Flimmern und Rauschen im TV hat ein Ende

München · Auch Tante Fridas Antenne reicht

Am 30. Mai beginnt eine neue Ära für Münchens Fußballfans: Mit dem Spiel 1860 München gegen den 1. FC Nürnberg wird die Allianz-Arena offiziell eröffnet. Und noch ein weiteres Zeitalter beginnt an eben diesem Tag: Am 30. Mai fällt in München der Startschuss für das digitale Fernsehen über Antenne, auch genannt „Digital Video Broadcasting – Terrestrial“ (DVB-T).

Diese technische Neuerung wird das analoge Fernsehen in München und in weiten Teilen Südbayerns ersetzen. Allein die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten werden noch bis zum 31. August 2005 ihre Programme weiterhin auch analog ausstrahlen. Und weil es ein willkommener Zufall ist, dass der Beginn zweier neuer Zeitalter auf einen Tag fallen, will Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber beim Fußball per Knopfdruck die neue TV-Ära symbolisch einleiten.

Während sich für Kabel- und Satelliten-Gucker erst einmal nichts ändert, hat Stoibers Knopfdruck Konsequenzen für alle Münchner Haushalte, die ihre Programme bisher über eine Zimmer- oder Dachantenne empfangen haben. Wer sicherstellen will, dass er am 30. Mai nicht in die Röhre guckt, sondern den Ministerpräsidenten und die Fußballer über seinen Bildschirm flimmern sieht – der sollte prüfen, ob er seinen Fernseher mit neuer Technik aufrüsten muss. Denn: Omas klappriges Antennen-Metall-Gerippe braucht jetzt ein neues, digitales Gewand.

Zurzeit empfangen 13 Prozent der Münchner Haushalte ihre Fernsehprogramme via Hausantenne – Tendenz fallend. Die mangelnde Attraktivität analoger Sendetechnik – sprich das Flimmern und Rauschen - im Vergleich zum Empfang über Kabel oder Satellit ist auch der Grund, warum die Technik modernisiert wird: „Analoges Antennen-Fernsehen wird vom Nutzer kaum mehr wahrgenommen“, glaubt Veit Olischläger, Projektkoordinator im Büro DVB-T Bayern. „Daher musste man sich entscheiden: Lässt man diese Technik aussterben, oder modernisiert man sie grundlegend?“ Vor allem, weil die neue digitale Technik problemlos aufzurüsten sei und weil weiterhin ein „Wettbewerb der Verbreitungsmöglichkeiten“ gewünscht sei, haben sich sämtliche Programmanbieter entschieden, das Antennen-Fernsehen zu „revolutionieren“.

Und daher schaut Fernsehen über Antenne ab 30. Mai folgendermaßen aus: „In München werden 24 statt bisher zehn Programme zu empfangen sein“, so Olischläger. „Und zwar im rauschfreien Zustand: Die Bild- und Tonqualität wird durch DVB-T deutlich besser sein.“ Die größte Neuerung aber liege weniger in den eigenen vier Wänden als im mobilen Bereich: Denn egal, ob über einen tragbaren Mini-Fernseher, im Auto oder gar auf dem Handy – DVB-T ist das so genannte „Überall-Fernsehen“ und wird somit auch im Englischen Garten oder am Ufer eines Badesees möglich sein. Fernsehen in der freien Natur? „Ich bin sicher, dass viele Leute das nutzen werden“, so Olischläger ganz technikverliebt. Für den neuen Freizeitspaß werden in Kürze, so seine Prognose, neue tragbare Endgeräte oder Laptops, die Fernsehsignale empfangen, auf den Markt kommen. „Da wird sich einiges tun.“

Vom Analog-Fernsehen zur digitalen DVB-T-Technik aufzurüsten – das sei nicht schwierig, es sei sogar „Tante-Frida-kompatibel“, wie das Computer-Magazin „CT“ schrieb. Was ein Hausantennen-Besitzer hierfür lediglich braucht, ist eine so genannte Set-Top-Box für rund 100 Euro, die – ähnlich der vom Sender „Premiere“ bekannten D-Box – das digitale Signal übersetzt. Diese Übersetzerbox wird einerseits mit dem Antennenanschluss und andererseits dem alten Fernseher verkabelt. Per Fernbedienung dann den automatischen Sendersuchlauf starten – dann kann der Münchner TV-Junkie wieder bis zum Umfallen glotzen: Nach wenigen Minuten liefern die neuen digitalen Kanäle das rauschfreie, erweiterte Programm.

Wer allerdings mehrere Fernseher und Rekorder im Haushalt hat, braucht für jeden einzelnen einen neuen Receiver – und das kostet. Jeder Nutzer sollte sich also durchrechnen, ob er bereit ist für diese Ausgaben – oder ob es sich lohnt, sich besser eine Satellitenschüssel anzuschaffen oder ins Kabelnetz zu wechseln.

Jedenfalls: Nach der Anschaffung der Set-Top-Box, die übrigens jeder Mieter selbst zahlen muss, fallen keine zusätzlichen Kosten an. „In Einzelfällen kann es zwar vorkommen, dass die Dachantenne wegen des Digitalfernsehens neu ausgerichtet werden muss“, sagt Monika Schmid, Juristin beim Münchner Mieterverein. „Das müsste aber der Hauseigentümer bezahlen. Wichtig ist: Hierfür darf er die Miete nicht erhöhen.“

Dass die Umstellung quasi von heute auf morgen geschieht, hat handfeste Gründe: „Es gibt nicht genügend Fernsehkanäle für eine parallele Analog- und Digital-Ausstrahlung der terrestrisch verbreiteten TV-Programme“, so Olischläger. „Darüber hinaus wäre der so genannte Simulcast-Betrieb unwirtschaftlich und von den Programmanbietern nicht finanzierbar.“

Um das Digitalfernsehen überhaupt senden zu können, wurde Anfang April per Hubschrauber eine neue Antennen-Spitze auf dem Olympiaturm angebracht, ebenso sendet eine Antenne vom Wendelstein aus. Olischläger: „Damit ist München absolut perfekt versorgt“. Von Nadine Nöhmaier

  • Im hellgrünen Bereich genügt für den Empfang von DVB-T bereits eine kleine Zimmerantenne, die innerhalb wie außerhalb von Gebäuden aufgestellt werden kann.
  • Im mittelgrünen Bereich ist der Empfang innerhalb und außerhalb von Gebäuden nur mit einer außerhalb von Gebäuden platzierten kleinen Antenne möglich.
  • Im dunkelgrünen Bereich kann DVB-T nur mit einer Dachantenne empfangen werden.

Artikel vom 04.05.2005
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...