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Deutsche zahlen auf Autobahnen in EU-Staaten. Entrichten ausländische Pkw bei uns keinen Cent?

Nein zur Pkw-Maut sagt ADAC-Verkehrsexperte Alexander Kreipl.

Nein zur Pkw-Maut sagt ADAC-Verkehrsexperte Alexander Kreipl.

Christian Schmidt, Großhadern, fragt: Deutsche Autofahrer werden in den meisten EU-Staaten auf Autobahnen zur Kasse gebeten. Umgekehrt zahlen ausländische Pkw bei uns keinen Cent. Ist das nicht ungerecht?

Diese Frage wird immer wieder viel diskutiert. Bei genauerer Betrachtung macht jedoch eine Pkw-Maut weder für deutsche noch für ausländische Autofahrer Sinn. Erstens: Reist beispielsweise eine holländische Familie durch Deutschland nach Kroatien, muss sie mindestens einen Tankstopp einlegen. Über die hohe Mineralölsteuer trägt sie somit zur Straßenfinanzierung bei. Zweites Gegenargument: Der Anteil ausländischer Pkw am Gesamtverkehr in Deutschland beträgt gerade mal fünf Prozent.

Im Raum München mag der Prozentsatz höher erscheinen, das liegt jedoch an der Grenznähe. Würden ausländische Pkws zur Kasse gebeten werden, könnten die Einnahmen aus der Straßenbenutzungsgebühr noch nicht einmal die enorm hohen Erhebungskosten decken. Anders bei Lkw: Sie fahren problemlos ohne Tanken durch Deutschland. Die Lkw-Maut ist deshalb auch gerechtfertigt. Generell ist eine Autobahnmaut für Pkw nach Ansicht des ADAC unnötig und ungerecht. Schon heute zahlen die Autofahrer in Deutschland durch spezifische Abgaben rund drei Mal so viel, wie für den Straßenbau und -unterhalt ausgegeben wird. So fließen pro Jahr rund 53 Milliarden Euro an Mineralöl-, Kfz- und anteiliger Mehrwertsteuer in die Staatskasse.

Für den Bau sowie den Unterhalt von Straßen und Autobahnen werden dagegen nur etwa 17 Milliarden Euro jährlich ausgegeben, der große Rest verschwindet im allgemeinen Haushalt. Eine Autobahngebühr für Pkw würde somit bedeuten, dass die deutschen Autofahrer das von ihnen bereits finanzierte Autobahnnetz noch einmal bezahlen sollen. Der so genannte Wegekostendeckungsgrad in Deutschland hat 415 Prozent erreicht. Das heißt, jeder Euro an Infrastrukturkosten wird durch Steuerzahlungen von 4,15 Euro beglichen. Ein willkürliches Abkassieren durch den Staat lehnt der ADAC daher entschieden ab. Auch Sicherheits- und Umweltargumente sprechen dagegen. Da die Autobahnen die sichersten Fernstraßen sind, würde ein Ausweichen der Autofahrer auf Landstraßen zu Engpässen und verstopften Ortsdurchfahrten mit der damit verbundenen Belastung der Anwohner sowie einem Anstieg schwerer Unfälle führen.

Artikel vom 10.03.2010
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