EHC übernimmt rote Laterne der Eishockey-Bundesliga

Der perfekte Fehlstart

Nicht immer so auf der Höhe wie hier, war auch EHC-Verteidiger Rich Bronilla gegen Tölz. Foto: dc

Nicht immer so auf der Höhe wie hier, war auch EHC-Verteidiger Rich Bronilla gegen Tölz. Foto: dc

„Wenn wir heute bis drei Uhr nachts weitergespielt hätten, hätten wir vielleicht mal getroffen“ – „Na, des hätt’ nie gereicht. Da hätten wir schon noch bis fünf in der Früh spielen müssen.“ Die Stimmung war gedrückt am vergangenen Freitag nach dem dritten Spiel des EHC München in der Eishockey-Bundesliga. Gerade hatten die Liga-Neulinge völlig verdient mit 2:0 verloren im Kellerduell gegen den EC Bad Tölz und die oben beschriebene Unterhaltung zwischen Stadionsprecher Stefan Schneider und dem EHC-Vize Theo Wagner symptomatisch für die Atmosphäre im VIP-Raum des Olympia-Eisstadions.

Ein wenig niedergeschlagen und ratlos sind sie alle. Nach zwei mehr als unglücklichen Niederlagen in den ersten beiden Spielen, hatten die EHC-Cracks in ihren Wiesn-Trikots gerade eine richtig indiskutable Leistung hingelegt. Über sechzig Minuten lang hatten die sonst erfrischend spielenden Stürmer kaum eine richtige Torchance hinbekommen, sogar nicht, als die Tölzer im Schlussdrittel fast permanent in Unterzahl spielen mussten.

Genauso desolat wie das Überzahlspiel war allerdings auch das Unterzahlspiel der Münchner, bei der außer vielleicht dem Ex-Tölzer Floppo Zeller niemand seine Normalform abrufen konnte. Über weite Strecken des Spiels sahen die EHC-Cracks so aus, als ob sie ihren zum ersten Mal angezogenen Wiesn-Trikots mit aufgedruckter Lederhosen-Optik alle Ehre machen wollten. Sie torkelten mehr über das Eis, als dass sie ordentlich Schlittschuh fuhren. An allen Ecken und Enden fehlte der Mannschaft ein lenkender Kopf. Jemand, der diese Rolle normalerweise bestens ausfüllt, ist Abwehrchef Mike Burman. Der Kanadier wird der Mannschaft aber wegen einer Wirbelverschiebung noch einige Wochen fehlen. Ebenfalls angeschlagen, aber trotzdem gespielt gegen Tölz hat dagegen Rich Bronilla. Allerdings höchstens mit der Hälfte seines normalen Leistungsvermögen. Und zwei, die dem EHC in der Abwehrmisere vielleicht hätten helfen können, durften nicht ran: Ferdinand Zink (19) saß nur auf der EHC-Bank. Coach Gary Prior hält ihn den Anforderungen der Bundesliga noch nicht gewachsen. Auch auf der Bank saß Bastian Steingroß. Allerdings auf der Ingolstädter. Der Förderlizenzspieler bekam, trotz mehrfacher Bitten, keine Freigabe für den EHC.

Entsprechend geladen war nach dem Spiel Coach Gary Prior. Hatte er sich das Gegurke seines Teams während des Spiels noch relativ unbeteiligt angesehen, setzte es später einige verbale Watschn: „Éin paar Spieler haben noch nicht kapiert, dass man in dieser Liga ohne Kampf nur untergehen kann. Hier wird keiner für’s schön spielen bezahlt. Man kann verlieren, aber die Einstellung muss stimmen und heute hat sie das nicht.“ Auch die Münchner Fans in der mit 1523 Zuschauern (davon rund 300 Gästefans) nur mäßig gefüllten Eishalle waren mit der Leistung des EHC nicht zufrieden. Bereits zum Mitte des ersten Drittels erschallten die ersten Pfiffe aus der Nordkurve. Unzufrieden mussten die Fans aber auch wirklich sein. Schließlich hatten sie vor dem Spiel die Tölzer mit einem etwas provokanten Spruchband empfangen: „Willkommen in der großen Stadt. Heute machen wir euch platt“, war da zu lesen. Das waren am Ende aber nicht nur die Münchner Spieler, sondern auch die am Ende gespenstisch leise Nordkurve wurde von den Tölzern Anhängern zumindest akustisch platt gemacht.

Besser war die Stimmung zwei Tage später unter den Fans, die per Bus zum Auswärtsspiel nach Straubing mitgefahren waren. Zwar wurde auch dieses Spiel verloren (1:3), aber die Mannschaft hatte die Handbremse gelöst. Und vor allem: Sie kämpfte! Und solange das noch so ist, ist noch nichts verloren beim EHC. Filippo Cataldo

Artikel vom 26.09.2005
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