Jubiläumsjahr 2006: Bayerns sechseinhalb Könige machten 112 Jahre Monarchie

München - Drei Ludwigs, zwei Max’,

Er war der erste: König Maximilian I. von Bayern - ernannt 1806 vom Franzosenkaiser Napoleon. Abbildung: Scherf/Pfeufer

Er war der erste: König Maximilian I. von Bayern - ernannt 1806 vom Franzosenkaiser Napoleon. Abbildung: Scherf/Pfeufer

Vor 200 Jahren bekam Bayern seine Krone aufgesetzt. Am 1. Januar 1806 wurde Bayern vom Franzosenkaiser Napoleon zur Monarchie erhoben, wenige Tage später wurde aus dem Kurfürst Max Joseph der König Maximilian I. Sechs Könige oder anders ausgedrückt 112 Jahre lang dauerte die Epoche, die uns bis heute mit ihren märchenhaften wie skandalösen Lebensgeschichten bewegt mit unvergesslichen Namen und Orten wie Lola Montez, Neuschwanstein und Ludwig II.

738 Jahre haben die Wittelsbacher über Bayern geherrscht – zunächst als Herzöge und Kurfürsten und als wortwörtliche Krönung von 1806 bis 1918 schließlich als Könige. Der Startschuss zur bayerischen Monarchie fiel 1806 in den letzten Tagen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation: Bayern durfte sich dank Napoleon wegen seiner Bündnistreue Frankreich gegenüber fortan Königreich nennen. - Kurfürst Max Joseph wurde am 5. Januar zu Maximilian I. , König von Bayern.

Er war ein Glücksfall fürs Volk – und zeitlebens populär: „Vater Max“ und sein Ministerpräsident Graf Montgelas stießen Reformprozesse an, die immer noch die Grundlagen der bayerischen Verwaltung bilden. Ohne große Allüren regierte Maximilian I. und schuf 1818 eine bayerische Verfassung. Sieben Jahre später starb er im Schloss Nymphenburg. Sein Nachfolger Ludwig I. war ein Feingeist: Er parlierte auf Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch. Die griechischen und lateinischen Klassiker las er im Original. Es verging kaum ein Tag, an dem Ludwig I. kein Gedicht schrieb und auch ein großer Baumeister war dieser bayerische König: Die Walhalla und die Befreiungshalle bei Kehlheim hat er errichten lassen, ebenso die Glyptothek, die Pinakothek – und nicht zuletzt prägte er die Ludwigstraße mit seinen kleinen Palazzi in bester italienischer Tradition. Doch er investierte nicht nur seinen Hang zum Klassizismus, sondern auch in schöne Frauen: Ludwig I. finanzierte den aufwändigen Lebensstil seiner Mätresse Lola Montez, einer englisch-irischen Tänzerin mit andalusisch gefärbtem Lebenslauf. Ansonsten allerdings galt er als Geizkragen: sein Leben lang trug er den selben Hausrock.

Das Volk allerdings konnte wenig anfangen mit dem gebildeten Oberhaupt: Anstelle von Museen wollten die Bayern lieber Kasernen oder Krankenhäuser. In den wilden Jahren um 1848 reichte es den Münchnern dann – die Erhöhung des Bierpreises brachte das Fass schließlich zum Überlaufen: Sie trieben die „falsche Andalusierin“ aus der Stadt und Ludwig I., nicht bereit zu Kompromissen, warf das Handtuch: „Ich habe 23 Jahre als wahrer König geherrscht und soll jetzt noch ein bloßer Unterschreiberkönig sein“, klagte er. „Nein, das kann ich nicht.“ - Sein Sohn Maximilian II. – von 1848 bis 1864 an der Macht – galt hingegen als Wohltäter: Er war der erste König, der die Massenverelendung in Bayern erkannt hatte – und Wohltätigkeitsstiftungen sowie Armenhilfsvereine gründete. Ansonsten umgab auch er sich gerne mit Gelehrten und förderte begabte Studenten. Auch ein Prachtboulevard – die Maximilianstraße – ist auf seine Initiative hin entstanden. Doch nicht nur den Bildungsbürgern und dem reichen Volk widmete er sich: Maximilian II. förderte ländliche Traditionen wie Bierfeste und Schützensport. Allerdings: im Kontakt mit dem einfachen Volk wirkte Maximilian II. ebenso verkünstelt wie Edmund Stoiber im Trachtenanzug. 1864 starb er nach kurzer Krankheit – er wurde nur 52 Jahre alt.

Die folgenden Jahre bis 1886 gehörten dem Märchenkönig Ludwig II. Regierungsgeschäfte waren sein Ding nicht: Ludwig II. gab sich lieber seiner ruinösen Lust hin, Traumwelten in Form von Schloss Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee zu schaffen – und wenn er nicht so jung gestorben wäre, wäre Bayern heute vermutlich auch um chinesische Sommerpaläste und Burg Falkenstein reicher. Ludwigs einsamer Rückzug in seine steinernen Träume mögen aus Hirngespinsten resultieren – sie können aber auch Konsequenz aus der Enttäuschung über politische Rückschläge sein: Über die Niederlage von 1866 im Krieg gegen Preußen beispielsweise, über den deutsch-französische Krieg 1870/71 – und über den Verlust der Souveränitätsrechte.

Zu ihren Lebzeiten waren andere Könige bedeutsamer als Ludwig – auf die Nachwelt aber wirkt er wie kein anderer: Wie sonst hätte Rudolph „Mosi“ Moshammer als Boulevard-Ausgabe des Monarchen noch ein gutes Jahrhundert später für Furore sorgen können? Auch Ludwigs Schlösser werden noch Generationen von Bayern und Touristen zum Träumen bringen. Ein Jammer jedenfalls, dass es kein Happy End für den Märchenkönigs gab: das bayerische Kabinett hatte ihm die Bürgschaft für einen Kredit für weitere Prachtbauten verwehrt, er wurde entmündigt und nach Schloss Berg gebracht. Am 13. Juni 1886 ertrank er im Starnberger See. Ob es ein Unfall, Selbstmord oder Mord war – darüber ranken sich bis heute die Gerüchte. - Ludwigs geisteskranker Bruder Otto I., der eigentlich als Nachfolger bestimmt war, trat das Amt nie an: Prinzregent Luitpold regierte als sein Stellvertreter – und hatte als solcher einen schlechten Start: Teile der Bevölkerung hatten ihn für den Tod Ludwigs verantwortlich gemacht. Später allerdings machte der Prinzregent die bayerische Monarchie wieder populär – obwohl damals das Königreich ins Deutsche Reich von Kaiser Wilhelm eingegliedert wurde. Die Zeit unter Luitpold war dennoch letztlich eine Friedenszeit, in der „München leuchtete“. Er starb 1912. - Einen letzten Kini gab’s noch – auch, wenn die Regierungszeit des dritten Ludwigs arg kurz war – und mit einem Trick begonnen hatte: Da sein Vetter König Otto noch lebte, als Luitpold starb, konnte Ludwig III. erst nach einer Verfassungsänderung auf den Thron steigen. Bürgernah und unmilitärisch versuchte er in der Folge, die Eigenständigkeit Bayerns im Deutschen Reich aufrecht zu halten. Der Erste Weltkrieg aber überschattete seine Regierungszeit, die Bürger wurden unzufrieden, 1918 kam es zur Revolution. Als er in ihrem Zuge abgesetzt wurde, standen dem letzten bayerischen König keine Anhänger mehr zur Seite.

Wer wieder einen König will in Bayern, sollte übrigens die Bayernpartei wählen: Ein Teil ihrer Mitglieder plädiert regelmäßig dafür, Bayern doch wieder zum Königreich zu küren; der König allerdings solle nur repräsentative Aufgaben übernehmen – ähnlich dem der britischen Monarchie. Und auch in der frühen CSU gab es noch „royalistische“ Äußerungen. Nicht unverständlich: Schneidig, wenn auch gspinnert, war er ja schon, der Ludwig zwo. Auch die Affäre zwischen Ludwig I. und Lola Montez hatte definitiv mehr Unterhaltungswert als jede Anekdote aus Prinz Charles Beziehung zu seiner Dauergeliebten Camilla Parker Bowles.

Was dabei aber nicht vergessen werden darf: billig kommt einem Volk seine Monarchie meist nicht, wie man am Beispiel der britischen Royals sieht. Und die Bayernkönige taten sich nicht gerade als große Demokraten hervor – sie waren frömmelnd, oft menschenscheu und abgehoben, manchmal realitätsfern und egozentrisch. Aber das sind manche unserer gewählten Politiker ja auch. Von Nadine Nöhmaier

Artikel vom 12.01.2006
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