Veröffentlicht am 02.02.2015 16:07

Das Allacher Sommerbad gestern und das Gelände heute

Bild 4 (Foto: BA 23/ Baureferat)
Bild 4 (Foto: BA 23/ Baureferat)
Bild 4 (Foto: BA 23/ Baureferat)
Bild 4 (Foto: BA 23/ Baureferat)
Bild 4 (Foto: BA 23/ Baureferat)

Auf alten Postkarten von Karlsfeld (Bild 1) schmückt sich die Gemeinde mit der Zusatzbezeichnung Bad. Denn baden konnte man in Karlsfeld, das um 1900 erst 30 Häuser mit ca. 170 Bewohnern hatte, schon im Jahr 1902. Gespeist vom Wasser der nach damaligen Vorstellungen sauberen Würm gab es eine Freiluftbadeanstalt auf Augustenfelder Flur an der Allacher Straße. Bis zu 100 Besucher soll es dort an hochsommerlichen Tagen gegeben haben, das Wasser – so heißt es in der Karlfelder Ortschronik – wurde nur einmal in der Woche erneuert. Von den brüchigen Holzkabinen stürzten sich übermütige Schwimmer ins nur einen Meter tiefe Wasser. Immer wieder gab es Unfälle und immer wieder auch Klagen über die lockeren Sitten der jungen Leute beiderlei Geschlechts. 1938 war es vorbei mit dem frivolen „Bad Karlsfeld”. Weil die Gleisanlagen am Bahnhof Bad Karlsfeld erweitert werden mussten, wurde das Würmbad, auf das Karlsfeld so stolz war, abgerissen.

Offensichtlich hatten auch viele Allacher häufig das Karlsfelder Bad genutzt. Während die Untermenzinger schon damals drei Würmbäder, das Wellenbad Inselmühle, das weniger bekannte Bad hinter der St. Martinskirche (Werbe-Spiegel v. 16.03.2011) und das Wellenbad Zur Schwaige nutzen konnten, hatte Allach lediglich einen Badeplatz am Schönhoferbrückerl (heute Steg der St.-Johann-Straße). Rudolph berichtet auch von einem Plan des Allacher Mühlenbesitzers im Jahr 1929 für ein Freibad auf dem Mühlenanger, der damals mangels öffentlicher Unterstützung nicht verwirklicht wurde, aber einen vorübergehenden Badeplatz am dortigen Mühlschuß brachte.

Da sich das Karlsfelder Bad seit 1902 an der nördlichen Grenze Allachs befand, suchte man in Allach nach Ersatz. Man fand diesen schnell, und die Allacher Bürger errichteten noch im selben Jahr ein etwas weiter südlich gelegenes Bad auf Gemeindegrund (heute Eversbuschstr. 213).

Der von der Gemeinde erworbene „Naßl-Anger“ wurde der damaligen Dachauer Straße entlang in mehrere Bauplätze aufgeteilt. Für die Errichtung eines Bades an der Würm hatte die Untermenzinger Baufirma Korbinian Beer ein Kostenangebot eingereicht, das eine Brücke und eine Stauvorrichtung vorsah. So ist es jedenfalls in den Gemeindeberatungen von Allach am 02.04.1937 nachzulesen. Da die angesetzten Kosten in Höhe von 28.000 Reichsmark von der Gemeinde nicht getragen werden konnten, sollten die vordringlichsten Arbeiten möglichst durch freiwillige Gemeinschaftsarbeit geleistet werden.

Nach dem Baubeginn im Frühjahr 1938 wurde der Bau nach kurzer Zeit wieder gestoppt, da Pläne aus dem Jahr 1937 für den Autobahnring (jetzt A 99 ) und den Rangierbahnhof dem Bad Konkurrenz machten. Infolge heftiger Proteste der Gemeinde und der Bürger wurden die Bauarbeiten nach drei Monaten wieder aufgenommen. Am 05.08.1938 berichtete der Völkische Beobachter, das offizielle NS-Blatt: „Zu den Leistungen, die Bürgermeister Bäumer (Bild 2) für den Aufbau der ihm anvertrauten Gemeinde vollbrachte, gesellt sich in diesem Sommer eine neue dankenswerte Einrichtung: ein Schwimmbad. Wie notwendig und von Jung und Alt heiß ersehnt dieses Gemeindebad in Allach war, beweist der tagtägliche Massenbesuch.“

In Ermangelung eines Originalfotos des Allacher Bades habe ich hier mit Zustimmung ihrer Tochter Gudrun Nawroth ein Bild (Bild 3) aus dem bekannten Buch von Edeltraud Klapproth „Am Unterlauf der Würm“, S. 92, entnommen. Interessant ist auch ihre zugehörige Schilderung: „Als das Familienbad in Bad Karlsfeld am Schwabenbächl dem Eisenbahnbau weichen musste, in der Zeit also, in der sich BMW in der Gerberau etablierte, bauten die Allacher – vor allem die Bauern – in freiwilliger Gemeinschaftsarbeit das ’Sommerbad’. Alle schaufelten mit, und wer das nicht konnte, gab Geld dazu. Das Wasser lieferte die Würm gratis. Donnerstags wurde es gewechselt und das Becken geschrubbt.“

In einer Zeitungsnotiz vom 5. August 1938 wurde schließlich über die Fertigstellung des Bades berichtet, wobei insbesondere die beispielhafte Gemeinschaftsleistung und der massenhafte Besucherandrang hervorgehoben wurden. Im August 1938 wurde das Bad eröffnet. Es wurde unmittelbar am Rande des damaligen Dorfkerns an der Eversbuschstraße von den Allacher Bürgern in Eigenregie gebaut. Aus diesem Grund wurde im Eingemeindungsvertrag der Gemeinde Allach in die Stadt München vom 27. Oktober 1938 festgelegt, dass „Benützer des Gemeindebades, welche zu dessen Erstellung Gemeinschaftsarbeit geleistet haben, gegen Vorzeigen eines von der Gemeindeverwaltung Allach beziehungsweise der Stadtverwaltung München ausgestellten Lichtbildausweises in den Rechnungsjahren 1939 und 1940 freien Eintritt [haben]“. Somit wurde eine zweijährige unentgeltliche Nutzung des Bades für alle Bauhelfer festgesetzt. Andere Besucher bezahlten in dieser Zeit Gebühren zwischen zehn und vierzig Reichspfennig.

Das Allacher Sommerbad an der Würm ist leider seit 2009 Geschichte, und die Schließung hat die Allacher Bürger hart, die Untermenzinger etwas weniger getroffen. Die Stadt wollte das Bad schon 1993 schließen, aber es wurde von der Bürgervereinigung Allach-Untermenzing übernommen. Wegen Ende der 90er Jahre dringend notwendiger, jedoch angeblich nicht mehr rentabler Renovierungsarbeiten faßte der Stadtrat den Beschluß zur Schließung im Jahre 2009.

Eine, wie die Stadtverwaltung München meinte, attraktive Grünfläche mit Spielplatz und einem Beachvolleyballfeld, das schon vorhanden war, sollten über den herben Verlust hinwegtrösten. Der Umbau wurde zum Münchner Medienspektakel: Die Süddeutsche Zeitung berichtete aus dem BA unter „Kritik aus der Schmollecke“, der Allach/Menzinger Anzeiger unter „Nicht aus der Hüfte schießen“ und der Nordwest Anzeiger unter „Entschädigung für das Sommerbad“. Die Erläuterungen von Mitgliedern des Baureferats im BA wurden nicht nur von den Lokalpolitikern, sondern auch von den anwesenden Bürgern, zu denen auch ich gehörte, mit großem Argwohn betrachtet. Letztlich stimmten die Politiker den Planungen unter einigen Vorbedingungen, wie Erhalt des Parkplatzes, einer stationären WC-Anlage und einer besonderen Ausgestaltung des Spielplatzes, zu. Schneider ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass das Konzept gut durchdacht sei. Dem konnte man als Bürger sicher zustimmen, jedoch unter anderer Auslegung als dieser es formulierte. Das Konzept, wie man die Lokalpolitiker und Allacher Bürger möglichst schnell übertölpeln könne, war wohl durchdacht, und die überraschende Initiative der Stadtverwaltung überrannte alles, was sich ihr in den Weg stellte.

Heute liegt ein neuer und sicher wesentlich besserer Plan (Bild 4) vor, der mit den Stadtteilpolitikern abgesprochen und von diesen auch weitestgehend gutgeheißen wurde. Am 25.02.2014 hatte das Referat für Gesundheit und Umwelt dem BA 23 die Realisierung des 2. Bauabschnitts mit Seitenarm der Würm für die öffentliche Grünfläche, die nach dem Rückbau des Allacher Bades gebaut worden war, mitgeteilt.

In der BA-Sitzung vom 13.01.2015 wurde der Plan zum Bau eines Seitenarms der Würm und des Endausbaus der bisherigen Grünanlage vorgelegt. Wie man sich im BA nach längerer Diskussion einigte, soll aber nicht der Spielplatz, sondern das freie Gelände durch ein Projekt der Münchner städtischen Fachschule für Steintechnik/Meisterschule für das Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk (Bild 5) in Erinnerung an das Allacher Bad künstlerisch gestaltet werden.

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