PSV-Sportlerin ist Kandidatin fürs paralympische Jugendlager

Moosach · Der anstrengende Weg nach Turin

»Die nächsten Wettkämpfe sind richtungsweisend«, sagt Nicola Salomon und hofft auf eine gute Tagesform. 	Foto: Marcus Meier

»Die nächsten Wettkämpfe sind richtungsweisend«, sagt Nicola Salomon und hofft auf eine gute Tagesform. Foto: Marcus Meier

Moosach · Auf den ersten Blick unterscheidet Nicola Salomon nicht viel von ihren Altersgenossen. Auf den zweiten Blick schon eher: Die 18-Jährige Sportlerin des PSV München in Moosach hat eine erhebliche Sehbehinderung und sie gehört zu den besten deutschen Sportlerinnen mit diesem Handicap.

»Eigentlich habe ich mich trotz meiner Sehbehinderung schon immer gern bewegt« erzählt die in Erding geborene Sportlerin. »Auf der Sehbehindertenschule habe ich dann im Alter von 13 Jahren mit der Leichtathletik angefangen«. Was ganz sporadisch begann, wurde aufgrund des Talents und Trainingsfleißes mit der Mitgliedschaft beim PSV München bald zum festen Lebensbestandteil. »Sport beim PSV ist heute meine große Leidenschaft«, betont Nicola Salomon, die den späteren Beruf, Physiotherapeutin, ganz bewusst wegen seiner Nähe zu ihrem Hobby gewählt hat.

Beim PSV leitet Anne Heinzl die Abteilung Behindertensport und entdeckte und förderte Nicola Salomon. »Nicola war schon als Jugendliche sehr zielstrebig und hoch motiviert. Das macht es einer Trainerin natürlich leicht«, berichtet sie nicht ohne Stolz über ihren Schützling. Immer den Spaß im Vordergrund ist das Nachwuchstalent heute in seiner Wertungsklasse »ganz nebenbei« zweifache deutsche Jugendmeisterin – in völlig unterschiedlichen Sportarten. Zunächst wäre da die Leichtathletik. Hier ist Nicola Salomon amtierende Deutsche Juniorenmeisterin über 100 Meter Sprint. In 14,28 Sekunden setzte sie sich im Sommer 2005 gegen die gleichermaßen gehandicapte Konkurrenz durch. Doch wie kann sie mit gerade mal 20 Prozent Sehrest die Laufbahn erkennen? »Schnurgerade verläuft mein Sprint vielleicht nicht«, erläutert die Sportlerin, »mein Betreuer steht am Ende der Bahn und gibt lautstark Kommandos.« Im Klartext heißt das, Nicola Salomon orientiert sich vorwiegend an der akustischen Leitlinie, die ihr die Zurufe »zeichnen« – und läuft somit wahrscheinlich etwas mehr als die »direkten« 100 Meter. Ihr zweites Leichtathletik-Steckenpferd ist der Weitsprung, wo sie als Bayerische Meisterin grüßt und ihr der Moment in der Absprungszone per Klatschen signalisiert wird.

Zum anderen holte sich die 18-Jährige im Winter 2004 in Finsterau auch den Deutschen Meistertitel beim Sieben-Kilometer-Skilanglauf. Hier wird sie auf der Strecke von einem normalsichtigen Läufer begleitet, der einige Meter vor ihr fährt und den Loipenverlauf schildert. Ein solchen Läufer zu finden ist gar nicht so leicht, schließlich muss er konditionell mit Nicola mithalten können, damit sie ihre optimale Leistung abrufen kann. »Die Paralympics kommen für Nicola leider nicht in Frage«, erläutert Trainerin Anne Heinzl. »Gemäß der Statuten der Paralympics ist ihre Sehbehinderung – trotz aller damit verbundenen Probleme – nicht groß genug.« Mit ihrem Sehrest von 20 Prozent ist sie so in einer undankbaren »Grauzone«: zu viel Sehbehinderung für eine Chance bei den Olympischen Spielen, zu wenig Sehbehinderung für die Zulassung zu den Paralympics. »Unser Ziel sind daher die paralympischen Jugendlager, die im Rahmen der Paralympics stattfinden«, umreißt die Trainerin das nicht minder attraktive Ziel.

Ihre beiden vom Trainingskonzept stark abweichenden Sportarten haben Nicola Salomon Anfang des Jahres vor ein echtes Problem gestellt. Sie musste sich entscheiden: Entweder für das Jugendlager der paralympischen Winterspiele im März 2006 in Turin trainieren oder auf das Camp bei den paralympischen Sommerspielen 2008 in Peking setzen. Was tun? Sie besann sich auf ihren Namen, traf eine salomonische Entscheidung und trainiert seitdem für beide Wettkämpfe. In den nächsten Wochen heißt es Daumen drücken für die junge Münchnerin. Dann stehen die beiden Vorentscheidungen für das paralympische Jugendlager an. Ob es mit Turin klappt, entscheidet sich in Kürze bei den Europacup-Qualifizierungsläufen. »Ich sehe meine Chancen fifty-fifty«, gibt sich Nicola Salomon bescheiden und hat schon eine Perspektive, sollte es mit den Winterspielen 2006 nicht mehr klappen: »Dann probiere ich’s mit Vancouver im Jahr 2010.« Marcus Meier

Artikel vom 01.03.2006
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