Haus an der Pistorinistraße feiert 50. Geburtstag

Giesing/Harlaching · Heimat statt Schlafstatt bieten

Begrüßung der Gäste durch den KMFV-Geschäftsführer Viktor Münzer (r.) zu den Feiern anlässlich des  50. Jubiläums am vergangenen Freitag. Foto: Hettich

Begrüßung der Gäste durch den KMFV-Geschäftsführer Viktor Münzer (r.) zu den Feiern anlässlich des 50. Jubiläums am vergangenen Freitag. Foto: Hettich

Giesing/Harlaching· »Heute besuche ich mich – hoffentlich bin ich zuhause!« Abt Johannes Eckert von der Abtei St. Bonifaz hätte den Einstieg zu seinen Grußworten anlässlich der Fünfzigjahrfeier des Männerfürsorgeheims an der Pistorinistraße am vergangenen Freitag kaum passender wählen können.

»Wohnen statt unterbringen« ist in dem Haus des Katholischen Männerfürsorgevereins München (KMFV) seit den Anfangstagen das Credo der Verantwortlichen. Weshalb der Abt seine kurzweilige Rede auch mit der Einschätzung schloss, »in dieser wertvollen Einrichtung« Münchener Soziallebens sei man wohl »wirklich zuhause«. Von diesem Zuhause der ganz besonderen Art wollten sich am Festtag auch rund 150 Gäste – umrahmt von klassischen Musikklängen Solvejg Fiederlings und Adolfo Adamos – selbst ein intensives Bild machen. Neben Stadtrat Marian Offman, Vertretern des örtlichen Bezirksausschusses sowie Abgesandten sozialer und gesellschaftlicher Organisationen war auch Ferdinand Rotzinger als Leiter des städtischen Amtes für Wohnen und Migration gekommen, um in Vertretung des Sozialreferenten Friedrich Graffe reichlich Lob über die Einrichtung und ihr stolzes Jubiläum zu ergießen. Zuvor hatte bereits Viktor Münzer als Geschäftsführer des Trägers KMFV ebenso stolze Rückschau auf ein halbes Jahrhundert Historie des Hauses gehalten.

»Hier stand und steht immer der Mensch im Mittelpunkt«, so Münster. »Stolz« sei er besonders auf ein Haus, das »mittlerweile zwar 50 Jahre alt, aber nicht in die Jahre gekommen ist«. Dass die Aussage vom »Menschen im Mittelpunkt« hier wohl wirklich zutrifft, zeigt auch der Umstand, dass in die Vorbereitungen der Feierlichkeiten mit großem Büffet, liebevoll ausgeschmücktem Café, einer eigenen Bildergalerie sowie einem Film über das Leben seiner Bewohner im Haus auch jene Bewohner selbst fest mit eingebunden waren. Durch ihre Beiträge in Bild und Wort wurde zugleich die Beschreibung des Lebens an der Pistorinistraße während des letzten halben Jahrhunderts noch weit plastischer ausgestaltet und für den Außenstehenden verstehbarer gemacht als durch bloße Grußworte. Schwierige Lebenswege, gescheiterte Lebensentwürfe, aber auch das Meistern extremer Herausforderungen waren hier intensiv abzulesen am Beispiel von 20 Geschichten aus und um das Jubiläums-Haus. Die spannende Bilderreise ist noch während des gesamten Oktobers jeweils montags bis donnerstags von 15.00 bis 19.00 Uhr nach vorheriger telefonischer Anmeldung unter 62 42 90 18 im Haus an der Pistorinistraße 30 zu sehen.

Historische Einblicke Das Haus an der Pistorinistraße des KMFV wurde vor 50 Jahren dort als »Arbeiter- und Jugendwohnheim« mit 220 Plätzen gegründet. Mit der Einrichtung wurde an der Isar auf den damals stetig steigenden Bedarf an Arbeitskräften reagiert, die andererseits nicht wussten, wo sie in der Landeshauptstadt wohnen sollten. Anfangs lebten die Männer dort ausschließlich in Dreibettzimmern. Doch seither ist in der Tat viel passiert: die Verantwortlichen und Mitarbeiter des Hauses hatten und haben die gesellschaftlich wechselnden Herausforderungen voll angenommen und auch die spezifischen Bedürfnisse ihrer Bewohner verinnerlicht. Die Belegzahl wurde über die Jahre auf heute 79 Plätze heruntergefahren – mittlerweile verfügen fast alle Bewohner über Einzelzimmer in der Einrichtung. Um Vorurteilen über die Klientel zu begegnen: stolz ist nicht nur Einrichtungsleiter Tassilo Winhart, dass in dem von der Stadt budgetierten Haus »trotz oft schwierigster Lebenssituationen mehr als die Hälfte der allesamt alleinstehenden Bewohner in regulären Arbeitsverhältnissen auf dem 1. Arbeitsmarkt beschäftigt sind«. Allerdings schließt sich der Negativaspekt gleich an: die Männer können von ihren Löhnen nicht ausreichend leben – und sich schon gar keine Wohnung auf dem »ersten Wohnungsmarkt leisten«. Hier springt das Haus an der Pistorinistraße in die Bresche. Innerhalb der Einrichtung findet sich zunächst das klassische Wohnheim mit seinen 61 Einzelzimmern. Fünf SozialpädagogInnen betreuen hier die Bewohner.

Ziel ist es in diesem Bereich, die Bewohner innerhalb zweier Jahre auf ein Leben in einer eigenen Wohnung oder innerhalb einer anderen Maßnahme vorzubereiten. Intensiver betreut werden die wohnungslosen Männer im Bereich der therapeutischen Wohngemeinschaften des Hauses. Für dieses spezielle Angebot stehen weitere 18 Einzelzimmerplätze zur Verfügung. Diese sind für psychisch erkrankte Männer speziell konzipiert – intensiv betreut von drei SozialpädagogInnen. Wichtiger Teil des Hauses an der Pistorinistraße ist auch »STArk«, eine Servicestelle für Arbeitsangelegenheiten von Frauen und Männern, die laut Winhart »offensichtlich keine Chance auf eine geregelte Erwerbsarbeit haben«. Sie werden hier bei der Suche nach 1Euro-Jobs ebenso unterstützt wie in Fragen des Lohnzuschusses. Jüngstes »Kind« des Hauses ist der im vergangenen Jahr eröffnete Kleiderladen »Jacke wie Hose« – ein Projekt mit vielen sinnstiftenden Synergien: hier finden nicht nur bedürftige Menschen gute Gebrauchtkleidung zu geringen Preisen – gleichzeitig bietet sich hier Bewohnern des Hauses eine Job-Alternative im Verkauf. »Wieder einen besseren Platz in der Gesellschaft finden« sollen die Menschen in dieser Einrichtung – dieses hehre Ziel verfolgen KMFV und Mitarbeiter des Hauses an der Pistorinistraße seit 50 Jahren mit intensiver psychischer Betreuung. Vom »Zuhause« an der Pistorinistraße darf man deshalb sicher sprechen.

Harald Hettich

Artikel vom 15.10.2008
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