Wasserstand der Isar wird jetzt genau kontrolliert

München - Risiko Niedrigwasser

Der NID misst natürlich vollautomatisch – nicht per Hand, wie Dr. Otmar Bernhard (li.) und Christian Wanger, Chef des WWA Weilheim, hier demonstrieren.	Foto: Nursen Özlükurt

Der NID misst natürlich vollautomatisch – nicht per Hand, wie Dr. Otmar Bernhard (li.) und Christian Wanger, Chef des WWA Weilheim, hier demonstrieren. Foto: Nursen Özlükurt

Die Angst vor Hochwasser ist groß, auch in München. Zu Recht, wie das Pfingsthochwasser 1999 oder das Augusthochwasser 2005 gezeigt haben. Doch eine viel größere Gefahr stellt Niedrigwasser dar. Daher haben die bayerischen Wasserwirtschaftsämter (WWA), das Landesamt für Umwelt (LfU) und das bayerische Umweltministerium jetzt mit dem Niedrigwasserinformationsdienst, kurz:

NID, unter der Adresse www.nid.bayern.de ein Projekt gestartet, mit dem langfristig die Pegel der bayerischen Flüsse überwacht werden sollen.

Dass die einstmals so reißende Isar heute zumeist ganz gleichmäßig durch die Stadt fließt, verdanken die Münchner dem Sylvensteinspeichersee. Dort im Oberland südlich von Lenggries wird die Wassermenge des Flusses reguliert. Führt die Isar zu wenig Wasser, wird entsprechend aus dem Speichersee eingeleitet. In München muss der Fluss beispielsweise 44 Kubikmeter Wasser pro Sekunde führen. Um Niedrigstände zu verhindern, hat der bayerische Umweltminister Dr. Otmar Bernhard am Mittwoch am Sylvensteinspeicher den NID in Betrieb genommen. Der NID verbindet 550 Pegel-Messstellen an bayerischen Flüssen sowie 320 Niederschlags-Messstationen. Damit wird kontrolliert, an welchen Stellen kurzfristig oder sogar dauerhaft Niedrigwasser droht.

Die Wahrscheinlichkeit für Niedrigwasser wächst. Bernhard erklärte am Mittwoch, dass die durchschnittliche Jahrestemperatur in Bayern bis 2050 um prognostizierte 1,7 Grad Celsius ansteigen werde. Auch die Wassertemperatur steige an, dies könne man bereits seit wenigen Jahrzehnten verfolgen. Die Konsequenz: Der natürliche Wasserspeicher – nämlich der Schnee in den Höhenlagen – gibt seine Reserven früher im Jahr frei. Dieses Wasser solle nicht ungenutzt abfließen. Also wird es in Anlagen wie dem Sylvensteinspeicher gesammelt, um es kontrolliert in die Flüsse abzugeben. Oder auch, um es zurückzuhalten. Beim Sommerhochwasser 2005 ist der Sylvensteinspeicher vollgelaufen. Wäre das Wasser auf natürlichem Wege unkontrolliert die Isar runtergerauscht, es hätte eine Katastrophe in München gegeben, nicht nur am Deutschen Museum, das ohnehin schon unter Wasser stand.

Die Probleme, die das Hochwasser mit sich bringt, kennt jeder. Niedrigwasser birgt andere Gefahren. Ein zu geringer Wasserstand hat zur Folge, dass Kläranlagen nicht mehr effektiv arbeiten können, weil eine Mindestvorlaufmenge eingeleitet werden muss. Niedrigwasser kann auch bedeuten, dass die Kühlung von Kraftwerken, die es in München entlang der Isar gibt, nicht ausreicht. Auch hier gäbe es einen Leistungsverlust. Tatsache ist: Obwohl Wasser in München in enormen Mengen zur Verfügung steht – „allein die Münchner verbrauchen über 100 Milliarden Liter Trinkwasser pro Jahr“, erklärte Bernhard – ist dieser Vorrat nicht unbegrenzt. Wenn die Isar ihr Kiesbett zeigt, ist das zwar noch kein Hinweis auf Niedrigwasser oder womöglich eine Dürreperiode. Erst wenn das öfter oder für einen längeren Zeitraum vorkommt, schlägt der NID Alarm. Dazu kann es aber erst kommen, wenn auch der Sylvensteinspeicher leergelaufen ist. Um das zu verhindern, muss Wasser gezielt gespeichert werden.

„Seit 1959 ist der Sylvensteinspeicher der große Isar-Regulator“, erklärte Dr. Tobias Lang vom Wasserwirtschaftsamt Weilheim. Allerdings kann man davon ausgehen, dass künftig häufiger Wasser zugeführt als zurückgehalten werden muss. Vor langanhaltenden Dürreperioden muss man hier also keine Angst haben. Verhältnisse wie in der Sahelzone sind nicht zu befürchten – wenngleich Bernhard beim Anblick eines Fotos des Sylvensteinspeichers aus dem Jahrhundertsommer 2003 trocken meinte: „Schaut scho’ aus wie Sahel.“

Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 04.09.2008
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