Albrecht Ackerland über Stramme Leinen

München - „Da schau her“

Jetzt ist der Schmarrn endlich wieder vorbei. Was für ein Schmarrn? Gute Frage! Gibt ja schließlich mehrere Möglichkeiten: der Sommer, die Klinsmann-Ära beim FCB (bald?), die Landtagswahl als solche, die Alleinherrschaft unserer geliebten Partei als Ganzes, die Wiesn, das Zentral-Landwirtschaftsfest...

Gut, also zuallererst zum ZLF, Sie wissen, dieser besseren Wiesn auf der Wiesn neben der Wiesn: Ja, ich war dort! Gleich am ersten Samstag. Und ich war: begeistert. War zwar nicht mein erster Besuch auf dieser riesengroßen Bauern-Messe, aber in diesem Jahr hat sie mich ganz besonders beeindruckt. Warum? Weil Bio boomt und zum Glück endlich auch ein bisserl Tierschutz samt guter Lebensmittelqualität ins Bewusstsein der Verbraucher gerückt sind.

Nur: Auf dem ZLF merkt man eher kaum etwas. Der Bio-Verband präsentiert sich eher verschämt, dafür protzen die Hersteller von vollautomatischen Milchrobotern, ja, so etwas gibt es tatsächlich. Es war gut und wichtig, dort gewesen zu sein. Ich kenne ein paar Bio-Bauern und weiß wie sie arbeiten, weiß auch, dass ihre Produkte viel teurer sind als die aus ländlichen Industriebetrieben. Dafür wird das Tier noch als Lebewesen behandelt und nicht als Essensproduzent, der gefälligst seine Ruhe zu geben und zu wachsen hat. Später schmeckt man das übrigens, so oder so.

Auf dem ZLF dagegen wird eine Landwirtschaft als fortschrittlich propagiert, die eben mit jenen Milchrobotern die Ställe menschenfrei macht, die Schweine auf Gittern leben lässt, und alles Viechzeug so eng an die Leine nimmt, wie‘s nur irgend geht. Andererseits, und da wird das ZLF dann zur tragischen Komödie, soll der bayerische Bauer ganz anders wirken, das sieht man auf Fotos und Postern und am Design der Stände und ihrer Betreiber: Naturnah, erdverbunden, tierlieb, der Tradition verhaftet, und das Korn ist gelb und der Himmel blau. So viel Schmarrn auf einmal, ich hab vier Maß gebraucht, um das wieder zu vergessen. Ich bin ausdrücklich für Leinenzwang, und zwar für Ewiggestrige und Tierquäler und alle andern Bauernverbandsfunktionäre und Land-Industrielle, die nicht erkennen wollen, dass das Tier ein Tier ist, und vor allem für die, die nicht ehrlich sind.

Artikel vom 02.10.2008
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