Wovor man in Bogenhausen den Hut ziehen kann – und wovor nicht

Bogenhausen · Daumen rauf, Daumen runter

Vorsicht, offene Schranke! Nicht immer heißt das freie Fahrt.	Foto: Privat

Vorsicht, offene Schranke! Nicht immer heißt das freie Fahrt. Foto: Privat

Das Leben ist nicht langweilig. Es kommt immer darauf an, was man daraus macht. Manchmal wird es aber auch ungewollt etwas zu spannend. Wie an dem Bahnübergang an der Thomas-Hauser-Straße, dessen Beschrankung vorübergehend eher zur Dekoration als zur Sicherheit angebracht war. Normalerweise verlässt man sich darauf, dass eine offene Bahnschranke bedeutet: Das Überqueren der Gleise ist sicher.

In der Thomas-Hauser-Straße war das in diesem Jahr nicht uneingeschränkt der Fall. Zwei Tage lang stand der Bahnübergang offen, auch wenn ein Zug kam. Die Deutsche Bahn hatte ihre Lokführer angewiesen, sich dem Übergang langsam zu nähern, dann zu beschleunigen und ein akustisches Signal zu geben. Das war allerdings erst, nachdem eine Augenzeugin die Polizei alarmiert hatte, die wiederum mit einer Doppelstreife den Bahnübergang sicherte. Passiert ist nichts. Glück gehabt.

Jahresrückblick 2009 Bogenhausen

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Glück hatte auch eine 20-Jährige, die in eine lebensbedrohende Situation geraten war. Anfang Oktober war es, als der damals 16-jährige Christoph Schwarz Zivilcourage zeigte und die junge Frau aus dem Riemer See zog, in den sie in der Dunkelheit gestürzt war. Damit rettete er ihr höchstwahrscheinlich das Leben. Die Gefahr, in die sich der Jugendliche begeben hatte, wurde ihm erst im Nachhinein bewusst. Trotzdem würde er jederzeit wieder so handeln. Christoph war der Einzige in einer Gruppe Jugendlicher, der überhaupt etwas getan hatte. Dabei war das Thema »Zivilcourage« in diesen Tagen allgegenwärtig gewesen. Nur drei Wochen zuvor war Dominik Brunner am Sollner S-Bahnhof von zwei Jugendlichen zu Tode geprügelt worden, nachdem er sich schützend vor eine Gruppe Kinder gestellt hatte.

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Zum Glück bedrohen nicht alle Probleme das Leben von Menschen. Dennoch brauchen manche bisweilen Hilfe aus einer ausweglosen Situation. Zum Beispiel Eltern in Bogenhausen, die für ihr Kind keinen Platz in einer Kinderbetreuungseinrichtung bekommen. Bogenhausen ist in dieser Hinsicht ein Brennpunkt – ein Prädikat, das der Stadtteil nicht oft erhält. Die Eltern fühlen sich von der Politik alleingelassen. Sie bekommen keine Hilfe bei ihrem Problem. Und der Mangel an Betreuungsplätzen lässt sich nicht kurzfristig beheben.

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Hinsichtlich der Barrierefreiheit ist Bogenhausen nicht als Brennpunkt zu bezeichnen. Da schneiden alle Stadtteile gleichermaßen unterdurchschnittlich ab. Das ist zwar kein spezielles Münchner Problem, aber hier hat der Kreisjugendring die Stadtteile unter die Lupe genommen. Die Kinder, die in Bogenhausen unterwegs waren, hatten mit der Augenbinde oder dem Rollstuhl schon ihre Probleme. Aber sie haben ein Gefühl dafür entwickelt, was es bedeutet, mit einer körperlichen Behinderung den Alltag zu bewältigen. Vielleicht nimmt die nächste Planer-Generation darauf mehr Rücksicht.

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Noch einen Schritt weiter sind die Schüler der Knappertsbuschstraße gegangen. Sie haben da angepackt, wo es nötig war, um den Stadtteil zu verschönern und sicherer zu machen. Sie haben achtlos entsorgten Müll anderer beseitigt und nebenbei kritische Stellen (zum Beispiel unbeleuchtete Fußwege) aufgespürt, damit hier Abhilfe geschaffen werden kann. Einige Verbesserungsvorschläge wurden abgelehnt, bei anderen jedoch wird die Umsetzung geprüft.

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Wie aktiv Kinder und Jugendliche im Stadtbezirk Bogenhausen schon immer waren, beweist das stolze Alter des Jugendtreffs »Cosi«. 1969 wurde er eröffnet, also vor 40 Jahren – ein Grund zum Feiern. Und so ließen es aktuelle und ehemalige Cosi-Besucher im Juni ordentlich krachen.

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Ein ganz anderes Jubiläum wurde fast zeitgleich gefeiert: 100 Jahre Krautexpress. Im Jahr 1909 ging die Eisenbahnstrecke zwischen Ismaning und dem Münchner Ostbahnhof in Betrieb. Und weil auf dieser Strecke seinerzeit zahllose Kohlköpfe aus dem Umland in die Stadt transportiert wurden, hatte die als »Express« bezeichnete Bummelbahn ihren Namen schnell weg. Heute fährt die S-Bahnlinie 8 auf dem Gleis, die Erinnerung an die Krautköpfe und ihre Eisenbahn hält der Verein NordOstKultur München am Leben.

Artikel vom 29.12.2009
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