Albrecht Ackerland über „Die letzte Hülle”

München · „Da schau her“

Es war vor fünfzehn Jahren. Ich sag’s Ihnen: Was hab ich da den Fasching gehasst. Jedes Jahr wieder habe ich mir gedacht, zum Saufen hab ich noch nie einen Grund gebraucht, und wenn ich eine nähere Bekanntschaft mit einer Dame machen will, ja dann schau ich halt, dass eine Bekanntschaft zustande kommt. Da braucht es doch keine eigene fünfte oder sechste oder siebte Jahreszeit dafür, nur weil die Leute sonst so verklemmt und spießig sind, dass sie es im Kalender stehen haben müssen, wann Fasching ist.

Heute sehe ich das anders. Vielleicht liegt es am Alter, dass man plötzlich den Metzgerball im Bayerischen Hof für sich entdeckt oder den Hausball vom „Jagschlössl“ am Rotkreuzplatz.

Da freuen sich die Leute einfach noch, dass sie was zum Feiern haben, und dass so schön dekoriert ist, und dass „wir mal wieder so richtig ausgehen und es krachen lassen“. Wobei das „krachen lassen“ hier einen doppelten Obstler und dann noch einen bedeutet. Und gut is’.

Jetzt gehe ich zwar immer noch gern das ganze Jahr hindurch aus und feiere, wann ich Lust habe. Aber einen besonderen Spaß macht es schon, wenn man mit Leuten feiert, die sonst nicht feiern – oder die ihren Obstler sonst im Sitzen trinken und ohne Dekoration. So wie halt im „Jagdschlössl“.

Schade nur, dass für solche Faschingsbälle der Hinweis von der AIDS-Hilfe keine Rolle spielt. Auf die Toilette wird dort nämlich nur zum Bieseln gegangen, was eigentlich schade ist und auch gegen das Faschingsbrauchtum. Musste man doch früher in der Fastenzeit auch sexuell enthaltsam bleiben, deswegen ging’s auch besonders hoch her kurz vorm Aschermittwoch.

Also, der Hinweis: „Die fünfte Jahreszeit will und soll genussvoll sein, aber „Genuss ohne Reue” muss das Motto sein. Kondome schützen: Diese „letzte Hülle” einer Verkleidung sollte man nicht vergessen und auch am Fasching „nicht fallen lassen”.

So warnt die AIDS-Beratung. In Köln heißt diese Kampagne in diesem Jahr sogar „Wolle ma ihn rei’lasse?“ Die Gelegenheit zu einer solchen besonderen Verkleidung würde ich vielen wirklich von Herzen wünschen. Ich jedenfalls freu mich auf meine Verkleidung – heuer geh ich als Kardinal Ratzinger. Zum Hausball vom „Jagdschlössl“ genauso wie zum Kehraus ins „Holy Home“.

Artikel vom 03.02.2005
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