»The Tent« beherbergt in den Kirschen bis zu 500 junge Rucksack-Touristen

Moosach · Nach der Wiesn ins Zelt

»Insgesamt eine tolle Stimmung«: Das Jugendcamp des Kreisjugendring München-Stadt beherbergt täglich bis zu 500 junge Wiesn-Touristen. Foto: Olaf Schäfer

»Insgesamt eine tolle Stimmung«: Das Jugendcamp des Kreisjugendring München-Stadt beherbergt täglich bis zu 500 junge Wiesn-Touristen. Foto: Olaf Schäfer

Moosach · Seit eineinhalb Wochen hat Nina Beck nur ein Bedürfnis: Schlafen, Schlafen, Schlafen. Frühschicht, Spätschicht, Nachtschicht – alles geht in diesen Tagen quer durcheinander. Denn das beliebte Münchner Jugendcamp »The Tent« im Kapuzinerhölzl, Becks Arbeitsstätte, platzt zurzeit aus allen Nähten: Seit Wiesnstart schlagen dort täglich 300 bis 400 jugendliche Rucksack-Touristen ihre Zelte auf.

»So gut besucht waren wir heuer nur noch während der Fußball-WM«, sagt Beck. Eine schöne Bilanz eigentlich – wären da nicht die Probleme mit unliebsamen Gästen.

Täglich bei Sonnenuntergang wird auf der großen Wiese in den Kirschen 30 ein Lagerfeuer entfacht. Bis ein Uhr nachts sitzen Jugendliche aus aller Herren Länder um das Feuer herum, sie ratschen und trinken in gemütlicher Runde. »Insgesamt herrscht eine tolle Stimmung hier«, lobt Beck.

Irgendwann aber kommen die Ausreißer: »Es sind nur wenige, aber die können halt ganz schön Lärm machen«, sagt sie – und seufzt. 500 Meter vom Camp entfernt hält die Linie 17. Sie kommt vom Hauptbahnhof, und bringt bis Mitternacht jede Menge Jugendliche, die von der Wiesn kommen. Viele sind ziemlich angetrunken, und köpfen im »Tent« die nächste Bierflasche, grölen – ihr persönliches Oktoberfest geht jetzt weiter. »Wir fordern sie natürlich auf, ruhig zu sein, aber oft ist nichts zu machen. Das ist wohl das Wiesn-Schicksal«, sagt Beck. »Aber da geht es ja nicht nur uns so: Es geht in diesen Tagen doch überall in München drunter und drüber.«

Außerdem gibt es im »Tent« ja vor allem die »anderen« Wiesn-Touristen, die das Klischee des ewigen Sauftouristen keineswegs erfüllen und Münchens »billigste und schönste Übernachtungsmöglichkeit« – wie das Camp auf seinen Internet-Seiten wirbt – nicht als 17. Wiesnzelt benutzen. Thomas Hayward und seine Freunde beispielsweise sind vor wenigen Tagen mit dem Fahrrad angereist – aus Großbritannien. Innerhalb der kommenden zwei Wochen wollen sie es bis nach Süditalien schaffen. »Das kriegen wir hin«, ist Hayward überzeugt. Er räkelt sich gerade vor seinem Zelt und wirkt noch etwas verschlafen an diesem frühen Morgen. Eigentlich hatten sie die Tour für August geplant, wollten sich dann aber das Oktoberfest nicht entgehen lassen. Aber von wegen Saufgelage: »Darauf haben wir keine Lust.« Die Stimmung im Camp begeistert sie: »Das ist Romantik pur«, schwärmt der junge Brite. »Und richtig schlimm stören uns die, die über den Durst trinken, nicht. Das gehört irgendwie dazu.«

Und so feiern die Vieltrinker-Gäste oft bis vier Uhr morgens. Nachbarn stören sich schon mal am nächtlichen Lärm – und am Müll auf den Gehsteigen. Bei der Geschäftsstelle des Bezirksausschusses Moosach (BA 10) indes sind noch keine Beschwerden eingegangen: »Ich glaube, bei den lärmenden Besuchern handelt es sich um eine Minderheit«, wie Mitarbeiter Michael Steiner sagt.

Und ohnehin werde es gleich nach der Wiesn wieder ruhig in der Gegend: am 4. Oktober macht das »Tent« für dieses Jahr zu. »Schade irgendwie«, sagt Nina Beck – und freut sich zugleich auf jede Menge Schlaf. Rafael Sala

Artikel vom 26.09.2006
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