München - „Langsam a bisserl alt“

Rudolf Heiß ist dankbar, dass er liebe Menschen um sich hat, die sich um ihn kümmern (hier mit Tochter Swantje (li.) und Urenkelin Marina). Foto: Privat

„Mir geht es sehr gut, auch wenn ich leider nicht mehr zum Skifahren gehen kann“, sagt Rudolf Heiß. „Und wandern ist auch nicht mehr drin, ich bin halt langsam scho a bisserl alt“.

Langsam scho a bisserl alt – ja, da ist was dran. Rudolf Heiß ist 105 Jahre und damit der älteste Mann in Bayern. Am 27. September 1903 wurde Heiß in Straubing geboren, seit 1953 wohnt er in Obermenzing.

Mit Wehmut, aber auch mit Stolz blickt er auf sein langes Leben zurück. „Es ist natürlich alles sehr viel, was ich erlebt habe, Gutes und Schlechtes. Aber ich bin in erster Linie dankbar, dass ich so ein schönes Leben hatte“, sagt der Mann, der während des Ersten Weltkriegs seine Pubertät erlebte und in der Zeit des Zweiten Weltkriegs seine Familie gründete. 67 Jahre war Heiß mit seiner Frau Gretl verheiratet und „wir waren sehr glücklich“. Zusammen haben Gretl und Rudolf drei Töchter, sieben Enkel und neun Urenkel. „Vielleicht werden es ja noch mehr.“ Was ist das Schöne am Alter? „Zu merken, dass man Menschen hat, die einen lieben. Man wird ruhiger. Aber ich fand es auch sehr schön, jung zu sein“, sagt Heiß und lächelt seine Enkelin Miriam an, die neben ihm sitzt.

Die beiden haben ein sehr enges Verhältnis, Miriam wohnt im Haus der Großeltern in Obermenzing. „Mein Opa war in seiner Einstellung immer aktuell, nie alt. Er hat sich immer der Zeit und den Geschehnissen angepasst“, sagt die 37-Jährige. Besonders imponiert habe Miriam die Reaktion ihres Großvaters auf ihre Schwangerschaft. Sie war Anfang 20 und es war von Beginn an klar, dass sie das Kind alleine großziehen wird. „Ich hätte es verstanden, wenn er es nicht so gut gefunden hätte, kommt er doch aus einer anderen Zeit und ist ganz anders erzogen worden. Aber als ich ihm gesagt habe, dass er Urgroßvater wird, jedoch das Kind alleine bekomme, hat er gemeint, dass die alleinerziehenden Mütter die wirklichen Helden dieses Jahrhunderts sind und er mich jederzeit unterstützen wird.“ Das habe er bis heute getan. Seine Urenkelin Marina ist inzwischen 14 Jahre und findet es „endscool“, dass ihr Uropa der älteste Bayer ist. Auch Miriam findet das stolze Alter ihres Großvaters beeindruckend. „Vor allem bin ich sehr stolz darauf, wie mein Opa als Mensch war und noch immer ist. Wahnsinnig liebenswert, dankbar und interessiert an seiner Umwelt. Außerdem ist er einer der diszipliniertesten Menschen, die ich kenne“, sagt die 37-Jährige über ihren Großvater, der bis vor vier Jahren noch gearbeitet hat.

Professor Dr. Ing. habil. Dr. hc. lautet sein vollständiger akademischer Titel. Rudolf Heiß gilt weltwelt als einer der Pioniere der Lebensmitteltechnologie. 1942 gründete er das Institut für Lebensmitteltechnologie und Verpackung in München, das heute als Fraunhofer-Institut an die Universität in Freising angeschlossen ist. Außerdem gründete Heiß das damalige Reichsinstitut für Lebensmittelfrischhaltung in Karlsruhe, heute die Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel. Heiß ist Autor oder Mitautor von 20 Büchern und über 700 Fachpublikationen. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem auch das Bundesverdienstkreuz und den Bayerischen Verdienstorden. Inzwischen lebt Heiß einige Monate im Jahr bei seiner Tochter Swantje in Saarbrücken. „Auch eine schöne Stadt, aber natürlich nicht zu vergleichen mit München. Meine Tochter macht sie durch ihre Herzlichkeit jedoch viel schöner“, erzählt Heiß.

Wie er es geschafft hat, so alt zu werden? „Mit Disziplin, Sport und gesunder Ernährung. Außerdem ist es wichtig, sich geistig fit zu halten und sich für andere Menschen zu interessieren. Und dankbar sein, für das, was man hat – das ist das Allerwichtigste.“

Von Stefanie Moser

Artikel vom 19.12.2008
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