„Jetzt kann nur Petrus helfen“: Bergbahn-Betreiber hoffen auf Schnee und Kälte

München/Freimann · Deutschland – kein Wintermärchen

Von solchen Stunts können Oberbayerns Snowboarder in diesem Jahr bislang nur träumen.Foto: Thomas Plettenberg

Von solchen Stunts können Oberbayerns Snowboarder in diesem Jahr bislang nur träumen.Foto: Thomas Plettenberg

München: 16 Grad, vier Grad in den Alpen – auf 2.000 Metern Höhe, braune Hänge und in den Mittelgebirgen sogar weniger Schnee als im vergangenen Juni. Igel verzichten auf Winterschlaf, Menschen auf Bommelmützen. Deutschland – ein Wintermärchen? Für Sonnenanbeter – ja. Skifahrer dagegen, denen ihre Bretter die Welt bedeuten, können dem bisherigen Winterwetter-Verlauf nichts Positives abgewinnen. Dabei wurde München gerade zum Skiort erhoben.

Skifahren in Fröttmaning

An 151 Tagen sind Oberbayerns Skifahrer im vergangenen Winter die hiesigen Hänge hinunter gerutscht; die Saison hatte bereits am 17. November begonnen. „Eine ähnliche Bilanz können wir in diesem Jahr gar nicht mehr schaffen – selbst, wenn es gleich morgen zu schneien begänne“, bedauert Manfred Küpper, Pressesprecher von Alpen Plus, Deutschlands größtem Skipass- und Bergbahnverbund, zu dem 75 oberbayerische und Tiroler Bergbahnen zählen.

Gar nichts geht bisher für Skifahrer auf hiesigen Bergen, die obersten Zugspitz-Gipfel mal ausgeklammert – entsprechend schlecht ist die Stimmung bei den Betreibern von Skiliften, -schulen und -verleihen, bei Hüttenwirten und Hoteliers. „Das ist ja klar: Sie alle haben trotzdem Kosten, sie müssen investieren und Löhne zahlen.“ Und auch die Kunden, die Skipässe für die ganze Saison gekauft hatten, seien mehr als unzufrieden. „Das ist kein Wunder. Aber wir können nicht zaubern.“ Nicht einmal Kunstschnee bleibe bei den unwinterlich warmen Temperaturen liegen: „Jetzt kann nur Petrus höchstpersönlich helfen“, so Küpper.

Ein schwacher Trost sei, dass auch bei der Konkurrenz, in österreichischen und Schweizer Ski-Orten, kein Schnee läge: „Derzeit sind wir mit den Schnee-Riesen auf Augenhöhe – es trifft jetzt alle.“ Aber: Der Winter sei ja noch nicht vorbei. In der Saison 2002/03 etwa fiel ebenfalls verspäteter Schnee – erstmals am 17. Januar. „Ich glaube jedenfalls nicht daran, dass die globale Klima-Erwärmung Schuld ist an dem milden Wetter“, sagt Küpper. „Ältere Leute können sich beispielsweise an Winter erinnern, in denen gar kein Schnee lag. Es gab eben immer wieder mal mildes Wetter – das ist nichts Neues.“ Und wer weiß: vielleicht hält der Winter, sollte er denn noch kommen, so lange wie im vorigen Jahr: da konnte man bis in den April hinein Ski fahren.

Das scheint auch die Stadt München zu glauben: Zumindest hat sie den frühlingshaften Temperaturen zum Trotz in dieser Woche grünes Licht für ein städtisches Skigebiet gegeben! Zwei Schlepplifte sollen Wintersportler auf den Fröttmaninger Müllberg hinauf ziehen, Beschneiungsanlagen sollen für 30 Zentimeter Schnee sorgen, Flutlicht soll Nachtläufe ermöglichen.

Axel Müller, Vorsitzender des Skiverbandes München, hatte im vergangenen März einen entsprechenden Antrag im Rathaus eingereicht. Allerdings musste er ein wenig von seinem Ursprungs-Plan lassen: „Wir wollten eigentlich einen Sessellift installieren“, sagt er. Der Stadt allerdings sei das gesamte Projekt „so exotisch“ vorgekommen, dass es vorerst bei den zwei provisorisch aufgebauten Schleppliften bleiben müsse. Eine weitere Bedingung der Stadt: der Sport müsse im Vordergrund stehen – die Münchner Piste darf sich nicht in eine Event-Arena verwandeln.

Drei bis vier Wochen jedenfalls dürfen hiesige Brettlfans noch in diesem Winter den Nordhang des 80 Meter hohen Müllbergs, eine insgesamt 250 Meter lange Piste, hinunterwedeln. „Der Hang ist so steil, dass wir ihn als rote Piste ausweisen müssen“, erzählt Müller. Die Talstation wird zwischen der alten Fröttmaninger und der modernen Kunstkirche liegen. Der ganze Spaß kostet die Stadt übrigens keinen Cent: Der Skiverband hat Sponsoren für die Lifte, die Beschneiung und das ganze Drumherum organisiert. Und auch für die Skifahrer bleibt’s erschwinglich: Eine Ab- beziehungsweise Hinauffahrt kostet 60 Cent, in den Abendstunden 90 Cent.

Was nur mehr fehlt, sind auch hier die nötigen Minusgrade. Müller: „Wir brauchen circa sechs bis sieben Tage, um die Piste vernünftig zu beschneien: Voraussetzung hierfür aber ist Kälte. Und am besten wäre es, wenn der Frost jede Menge Naturschnee mitbringt.“ Wenn es aber nichts mehr werden sollte mit dem Winter in diesem Jahr, werde nicht mit aller Gewalt versucht, eine „halbscharige“ Piste zu installieren: In diesem Falle würde Müller darauf hoffen, auch im kommenden Winter die Genehmigung für eine Ski-Gaudi in Fröttmaning zu bekommen – er hofft sogar darauf, dass der Skiberg zur festen Einrichtung wird: „München hat eh nicht viel für Wintersportler zu bieten“, sagt er. „Ein kleines Skigebiet würde der Stadt durchaus gut zu Gesichte stehen.“ Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 11.01.2007
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