Neue Projeke für Menschen mit Behinderung geplant

München - Fachtag „Arbeit für alle“

München – „Mein großes Ziel ist es, irgendwo draußen zu arbeiten, in einem ganz normalen Betrieb, so wie meine Mama!“ Das Beispiel von Melanie Genthe, 21 Jahre, zur Zeit im Berufsbildungsbereich der Werkstätte für Menschen mit Behinderung in der Humboldtstraße beschäftigt, zeigt:

Menschen mit Behinderung haben die gleichen Wünsche an ihre Arbeitsstelle wie Nichtbehinderte. Der Fachtag „Arbeit für alle!“ des Behindertenbeirats und des Behindertenbeauftragten der Landeshauptstadt München Ende November ließ Betroffene zu Wort kommen und wies Wege, wie der Wunsch nach Gleichbehandlung besser zu verwirklichen ist. Über 200 Fachleute aus der Behindertenhilfe, Verantwortliche aus Betrieben und der Politik trafen sich mit Betroffenen und ihren Angehörigen im Münchner Rathaus. „Der Lebensweg vieler behinderter Menschen ist in Deutschland immer noch von Aussonderung und Ausgrenzung bestimmt, vor allem im Arbeitsleben. Erwerbsarbeit als Einkommensquelle erhöht die Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben. Aber auf diesem Gebiet sind Menschen mit Behinderung besonders benachteiligt“, beschrieb Elke Seyband, geschäftsführender Vorstand des Vereins Cooperative Beschützende Arbeitsstätten, die Bedeutung der bezahlten Beschäftigung. Allein in München sind über 4.800 Menschen mit Behinderungen zwischen 15 und 65 Jahren verrentet. Sie haben den Kampf aufgegeben, sich „zu verbessern bis wir tot umfallen und es würde immer noch nicht ausreichen, weil wir nämlich selbst dann nicht nichtbehindert wären“, wie die arbeitsuchende Rollstuhlfahrerin Karin Steinberg bitter anmerkte. Achim Ciolek erläuterte, wie in Hamburg durch die unbürokratische Zusammenarbeit der Kostenträger ein großer Anteil von „Werkstattbedürftigen“ in den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt werden können. Arbeitsassistenten vermitteln Menschen mit Behinderung auf Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft. So lange es nötig ist, werden sie dort unterstützt. Achim Ciolek sagt: „Frau Genthe wurde von uns in einen gastronomischen Betrieb vermittelt. Unsere Erfolge sind beachtlich, und das bei geringeren Kosten als in den Werkstätten.“ Voraussetzung sei, verkrustete Systeme aufzubrechen und Gelder an Personen statt an Einrichtungen zu geben. Ursula Haberkorn, Leiterin des Berufsbildungswerks in der Garmischer Straße, berichtete anschließend von der ”Verzahnten Ausbildung“, die im Jahr 2007 in München eingeführt wurde. Dabei arbeiten die Berufsbildungswerke mit Ausbildungsbetrieben zusammen. Junge Menschen sind dadurch nicht mehr in ihren Sondereinrichtungen isoliert, sondern lernen die Anforderungen des betrieblichen Alltags hautnah kennen. „Das motiviert unsere Jugendlichen besonders“, so Ursula Haberkorn. Stefan Noppenberger, Abteilung Berufsbildung der Metro AG, kennt diese Zusammenarbeit seit Beginn im Jahr 2004. „In der Zwischenzeit ist das Projekt über die ganze Bundesrepublik verbreitet. Für 2008 sind 320 Ausbildungsstellen in 49 Berufsbereichen geplant.“ Auch für den Betrieb ergäben sich klare Vorteile: „Der Umgang mit Behinderten wird selbstverständlich und das merken auch unsere Kunden“, sagt Noppenberger. In der abschließenden Diskussion mit Vertretern von Parteien wurden Ansatzpunkte für Veränderungen in München deutlich. Kontakte zu Selbstständigen und zu den städtischen Gesellschaften sollen anberaumt und ausgebaut werden, um Menschen mit Behinderungen mehr Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. „Die Probleme sind erkannt“, so Sabina Schnick, verantwortliche Organisatorin des Fachtags. „Lösungen entstehen vor Ort, in den Stadtbezirken. Wir brauchen Arbeitgeber, die auf die Stärken der Bewerber schauen und nicht auf ihre Einschränkungen. Und wir brauchen Assistenzmodelle wie in Hamburg, um Unternehmen dieses zu erleichtern. Der Behindertenbeirat wird nicht locker lassen, bis auch bei uns die Arbeitsassistenz möglich ist.“

Artikel vom 19.12.2008
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...