Umsetzung wird rund sechs Jahre dauern. Die geschätzten Kosten für den Bau liegen bei 532 Millionen Euro.

Einstimmig: Stolperfallen ausbessern

Die groben Pflastersteine rund um den Brunnen am Rotkreuzplatz seien Stolperfallen, sagte Christian Bauer auf der Bürgerversammlung. Zwischen den Steinen gebe es teilweise große Spalten. „Ich habe hier schon sehr viele Leute stolpern oder hängenbleiben sehen“, betonte er. Er forderte, die Spalten auszugießen. Der Antrag war der einzige, der von der Bürgerversammlung einstimmig angenommen wurde. Kathrin Klettke-Fröhlich, die im August dieses Jahres die Leitung des Straßenunterhaltbezirks Mitte übernommen hat, versprach, sich des Themas anzunehmen. „Ich bedanke mich für den Hinweis und werde mich persönlich dafür einsetzen, dass die Situation in Kürze vor Ort begutachtet wird. Sofern es die Witterung noch erlaubt – wir brauchen etwas wärmere Temperaturen – werden wir entsprechende Maßnahmen einleiten. Das Thema Barrierefreiheit ist mir persönlich ein wichtiges Anliegen.“

Gefordert: Ansprechstelle für Baumaßnahme 2. Stammstrecke im Quartier einrichten

Martin Luce forderte die zeitnahe Einrichtung einer Ansprechstelle von Deutsche Bahn AG, der Landeshauptstadt München sowie des Kreisverwaltungsreferats (KVR) für das Gebiet Nymphenburg Süd im Rahmen der Baumaßnahme für die 2. Stammstrecke. „Der für April 2017 geplante Start der Bauarbeiten zur 2. Stammstrecke wird der Auftakt zu einem Jahrzehnt gravierender Auswirkungen für viele der im Quartier wohnenden Bürger“, erklärte der Anrainer. „Die Gesamtheit der Bauvorhaben – 2. Stammstrecke, Umweltverbundröhre, Tram-Westtangente, ESV-Turnhallenbau, Gleisquerung Laim sowie die Bürobauten am Christoph-Rapparini-Bogen – werden massive Auswirkungen im Bezug auf Verkehrsbelastungen, Wohnqualität und Sicherheit für die Bewohner unseres Quartiers haben.“ Der Vorhabenträger, die Deutsche Bahn AG, betone selbst, „dass durch den Baubetrieb mit erheblichen Belastungen für Nymphenburg Süd zu rechnen ist“, so Martin Luce.

Der Verkehr in der schmalen Tempo 30-Zone müsse koordiniert werden. „Da nur eine Ausfahrt für das Quartier zur Verfügung steht, bahnt sich ohnehin ein Verkehrsinfarkt an – das ist zu Stoßzeiten schon heute der Fall. Die Landeshauptstadt München hat im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens eine aktive Informationshaltung der Deutschen Bahn AG gegenüber Betroffenen angemahnt. Die Stadt sieht die Baustraßenführung in Nymphenburg Süd selbst als äußerst kritisch“, betonte der Bürger in seiner Anfrage. „Wir werden Marketingbroschüren und telefonische Ansprechpartner einer Kommunikationsabteilung bei der Deutschen Bahn in Berlin nicht mehr als ausreichend akzeptieren.“ Zudem solle die Bahn verpflichtet werden, den Anwohnern einen Emissionsschutzbeauftragten als Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen, der vorab über bestehende Belastungen informiert. „Wir sind keine Gegner der 2. Stammstrecke“, sagte Martin Luce, „werden uns jedoch gegen die anstehenden Belastungen im Quartier formieren. Die Stimmung bei uns kippt. Ein erster Verkehrsunfall führt vermutlich zur Eskalation.“

Befürchtet: Erhalt des Backstage durch 2. Stammstrecke gefährdet

Hans-Georg Stocker, Betreiber des Backstage, sieht den Erhalt des Kultur- und Veranstaltungszentrums durch die Bauarbeiten zur 2. Stammstrecke gefährdet. In seinem Antrag, der mehrheitlich angenommen wurde, fordert er, dass sich „die Landeshauptstadt München unabhängig vom Ausgang der offenen juristischen Auseinandersetzung aktiv für Verhandlungen der Deutschen Bahn mit dem Bundeseisenbahnamt und dem Backstage einsetzt.“ Ziel solle sein, schnellstmöglich eine verbindliche Lösung zu finden, „die weder den aktuellen Betrieb noch den erforderlichen Neubau des Backstage beeinträchtigt oder gar massiv gefährdet“, so Hans-Georg Stocker. „Mitten durch unser Gelände soll die Baustellenstraße gehen. Die Planfeststellung für die 2.Stammstrecke wäre wie eine Enteignung auf Zeit, weil die Fläche nur der Bahn zur Verfügung stehen und unseren Betrieb kaum noch möglich machen würde.“

Der Backstage-Chef forderte in einem weiteren Antrag zudem, dass möglichst schnell eine Einwohnerversammlung einberufen wird, „in der die Bahn verbindlich die Maßnahmen erklären soll, so dass die Bürger auch Wünsche und Anregungen einbringen können. Damit die Einschränkungen, die sicherlich über 15 Jahre sehr massiv werden, gemindert werden.“

Nicht realisieren: Erweiterung Museum Mensch und Natur

„Schloss Nymphenburg ist in Gefahr“, erklärt Neven Denhauser. „Im nördlichen Schlossbereich soll ein Erweiterungsbau für das Museum Mensch und Natur entstehen, dessen Architektur sich jedoch bewusst nicht in das barocke System der wunderbaren Schlossanlage einfügen soll.“ Bereits vor zweieinhalb Jahren, im April 2014, hat der Entwurf des Berliner Architektenbüros Staab den Wettbewerb für die Erweiterung des Museum Mensch und Natur zum Naturkundemuseum Bayern gewonnen. Das Gebäude soll an den alten Schlosstrakt aus dem 18. Jahrhundert, in dem die Maria-Ward-Grundschule untergebracht ist, anschließen. „Es handelt sich um einen Bau bestehend aus Sichtbeton, im Obergeschoss gibt es eine Reliefstruktur und das Dach wird – als einziges Dach der ganzen Schlossanlage und der Umgebung – eine Metallschindeldeckung erhalten“, erklärte Neven Denhauser. Eine große, an ein Fischmaul erinnernde Öffnung, solle als Haupteingang fungieren. „Der Bruch mit der bis heute tradierten homogenen Fassadengestaltung der Schlossanlage wird bewusst inszeniert“, zitiert der Bürger in Bezug auf den großen Kontrast zur historischen Schlossfassade das zuständige Preisgericht. „Es handelt sich hier nicht um einen gelungen Kontrast von Alt und Neu, sondern um eine dauerhafte Beschädigung der Schlossarchitektur“, meint Neven Denhauser. „Ich möchte betonen, Nymphenburg hat ein großes Naturkundemuseum verdient. Aber nicht in Form dieser Architektur und vor allem nicht, wenn es den Ensembleschutz so beschädigt. Deshalb fordern wir den Bezirksausschuss und den Stadtrat der Landeshauptstadt München auf, sich dafür einzusetzen, dass das Ergebnis des Wettbewerbs zur Erweiterung des Museum Mensch und Natur zum Naturkundemuseum Bayern vom 28. Februar 2014 nicht realisiert wird und dass sich die Stadt für den Erhalt der Bestandsbauten, die sich in das historische Schlossensemble sehr gut einfügen, engagieren.“ Sein Antrag wurde von der Bürgerversammlung mehrheitlich angenommen.

Auch an den BA 9 sei das Thema schon herangetragen worden, sagte Anna Hanusch, die Vorsitzende des Gremiums. „Wir haben schon Kontakt aufgenommen, um den aktuellen Stand zu erfahren“ so die Grünen-Stadträtin. „Das Ganze ist ein Projekt des Freistaats, das in den letzten Jahren vorbereitet wurde. Insofern sind unsere Handlungsmöglichkeiten wahrscheinlich sehr eingeschränkt. Aber wir werden natürlich in den Dialog treten.“

Empfohlen: Parklizenz für Gern

Auch das Thema Parkraummanagement war heuer wieder Thema in der Bürgerversammlung. „Eigentlich hatte die Stadtverwaltung signalisiert, dass die Beschlussvorlage schon im ersten Quartal 2016 kommen sollte“, so Anna Hanusch. „Leider ist das aber in der Prioritätenliste nach hinten gerutscht.“ Nun sei es so, dass die Vorlage Anfang 2017 vom Stadtrat behandelt wird. Geplant sind zwei neue Gebiete, nämlich Rotkreuzplatz Süd und Nord mit Richelstraße. Ob das Gebiet rund um den Rosa-Luxemburg-Platz und den Arnulfpark einbezogen wird, ist noch in Prüfung. „Rund um Gern haben die Zählungen ergeben, dass die Voraussetzung für ein Parkraummanagement nicht gegeben sind.“

Dies wollen die Anwohner so nicht hinnehmen und stellten gleich mehrere, fast gleich lautende Anträge, die mehrheitlich angenommen wurden. Die Bürger möchten, dass neben der Waisenhausstraße auch der Dom-Pedro-Platz, die Klugstraße, die Lenzfrieder Straße und die Yorckstraße als Parklizenzgebiet ausgewiesen werden. „Bei uns herrscht seit langer Zeit ziemliches Chaos, wenn es um die Parkplatzsuche geht“, betonte ein Anrainer. Der Grund hierfür sei die Haltestelle Gern, in deren Nähe die Pendler ihr Auto abstellen, um dann mit der U-Bahn weiterzufahren. Eine Bürgerin erklärte zudem, „dass mit zweierlei Maß gemessen werde. Die einen werden entlastet, die anderen mehr belastet. Das ist ungerecht“, so die Frau.

north