Stadt bestätigt Probleme bei Plänen für die Schwabinger Werkbund-Siedlung

Schwabing-West · Cannelloni statt Spaghetti

Luftig, innovativ, poetisch – doch anscheinend zu teuer: Die Pläne für die Werkbundsiedlung an der Infanteriestraße.   Foto: Werkbund

Luftig, innovativ, poetisch – doch anscheinend zu teuer: Die Pläne für die Werkbundsiedlung an der Infanteriestraße. Foto: Werkbund

Schwabing-West · Die Pläne für die Werkbundsiedlung, die auf dem Grundstück der Luitpold-Kaserne an der Infanteriestraße entstehen soll, steht laut Auskunft der Stadt auf wackligen Beinen – vor allem aus finanziellen Gründen. 100 Millionen Euro sollte der Bau kosten. Jetzt fehlen einige Millionen – wegen unvorhersehbarer Baupreissteigerung in den vergangenen Monaten.

Vier von ursprünglich sieben Wohnungsbaugesellschaften sollen deshalb gar gegen die weitere Realisierung votieren. Dabei wollte der Deutsche Werkbund die geplanten 400 Wohnungen anlässlich seines 100-jährigen Bestehens dieses Jahr als Musterviertel für modernes Wohnen präsentieren.

Michael Hardi, Sprecher des Planungsreferats, macht keinen Hehl daraus, dass die Gespräche über die Werkbundsiedlung festgefahren sind. Auf dem Prüfstand stehe vor allem die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens, das noch vor kurzem als eine »Mustersiedlung der Zukunft« angepriesen wurde. »Der Entwurf wird überarbeitet«, sagt Hardi, und ergänzt: »Momentan kann man nicht absehen, wie die Zukunft der Siedlung aussieht.« Nur so viel steht fest: Die Stadt als Eigner des Grundstücks und der Werkbund als Planer wollen sich noch diesen Monat zusammensetzen und kritisch über die weiteren Pläne für die Wohnsiedlung auf dem Gelände der ehemaligen Luitpold-Kaserne beraten. Vom Werkbund, im Jahr 1907 in München gegründet, um die Qualität der Alltagskultur im Zusammenwirken von Kunst, Industrie und Handwerk zu steigern, war trotz mehrmaliger persönlicher Anfrage der »Schwabinger Seiten« keine Stellungnahme zu bekommen. Ein Zeichen dafür, wie kippelig das Bauprojekt dasteht?

Der Entwurf des Japaners Kazunari Sakamoto, für den sich die Stadt entschieden hatte, sah eine Siedlung der Superlative vor, wie sie einmalig in Europa sein sollte: Das Areal sollte wie ein wogendes Feld aus Hochhäusern, Pavillons und japanisch aussehenden so genannten »Punkthäusern« aussehen, und somit eine »innovative Vision« aus 40 Einzelhäusern mit vier, acht und elf Geschossen darstellen. All das sollte wie eine Skulptur in den Himmel ragen, bestehend aus schlanken »Wohntürmen«, die so luftig und großzügig gestaltet werden sollen, dass »reinste Poesie« entsteht, wie Insider schwärmen.

Poetisch klingen diese Pläne in der Tat – doch scheinen sie schwer durchführbar zu sein: Den Planern bereiten seit Monaten vor allem die Baukosten und der Energieverbrauch der Siedlung Kopfschmerzen. Aus der »Spaghetti«- drohe daher eine »Cannelloni«-Lösung zu werden, wie bereits geunkt wird: Denn um mehrere Wohnungen pro Etage unterzubringen und damit die Wirtschaftlichkeit herzustellen, müssten die Türme deutlich in die Breite wachsen, was dem Ensemble den ursprünglich anvisierten Charakter nehmen würde. Aber auch baurechtliche Probleme tun sich auf: So sind etwa Fragen nach den Abstandsflächen zwischen den Gebäuden sowie nach dem Lichteinfall und der Erschließung noch nicht geklärt.

Alles Fragen, über die die Verantwortlichen bald werden brüten müssen. Und die vermutlich die 100-jährige Geburtstagsfeier des Deutschen – und zugleich die 60-Jahr-Feier des Bayerischen Werkbundes mit Sitz in der Schwabinger Seidlvilla – am 13. Mai empfindlich stören könnten. Rafael Sala

Artikel vom 08.05.2007
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