Großmutter statt Fernsehen

Moosach · Am vergangenen Dienstag bekam das Tagesheim in der Dieselstraße Besuch von weit her: Patrick Addai aus Ghana hatte sich auf den Weg gemacht um den Kindern einen Nachmittag in die wunderbare Welt der afrikanischen Geschichten zu entführen.

Knisternde Spannung war in der ganzen Halle zu spüren, als Patrick Addai den Raum betrat. Fröhliche Augen blitzten den Kindern entgegen, und als er zu erzählen begann, wurde Afrika zur kreativen Wirklichkeit.

»In Afrika gibt es in vielen Dörfern keinen Strom, also auch kein Fernsehen. Aber es gibt die Großmutter, sie ist einfach Klasse, denn sie weiß Geschichten zu erzählen und damit Probleme des täglichen Lebens zu lösen.«

Mit treffender Pantomime und Stimmendouble waren plötzlich Löwen, Affen, Hasen und Spinnen im Mittelpunkt des Geschehens, als Addai die alten Geschichten seiner eigenen Großmutter erzählte. Eine afrikanische Trommel unterstützte ihn, und die Kinder konnten mitsingen und klatschen. Patrick Addai: »Singen und tanzen, damit kein Kind einschläft!«

Und so tanzten alle Kinder und die Eltern zu den afrikanischen Trommelklängen. Zum Schluss war dann noch Zeit, endlich alle Fragen zu Afrika zu stellen: »Gibt es in Afrika Schulen?« wollte die 7-jährige Kerstin wissen und alle interessierten sich für die Antwort: »Ja, sicherlich. Doch nicht alle Kinder können hingehen.« Die Kinder konnten sich schnell die Gründe dafür vorstellen: »Der Weg ist zu weit – die Kinder müssen arbeiten – die Mädchen sind beim Wasserholen...« »Habt ihr in Afrika auch den Euro?« fragte der 9 Jahre alte Patrick und Meltem (6 Jahre) wollte wissen, warum seine Haut so schwarz ist. »Na, du weißt doch, in Ghana scheint die Sonne ständig, wenn ich so helle Haut wie du hätte, dann müsste ich mich den ganzen Tag mit Sonnencreme einschmieren, das ist einfach lästig und wahrscheinlich viel zu teuer!« Sven (6 Jahre) rief begeistert: »Das ist echt praktisch, wenn man schwarz ist!« So klärte es sich für Ali (9 Jahre) warum die Hände innen weiß sind und nicht schwarz.

Doch auch Lebensweisheiten und interkulturelle Kompetenz vermittelte Addai den Kindern. Was kann man aus dieser Geschichte lernen fragte er einmal und die Kinder hatten verstanden: »Eine Spinne ist eine Spinne, egal ob sie rot, gelb, weiß oder schwarz ist. Und ein Mensch...!«

Die Zeit flog dahin, über 170 Kinder und viele Eltern waren begeistert aber auch ein wenig traurig, dass der wunderbare Nachmittag so schnell vorbei war. Die Veranstaltung des Tagesheimes war eine Beteiligung des Schul- und Kultusreferates im Rahmen der Internationalen Erzähltage: Zuhören zwischen den Kulturen. Mitveranstalter für diese Tage sind der Ausländerbeirat, das Kulturreferat, die Stelle für Interkulturelle Zusammenarbeit und viele weitere Kooperationspartner.

Artikel vom 04.12.2002
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