Albrecht Ackerland über Tatort: Wiesn

München - „Da schau her“

O’zapft is!

O’zapft is!

Kennen Sie diese besondere Fähigkeit des menschlichen Gehirns, einen Film ablaufen zu lassen? Es ist ein wahres Schmankerl, das uns unser Körper da bietet. Dafür muss man noch nicht einmal die Augen schließen. Es ist dieser besondere Moment, bei dem das Hirn freilich an, gleichzeitig aber auch aus ist. Niemals darf man den Film mit dem Tagtraum verwechseln – der nämlich findet bewusst statt. Wenn in einem ein Film läuft, merkt man das selbst nicht. Man könnte es auch Wahrnehmungsverschiebung nennen.

Manche Filme im Kopf können sehr schlimm für den Betroffenen wie für dessen Umfeld sein, vor allem dann, wenn sich die Vorführung einfach nicht mehr stoppen lässt, etwa bei einem ernsten Verfolgungswahn. Von solchen Horrorfilmen aber soll hier nicht die Rede sein.

Ich meine eher diese angenehmen Filme, die sich ab heute wieder auf der Wiesn erleben lassen. Zurecht beschreiben schließlich manche das Wiesnbier als psychedelisch, bewusstseinserweiternd. Ich zum Beispiel habe im Bierzelt manchmal ein besonders weites Bewusstsein für resche Damen. Das heißt keinesfalls, dass ich grabsche oder anstarre, pfui Teufel. Eher empfinde ich die Blicke der Damen als besonders interessiert an mir, was ja durchaus seine Berechtigung hat.

Überhaupt ist das Oktoberfest ein einziger Film, der gemeine Münchner dazu bewegt, sich zwei Wochen wie ein Schauspieler in seinem Leben zu fühlen. Der Regisseur ist das Fest auf der Theresienwiese, es lenkt und macht Vorgaben. Wie jeder Schauspieler hasst man seinen Regisseur manchmal, in jedem Fall braucht man ihn und meistens liebt man ihn auch für die gute Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit zwischen mir und der Wiesn – Sie ahnen es – war immer großartig, auch wenn ich manchmal meinen Text vergessen hab. Das aber lag an der fünften Maß Bier und somit irgendwie auch am Regisseur.

Offensichtlich sehr gute Zusammenarbeit hatten einmal mehr die Schauspieler Nemec und Wachtveitl und Fitz mit ihrem Regisseur. Das Ergebnis kann man am Sonntag, den 23. Oktober, im Fernsehen sehen – als echten Film: „A gmahde Wiesn“ spielt auf der Wiesn, bevor die Wiesn losgeht. Verwirrend? Nein, recht unterhaltsam und gewohnt ironisch überzogen klären die „Tatort“-Kommissare Batic, Leitmayr und Menzinger den Mord an einem Münchner Stadtrat auf und ermitteln im Sumpf der Schausteller und Wiesnwirte. Der perfekte Einstieg für alle, die den Start ihres persönlichen Wiesnfilms heute (bewusst) verpassen. Zuschauen ist eben auch eine nicht ganz schlechte Fähigkeit unseres Körpers. Wer dann noch Freiraum im Kopf hat, dem sei übrigens „Bierkampf“ von Herbert Achternbusch empfohlen, ein großartig-absurder Film über den Wiesnfilm im Kopf diverser Wiesngänger. Verwirrt?

Artikel vom 20.09.2007
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