Trotz heftiger Proteste ist kein Ersatz für Grünwalder Bombenkrater in Sicht

Grünwald/München · Biker wollen zurück in ihr »Paradies« in Grünwald

600 Biker demonstrierten am vergangenen Samstag gegen den Abriss ihres BMX-Parcours in Grünwald.   Foto: mst

600 Biker demonstrierten am vergangenen Samstag gegen den Abriss ihres BMX-Parcours in Grünwald. Foto: mst

Grünwald/München · Als Mitte März der Grünwalder Mountainbike-Parcours »Bombenkrater« an der Isar vom Landratsamt mit schwerem Gerät eingeebnet wurde, gab es bei den Bikern einen Sturm der Entrüstung. Presseerklärungen folgten, in Fachmagazinen wurde dem Thema breiter Raum gewidmet.

Nun hat die Biker-Szene noch eins draufgesattelt: Mit einer Demonstration am Münchner Marienplatz demonstrierten BMX-Fahrer, Mountainbiker und andere Radler gegen den Kahlschlag des seit 20 Jahren bestehenden Geländes, das im Münchner Umland zu einer Art Mekka für Profi-Biker geworden ist. Sie forderten die verantwortlichen Behörden auf, das Areal entweder wiederzuerrichten oder ein gleichwertiges Ersatzgrundstück zur Verfügung zu stellen. Mit Transparenten, Rufen und Pfiffen verliehen die rund 600 Teilnehmer ihren Forderungen Nachdruck. »München – Weltstadt mit Herz. Wo ist das Herz für die Mountainbiker?« und »Vertreibung aus dem Paradies« war auf Plakaten zu lesen. »Bombenkrater-Schließung: Buuh!«, ließen andere in Sprechchören ihrer Wut freien Lauf.

Die Organisatoren, darunter der Grünwalder Biker und Sprecher der »Mountainbike Academy«, Stefan Herrmann, und Magnus Tölle von der »Deutschen Initiative Mountainbike« (dimb), äußerten sich entsetzt: Sie warfen dem Landratsamt und der Landeshauptstadt München Geringschätzung für die Interessen der Biker vor. Mountainbiken sei kein »abgedrehtes Vergnügen für spinnerte Umwelt-Rowdies«, sondern »ein Teil des Münchner Lebensgefühls«. Zum Hintergrund: Am Freitag, 13. März, hatte das Landratsamt angekündigt, das im Landschaftsschutzgebiet liegende, 3600 Quadratmeter große Areal zu entfernen, das bis zu 300 BMX-Fahrer und Mountainbiker als Trainingsgelände nutzten. Bereits am darauf folgenden Montag rückten Bagger und schweres Gerät an, innerhalb von Stunden waren die Hügel dem Erdboden gleich gemacht. Der Abriss folgte auf die Entscheidung des Landratsamtes, der Stadt München, der Gemeinde Grünwald und des Isartalvereins, das Gelände zu renaturieren. In einem Interview mit der Fachzeitschrift »Bike-Magazin« hatte Landrätin Johanna Rumschöttel (SPD) angedeutet, dass die Interessen der Biker und die des Naturschutzes nicht ohne weiteres unter einen Hut zu bringen seien. Rechtlich gebe es leider nichts an der Maßnahme anzufechten, bedauerte Tölle, fügte aber hinzu: »Nicht alles, was rechtlich in Ordnung ist, ist auch richtig.« Herrmann hält den Naturschutzgedanken für überzogen und völlig deplatziert: »Man wirft uns Umweltzerstörung vor: Das ist falsch.« Auch sei es eine »Lüge« zu behaupten, von den Bikern gehe eine Gefährdung anderen Nutzer aus: »Die Räume waren klar definiert, es kam nie zu Konflikten.« Er verwies darauf, dass jeder Hügel des Bombenkraters« »liebevoll gestaltet“ worden sei: »Profis sind dort ausgebildet worden, viele haben dort ihre Fahrtechniken verfeinert.«

Mit dem Abriss des Bombenkraters sei »ein Stück Kultur und Geschichte Münchens« verloren gegangen. 20 Jahre lang hätten sich dort Jugendliche ihr eigenes kleines Refugien geschaffen, und das ganz ohne Steuergelder. Landratsamt-Sprecherin Christine Spiegel hat zwar Verständnis für die Wut der Biker und bedauert, dass die seit Jahrzehnten genutzte Anlage nun nicht mehr zur Verfügung steht. Man müsse auch die andere Seite sehen, so Spiegel. Von dem Gelände gehe eine Gefahr für Mensch und Natur aus. »Was passiert, wenn ein Biker mal von einem Baum getroffen wird?« Durch die Nutzung dieses Geländes als BMX-Parcours sei es zu starken Geländeveränderungen vor allem durch Errichtung künstlicher Schanzen und künstlich hergestellter Mulden gekommen. »Diese Befestigungen und die immer intensiver werdende Nutzung haben zu einer massiven, zementartigen Bodenverdichtung geführt, so dass eine ausreichende Nährstoffversorgung des vorhandenen Baumbestandes sowie eine Naturverjüngung nicht mehr stattfand«, erläutert Spiegel weiter. Dass der Bombenkrater wieder errichtet werde, schließt sie aus: »Das wird nicht geschehen.« Auch verfüge der Landkreis über keine Grundstücke. Rumschöttel habe aber die Landkreis-Bürgermeister gebeten, auf ihrem Gemeindegebiet mögliche Flächen zu eruieren. Mit den Bikern will man in Kontakt bleiben, versichert Spiegel – die Schwierigkeit bestehe allerdings, dass sie nicht als Verein organisiert seien und Ansprechpartner bislang nicht zur Verfügung gestanden hätten.

mst

Artikel vom 29.04.2009
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