Sport- und Erziehungswissenschaftler auf der Suche nach verborgenen Talenten

München-Nord · Sportschule für Kinder

Unter Aufsicht und Anleitung von Sebastian Heidrich treiben die Kinder Sport in vier Ausbildungsstufen. 	Foto: sd

Unter Aufsicht und Anleitung von Sebastian Heidrich treiben die Kinder Sport in vier Ausbildungsstufen. Foto: sd

München-Nord · Eine Gruppe von Grundschülern der ersten und zweiten Klasse stürmen am frühen Nachmittag in die Turnhalle der Eduard-Spranger-Schule im Hasenbergl, schnappen sich einen Ball und beginnen damit zu spielen. Der Sport- und Erziehungswissenschaftler und gleichzeitiger Leiter der Kindersportschule KiSS Sebastian Heidrich schaut zu und lässt sie gewähren. Was auf den ersten Blick wie ein ganz normaler Turnunterricht aussieht hat ganz eigene Ziele.

Als neue Sparte im Angebot der Sportfreunde Harteck will KiSS die Lücke schließen zwischen dem allgemeinen Kinderturnen und den sportspezifischen Abteilungsangeboten des Sportvereins. »In unserem Unterricht wird von allem etwas angeboten, so kann man auch erkennen, wo die Talente des Einzelnen liegen«, erklärt Heidrich das Konzept. Es werden Techniken erprobt, das Koordinationsvermögen auf die Probe gestellt, aber auch Ballspiele oder Leichtathletik ausprobiert.

Natürlich nicht alles auf einmal, sondern immer in Blöcken über mehrere Wochen verteilt. Langfristiges Ziel ist es, die sportartspezifische Ausbildung in den einzelnen Abteilungen des Vereins zu unterstützen und durch sogenannte Schnupperangebote der Fachabteilungen, die Kinder in ihre Wahlsportart zu begleiten. Aus den Kindern von heute sollen mit Hilfe der Sportschule als Startgeber langfristig Sporttreibende werden. Denn kaum etwas sei besser für die Gesundheit als ausreichende Bewegung. Viele Ursachen führen dazu, dass Kinder heutzutage sich weniger sportlich betätigen als noch vor dreißig Jahren. In jüngster Vergangenheit sind zum Fernsehen noch Computer und die beliebten Spielekonsolen zur Lieblingsfreizeitbeschäftigung vieler Kinder geworden.

Hinzu kommen noch andere Gründe. »Oft fällt in der Schule als erstes der Sportunterricht aus, wenn Stunden wegfallen«, bedauert Heidrich. Auch werde der Unterricht mitunter von fremden Fachlehrern anstelle von qualifizierten Sportlehrern geleitet. »Die Defizite der Kinder im Sportbereich sind ganz unterschiedlich«, sagt Heidrich, doch sehe man sehr wohl die Auswirkungen der »Nintendo-Generation« im motorischen Bereich. Rückwärts laufen oder auf einem Bein hüpfen, sind – nach den Erfahrungen des Leiters – für den einen oder anderen Grundschüler bereits eine echte Herausforderung.

Das Konzept der Sportschule sieht vier aufeinander aufbauende Ausbildungsstufen vor. Die erste richtet sich an die Kleinsten (zwei bis vier Jahre) gefolgt von den Vorschülern (fünf bis sechs Jahre). Die dritte Stufe ist für Schüler der ersten und zweiten Klasse und die letzte Stufe für die älteren Grundschüler (neun bis zehn Jahre). Trainiert wird ab der zweiten Stufe zweimal in der Woche. Maximal 15 Kinder sind in einer Gruppe, die von qualifiziertem Personal geleitet wird. Der Einstieg ist zu jeder Zeit und in jeder Altersgruppe möglich. Im Idealfall jedoch durchlaufen die Kinder alle vier Gruppen und legen sich dann erst, je nach Talent und Interesse, für eine Sportart fest. Angelika Raschke ist sehr froh, dass es nun dieses Angebot gibt. Mein Sohn hat vorher eineinhalb Jahre Judo im Verein gemacht, doch zuletzt gefiel es ihm gar nicht mehr«, erzählt sie rückblickend. Daher suchte sie nach einer Alternative für ihren siebenjährigen Sohn Jan. Prompt nachdem KiSS im Programm des Vereins aufgenommen wurde, haben sie gewechselt. »Es scheint die richtige Entscheidung gewesen zu sein. Jan fühlt sich hier sehr wohl«, bestätigt sie. Zwar liegen die Trainingszeiten im Moment ein wenig ungünstig, doch nehmen sie dies gerne in Kauf.

Obwohl das Angebot im Verein noch relativ neu ist, hat Heidrich bereits 45 Anmeldungen für alle vier Gruppen. »Das größte Interesse liegt derzeit im Bereich der Zwei- bis Vierjährigen«, stellt Heidrich fest. Dabei hat er noch Kapazitäten in allen Gruppen frei. »Hier bekommen wir viel Hallenzeit, deshalb haben wir die Kooperation mit dieser Schule«, begründet er. Die Eröffnung weiterer Gruppen sowie die Kooperation mit anderen Partnern sind denkbar und wünschenswert.

Es kommen aber nicht nur Schulen in Frage. Eine weitere Zusammenarbeit hat Heidrich beispielsweise mit dem hauseigenen Kindergarten von BMW.

Bisherige Voraussetzung für die Teilnahme am Unterricht der Sportschule ist eine Mitgliedschaft im Verein der Sportfreunde Harteck, die eine zusätzliche Gebühr zum Grundbeitrag kostet. Heid­rich weiß, dass die Gebühren eine Rolle bei manchen Familien spielen. Das Förderprogramm »Sport für alle Kinder« will Münchner Kindern und Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien die Chance geben, kostenlos Mitglied in einem Münchner Sportverein zu werden. Sofern die Eltern Empfänger öffentlicher Unterstützungsgelder sind, reichen entsprechende Nachweise aus. Das Kind kann sich einen Verein aussuchen und sofort Mitglied werden. »Am Geld soll es nicht liegen, um sportlich aktiv zu werden«. Daher hofft Heid­rich, dass noch weitere Eltern in Zukunft das Angebot von KiSS nutzen und ihre Kinder anmelden.

Wer sich näher über das Angebot informieren oder Mitglied im Verein werden will kann sich an Sebastian Heid­rich, Telefon 089 / 54 87 82 29, E-Mail: kiss@harteck.de, wenden.

Artikel vom 19.01.2010
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