Veröffentlicht am 26.09.2011 13:22

Heimat zwischen Industrie und Natur

Der 13 Jahre alte Schüler Tobias bemalte im Frühjahr gemeinsam mit anderen Schülerinnen und Schülern im Münchner Westen im Rahmen des Kunstprojektes „Baumbilder” die Bäume in der Grünanlage des Freizeitgeländes Allach (ehemals Sommerbad) an der Eversbuschstraße 213. Der Kunst-Wald bleibt dauerhaft erhalten. (Foto: ws)
Der 13 Jahre alte Schüler Tobias bemalte im Frühjahr gemeinsam mit anderen Schülerinnen und Schülern im Münchner Westen im Rahmen des Kunstprojektes „Baumbilder” die Bäume in der Grünanlage des Freizeitgeländes Allach (ehemals Sommerbad) an der Eversbuschstraße 213. Der Kunst-Wald bleibt dauerhaft erhalten. (Foto: ws)
Der 13 Jahre alte Schüler Tobias bemalte im Frühjahr gemeinsam mit anderen Schülerinnen und Schülern im Münchner Westen im Rahmen des Kunstprojektes „Baumbilder” die Bäume in der Grünanlage des Freizeitgeländes Allach (ehemals Sommerbad) an der Eversbuschstraße 213. Der Kunst-Wald bleibt dauerhaft erhalten. (Foto: ws)
Der 13 Jahre alte Schüler Tobias bemalte im Frühjahr gemeinsam mit anderen Schülerinnen und Schülern im Münchner Westen im Rahmen des Kunstprojektes „Baumbilder” die Bäume in der Grünanlage des Freizeitgeländes Allach (ehemals Sommerbad) an der Eversbuschstraße 213. Der Kunst-Wald bleibt dauerhaft erhalten. (Foto: ws)
Der 13 Jahre alte Schüler Tobias bemalte im Frühjahr gemeinsam mit anderen Schülerinnen und Schülern im Münchner Westen im Rahmen des Kunstprojektes „Baumbilder” die Bäume in der Grünanlage des Freizeitgeländes Allach (ehemals Sommerbad) an der Eversbuschstraße 213. Der Kunst-Wald bleibt dauerhaft erhalten. (Foto: ws)

Der Weg ist das Ziel. 27 historisch bedeutsame Orte im Viertel kann man beim neuen Kulturgeschichtspfad Allach-Untermenzing entdecken. Es gibt insgesamt drei Routen: einen Spaziergang durch Allach unter dem Motto „vom Bauerndorf zum Industriestandort” sowie zwei Radtouren: Die eine hat den Titel „vom Hauser Schloss zur Schießstätte”, die andere führt durch Untermenzing und hat das Motto „vom alten Dorf über die Angerlohe zu Krauss-Maffei in Allach”. Alle drei Touren kann man beliebig an einer dieser 27 Geschichts-Stationen beginnen und auch beenden. Und wem das alles zu aufwändig ist, der kann von Zuhause aus einen virtuellen Rundgang unternehmen und sich am Computer die geschichtsträchtigen Orte und Bauwerke anschauen.

Die Initiative dazu war von Tobias Weiß ausgegangen, CSU-Stadtrat und Mitglied im Bezirksausschuss Allach-Untermenzing. Mit Unterstützung des Bürgergremiums forderte Weiß die Stadtverwaltung auf, für den Stadtbezirk 23 solch einen Pfad zu erstellen. Bei dessen Präsentation in der vergangenen Woche durfte der junge Politiker nun in Vertretung von Oberbürgermeister Christian Ude eine Rede halten: Stadtrat Weiß fasste sich vor den vielen Gästen auf dem Freizeitgelände Allach (ehemals Sommerbad) kurz und sagte: „Man sieht, es kann etwas Positives entstehen.” Die Bezirksausschussvorsitzende Heike Kainz sah das ebenso und fügte hinzu: „Es ist etwas sehr Schönes gelungen.” Die beiden Lokalpolitiker waren sich denn auch einig, dass das Viertel derzeit einen „starken Wandel erlebt”, wie Kainz es formulierte, denn überall werde gebaut.

Interessante Einsichten

Gleichzeitig gebe es im Stadtbezirk 23 eine jahrhundertealte Kulturgeschichte. „Die Entwicklung der beiden Straßendörfer Allach und Untermenzing zu einem modernen Viertel am Rande Münchens hält zahlreiche Ereignisse, Personen, Orte und Bauwerke aus der Vergangenheit bereit”, so Kainz. Mit dem Geschichtspfad werde Alteingesessenen, neu Zugezogenen und natürlich allen Besuchern des Viertels die Möglichkeit gegeben, neue und interessante Einsichten in ihrer Umgebung zu gewinnen.

„Heimat zwischen Industrie und Natur”, lautet der Untertitel dieses kleinformatigen Stadtteilführers. Der druckfrische Band Allach-Untermenzing ist der zwölfte dieser Kulturgeschichtspfade, den das Kulturreferat nach und nach für alle 25 Münchner Stadtbezirke herausgibt und finanziert. Viele Menschen hätten an der aktuellen Broschüre mitgewirkt, berichtete die Bezirksausschussvorsitzende Kainz. Autorin des Büchleins ist die Historikerin Karin Pohl, die damit bereits ihren vierten Kulturgeschichtspfad für die Landeshauptstadt schrieb. „Es ist immer spannend, in die Geschichte der Münchner Stadtbezirke einzutauchen – so auch hier.” Jeder diese Pfade stelle das Typische und Besondere eines Stadtbezirks dar. In diesem Fall sind es drei Schwerpunkte: erstens die Geschichte der ehemaligen Bauerndörfer Allach und Menzing, die bereits vor rund 1200 Jahren erstmals schriftlich erwähnt wurden. Zweitens die besondere Bedeutung der Natur und drittens die Ansiedlung von Industrie um 1900.

Fluss mit Bedeutung

Die ehemaligen Straßendörfer Allach und Untermenzing entstanden entlang der Würm, die den Stadtbezirk in voller Länge durchzieht. „Der Fluss spielte und spielt auch heute noch im Leben der Bewohner eine wichtige Rolle”, so die Historikerin. Ganz früher habe die Würm den Bauern als Viehtränke, Waschplatz und zur Bewässerung gedient. Das Flusswasser trieb außerdem Mühlräder an und füllte früher die beliebten Würmbäder: etwa bei der Inselmühle und bei der ehemaligen Tafernwirtschaft „Zur Schwaige” in Untermenzing. Auch das ehemalige Allacher Sommerbad wurde anfangs mit Würmwasser gefüllt.

Vor gut 100 Jahren wurden Allach und Untermenzing zu Industriestandorten. 1902 entstand das Diamalt-Werk als erster Industriebetrieb Allachs. Östlich der Bahnlinie wurde 1907 und 1908 eine Stahlformgießerei errichtet, die 1921 von Krauss & Comp. gekauft wurde: 1931 fusionierten die traditionsreichen Münchner Lokomotivbauer Krauss und Maffei und verlegten ihren Hauptsitz und ihre Fertigungsstätten von München nach Allach.

Während der Zeit des Nationalsozialismus seien die Allacher Industriebetriebe zu wichtigen Rüstungsunternehmen geworden, berichtet Historikerin Pohl. Die Rüstungsaufträge hätten sich bald nur noch mit Hilfe von Zehntausenden ausländischer Zwangsarbeiter und Kriegsgefangener bewältigen lassen. In Firmennähe seien notdürftige Barackenlager entstanden. „An der Eversbusch-/Ecke Höcherstraße erinnert seit 1989 ein Bronzedenkmal daran, dass der Todesmarsch Tausender Dachauer KZ-Häftlinge in der Nacht vom 26. auf den 27. April 1945 auch durch Allach und Untermenzing führte”, so Pohl. Dies war zweifellos das dunkelste Kapitel in der Geschichte des Stadtbezirks.

Lokomotiven und Panzer

Großaufträge der Deutschen Bahn hätten bei Krauss Maffei Anfang der 1950er Jahre zur Wiederaufnahme des Lokomotivbaus geführt, berichtet die Historikerin. Das Unternehmen sei nach dem Zweiten Weltkrieg auch an der Entwicklung der Magnetschwebebahn Transrapid beteiligt gewesen: Ein Foto von 1983 zeigt in der Broschüre einen Transrapid in der Wartungshalle in Allach kurz vor den ersten Testfahrten, es gab eine kurze Strecke auch auf dem Allacher Werksgelände – die Hauptstrecke war bekanntermaßen im Emsland. Auf dem Firmengelände in Allach sei zudem der ICE-Triebkopf maßgeblich mit entwickelt worden, heißt es weiter in dem Büchlein. 1963 sei mit dem Kampfpanzer Leopard ferner der Wiedereinstieg in das Rüstungsgeschäft erfolgt. In den folgenden Jahrzehnten habe Krauss-Maffei Kampf- und Flugabwehrpanzer an die Bundeswehr und an zahlreiche Staaten geliefert. Inzwischen sind auf dem Allacher Werksgelände verschiedene Unternehmen ansässig. Auch heute werden dort Lokomotiven und Panzer produziert.

Die Broschüre des neuen Kulturgeschichtspfades Allach-Untermenzing ist kostenlos und unter anderem erhältlich in der Rathaus-Information am Marienplatz sowie in der Stadtbibliothek Untermenzing an der Pfarrer-Grimm-Straße 1. Die Internetadresse für die Online-Version des Kulturgeschichtspfades lautet: www.muenchen.de/kgp .

north