Moosacher Polizei: Vor allem die Jugendgewalt ist »Besorgnis erregend«

Wie sicher ist Moosach?

»Oft verletzt und blutend«: Prügeleien unter Jugendlichen sind in den vergangenen Jahren auch in Moosach härter geworden. Illustration: Clash

»Oft verletzt und blutend«: Prügeleien unter Jugendlichen sind in den vergangenen Jahren auch in Moosach härter geworden. Illustration: Clash

Moosach · Klaus Kellerer ist ein gestandener Polizist. Nach mehr als drei Jahrzehnten im Dienst ist ihm kein Verbrechen mehr fremd. Dennoch aber gibt es Dinge, die auch ihn beunruhigen: »Der Vandalismus und die Gewalt unter Kindern und Jugendlichen sind Besorgnis erregend«, sagt der Leiter der PI 44, der Polizeiinspektion, die in Moosach für Recht und Ordnung sorgt.

Im günstigsten Fall geht es dabei »nur« um Vandalismus, also um demolierte Telefonzellen oder Bushaltestellen. Aber vor allem körperliche Gewalt gegen Personen sei laut Kellerer ein »Phänomen unserer Zeit«. Wobei eine Prügelei unter Jugendlichen für ihn zunächst nichts Bemerkenswertes sei – »machen wir uns nichts vor, das gab’s genauso, als wir jung waren.« Was den 52-jährigen Polizisten aber erschreckt, ist das heutige Ausmaß der Gewalt bereits unter Kindern: »Als junge Burschen sind wir nach einer Auseinandersetzung nach Hause gegangen, und damit war’s das.« Heute aber kämen Jugendliche von einer Rauferei oft verletzt und blutend zu ihren Eltern – »drunter geht’s scheinbar nicht«. Immer wieder mussten Kellerer und seine Kollegen in den ersten neun Monaten dieses Jahres solche Fälle aufnehmen, besonders oft rund um den Brennpunkt Lauinger Straße.

Doch auch die Polizei kenne nur einen Ausschnitt der Realität, sagt der PI-Chef. Denn nur die Vorfälle, von denen die Beamten erfahren, kommen in die Statistik. Wenig beruhigend, aber immerhin: Gegenüber dem Vorjahreszeitraum haben diese Vorfälle leicht abgenommen, ein Minus von 15 Prozent bei Gewaltdelikten im Bereich seiner Polizeiinspektion vermeldete Kellerer auf der Moosacher Bürgerversammlung im Schulzentrum an der Gerastraße.

Auch andere Tatbestände seien in den ersten neun Monaten dieses Jahres zurückgegangen: Knapp ein Drittel weniger Autoeinbrüche mussten Kellerers Beamte zu Protokoll nehmen. Dabei sind neben dem Klassiker Autoradio besonders Navigationssysteme immer häufiger das Ziel von Langfingern.

Sehr erfreut zeigte sich Kellerer davon, dass die Zahl der Straftaten mit sexuellem Hintergrund um die Hälfte zurückgegangen sei, leider waren bisher dennoch zwei Vergewaltigungen und vier Exhibitionisten im Einsatzgebiet der PI 44 zu verzeichnen. All diese Zahlen, darauf verweist Kellerer ausdrücklich, seien jedoch nur ein vorläufiger Trend: eine endgültige Kriminalstatistik könne es erst im nächsten Jahr geben. Diesem vorläufigen Trend zufolge gab es allerdings relativ viele Wohnungseinbrüche in Moosach, bis September 2006 wurden 35 Prozent mehr registriert als im Vorjahreszeitraum.

Dabei sei die für die herbstliche Dämmerungszeit typische Zunahme bislang ausgeblieben, besonders häufig schlugen die Diebe in Frühjahr und Sommer zu. Offenbar allerdings wird die Stadt häufiger von Einbrecherbanden überrollt, die die Polizei als »Einbrecher südlichen Typs osteuropäischer Herkunft« bezeichnet.

So stammten auffällig viele der in diesem Jahr dingfest gemachten Einbrecher aus dem in Sicherheitskreisen berüchtigten »Camp Polygon« in der Nähe von Straßburg. Dieses ist schon lange bekannt, neu ist aber, dass die Camp-Bewohner ihre Streifzüge bis nach München und sogar nach Wien ausdehnen.

»Die vermehrten Einbrüche sind kein Moosacher Phänomen«, so Kellerer, sondern »in ganz München zu beobachten«. Er rät allen aufmerksamen Bürgern, in Verdachtsmomenten umgehend die Polizei zu alarmieren, um den Verbrechern das Handwerk legen zu können. Ein beherztes »Sie, ich hol gleich die Polizei!« würde die Ganoven dagegen nur warnen und ihnen die Flucht ermöglichen.

Bei den 519 Verkehrsunfällen im Bereich der Polizeiinspektion 44 gab es rund 200 Verletzte, 114 Trunkenheitsfahrten stoppten die Beamten. Ein 45-jähriger Autofahrer musste eine Fahrt mit überhöhter Geschwindigkeit in der Max-Born-Straße mit dem Leben bezahlen. Doch auch bei Unfällen mit glimpflicherem Ausgang sei eines besonders beschämend, so Kellerer: »Bei mehr als der Hälfte aller Unfälle wird Fahrerflucht begangen!«

Ein trauriges Kapitel bleiben Trickbetrüger, die besonders Senioren hereinlegen: Erst am vergangenen Samstag wurde eine Rentnerin in der Nähe ihrer Wohnung in Moosach von einem unbekannten Mann angesprochen. Er gab vor, von den Stadtwerken zu kommen, da die Rentnerin mit Zahlungen in Höhe von 270 Euro im Rückstand wäre. In ihrer Wohnung händigte die Seniorin dem Fremden 300 Euro aus. Mit dieser Tatbeute verließ er die Wohnung und flüchtete in unbekannte Richtung. Die Geschädigte wartete im Treppenhaus vergebens auf die Rückkehr des Mannes, der versprochen hatte, Wechselgeld zu holen.

Unbekannte, die um ein Glas Wasser bitten, oder falsche Kriminalbeamte und Stadtwerkemitarbeiter gebe es immer wieder, sagt Kellerer. Er rät, sich stets den Dienstausweis zeigen zu lassen. »Mitarbeiter der Polizei oder der Stadtwerke wissen um die Problematik und haben immer Verständnis dafür, wenn man sie eher zu oft als zu selten fragt, woher sie kommen.« Und gegenüber Unbekannten solle man im Zweifelsfall lieber auch mal unfreundlich sein und sie abweisen, als hinterher beraubt worden zu sein. Gecko Wagner

Artikel vom 07.11.2006
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...