Bayern2Radio, 30. Oktober, 12.05 Uhr

München - „Nur Not gab es im Überfluss“

Der Schweizer Reporter Friedrich Brawand berichtete aus dem kriegszerstörten München. Fotos: privat

Der Schweizer Reporter Friedrich Brawand berichtete aus dem kriegszerstörten München. Fotos: privat

Wie ein Schweizer Radio-Reporter München in der Nachkriegszeit erlebt hat… Bayern2Radio sendet am Sonntag, 30. Oktober, ab 12.05 Uhr Originaltöne aus dem Jahr 1948 und Zeitzeugenerinnerungen. „Dass wir diese Tonaufnahmen überhaupt hören können, ist eine Sensation. Mehr als fünfzig Jahre lang lagen sie unbeachtet in einem Schweizer Schallarchiv, bevor sie den Weg zurück nach Bayern fanden”, erzählt Gerhard Brack, einer der beiden Autoren der Dokumentation.

Im Mai 1948, noch vor der Währungsreform, durchstreifte der Schweizer Radioreporter Friedrich Brawand München mit seinem Aufnahmegerät. Die Beobachtungen, die der Reporter aus der wohlgenährten Schweiz in der ausgehungerten und zerstörten Stadt gemacht hat, bieten ein authentisches Bild vom Leben nach dem Krieg. Jetzt wurden die Schellack-Platten bei einer Aufräumaktion entdeckt, und erstmals seit 1948 werden sie am Sonntag zu hören sein.

Überall ist das Mikrophon des Reporters dabei: Die Buchhandlung am Marienplatz organisiert eine Tauschbörse, und wer einen Shakespeare kaufen will, muss dafür 60 Pfund Altpapier hinlegen. Die Zeiten sind schlecht, aber es gibt auch Wundermittel. Zum Beispiel im Kaufhaus Hertie, wo der Propagandist einen Metallbrei zum Kaltlöten anpreist: „Ich gebe Ihnen jede Garantie, dass Sie auf allen Töpfen, die Sie reparieren, kochen können. Sie können hier auch Wasserleitungsrohre, Dachrinnen und Ofenrohre flicken und es auch als Fensterkitt verwenden.“ Auch das Kaufhaus ist ein Tauschhaus; wer ein neues Kleid kaufen will, muss dafür zwei „zertrennte Kleider“ abgeben.

Unter dem Titel „Nur Not gab es im Überfluss“ spiegeln die Autoren Gerhard Brack und Anton Rauch in der Reihe „Zeit für Bayern“ die wiederentdeckten Schellack-Platten eines Alltags im kriegszerstörten Bayern mit Erinnerungen von Münchnern heute. Die Zeit vor der Währungsreform wird lebendig, eine Phase, noch bevor D-Mark und Wohlstand nach Bayern gekommen sind und das Wirtschaftswunder am Horizont aufschien.

Artikel vom 27.10.2005
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