Albrecht Ackerland über Mini-München

„Da schau her“

Beinahe hätte sie mich von hinten umgemäht. Als ich mich umgedreht hab und grad losschimpfen wollte, lächelte sie mir entgegen. Ja, die Hilde. Kenn ich schon ewig, aber lang nicht mehr gesehen. Wie geht’s, was machst, das Übliche.

Einen Buam hat sie, und den hatte sie gerade zu „Mini-München“ gebracht, so erzählte sie. „Jetzt hörst aber auf! Wir sind hier in München, und mini sind wir nun wirklich nicht.“ Doch die Hilde klärte mich auf: Mini-München ist eine Stadt in der Stadt – nur für Kinder. Einen Bürgermeister gibt’s, ein Wirtshaus, Schreinerei, Gärtnerei, alles in mini. Manchmal sind 3.000 Kinder da in dieser Stadt. Wahnsinn!

Ich war neidisch, dass ich als Kind so etwas nicht hatte. Denn: eine Zeitung gibt’s auch, die „MiMüZ“. Weil ihr Bub da seit Tagen arbeitet, um sich seine MiMüs – die Währung am Ort – zu verdienen, hatte die Hilde auch eine Ausgabe dabei.

Großartiges wird da produziert – Umfragen zum Lieblingseis, Berichte von Streiks, Kampagnen gegen die Eltern. Das Beste aber war ein erfundenes Interview mit Pablo Picasso von zwei Zwölfjährigen. Besser kriegen das auch echte Hochglanz-Magazine nicht hin. Eine Hingabe liest sich da heraus, es ist eine Schau.

Jetzt freu ich mich, wenn der Papst bald nach München kommt. Weil ihn will ich dann fragen, ob er für mich nicht doch ausnahmsweise eine Wiedergeburt organisieren könnte. Damit er sieht, dass ich sie wirklich verdient habe, schreibe ich ihm ein paar Sätze, wie ich sie als wiedergeborener Sechsjähriger in der MiMüZ veröffentlichen würde:

Entlich 1mal schreibseln können wie ich wüll. Das ist so tüll. Aber für alles muzz es ja unbedingt regeln Gebön dass einen das Schreibseln machdmal gar nichd mehr spass Macht. Doch erst durch den spass aM Schreibseln hab ich des rumMachen mit der schbrache erscht riktig, gelernt. sährr Kuhl.

Artikel vom 10.08.2006
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen

• Münchner Wochenblatt / SamstagsBlatt (weitere Artikel)

Login