Aktiv gegen drohende Schließung: Veranstaltung der SPD Berg am Laim

Wie geht’ s weiter mit der Stadtbücherei?

Die Berg am Laimer sind sich einig: Die Stadtbücherei in der Schlüsselbergstraße muss bleiben!

Die Berg am Laimer sind sich einig: Die Stadtbücherei in der Schlüsselbergstraße muss bleiben!

Draußen gießt es aus allen Kübeln, die Deutsche Nationalmannschaft bestreitet ihr erstes Länderspiel der Saison, doch die Leute im ochsenroten Tanzsaal der Taverne in der Bad-Kreuther-Straße beschäftigt etwas anderes: nämlich die drohende Schließung der Bücherei an der Schlüsselbergstraße.

Etwa 30 Bürgerinnen und Bürger folgten vor zwei Wochen der Einladung der SPD Berg am Laim unter dem Motto »Rettet die Stadtbücherei«, Ziel: Bilanz ziehen der bisherigen Aktionen und weiteres Vorgehen planen. Zwei Stadtteilbibliotheken sollen ja der fieberhaft ausgebrochenen Sparwut der Stadt zum Opfer fallen (der Haidhausener Anzeiger berichtete). Namen sind noch nicht bekannt.

Aber warum sprechen die Gerüchte von Berg am Laim und Ramersdorf? Womöglich wegen der Nähe zur Gasteig-Bibliothek. An geringen Ausleihzahlen z.B. könne es nicht liegen, so der Berg am Laimer SPD-Vorsitzende und Bezirksausschuss(BA)-Mitglied Robert Kulzer, »die Stadtteilbüchereien werden besser genutzt denn je«. Man habe sich »die zwei kleinsten Bibliotheken herausgepickt«, das möchte Nadja Hirsch in den Rathausfluren gehört haben. Die Berg am Laimerin ist Stadträtin für die FDP. Sie engagiert sich für den Erhalt der Bücherei, »weil ich da auch immer rein gegangen bin«, erzählt die Studentin. Der Protest gegen die Schließung verbindet alle, auch über Parteigrenzen hinweg.

Denn es handle sich um eine Grundsatzentscheidung. »Wir müssen jetzt aktiv werden und Druck machen, wenn wir noch was bewegen wollen«, ruft Kulzer und piekst entschlossen in seine gefüllten Weinblätter. Solidarität an allen Fronten ist auch nötig. Bereits Ende Juni hatte der BA Berg am Laim eine Eilanfrage an die Stadt gerichtet. »Bis heute haben wir von den Entscheidungsträgern keine Antwort erhalten«, ärgert sich BA-Vorsitzender Josef Koch. Die Stadt habe es bisher nicht für nötig gehalten, BA und damit Bürger über die Hintergründe zu informieren oder Stellung zu nehmen zu den Gerüchten. Auch an diesem Abend nicht – trotz Einladung ist keiner vom Stadtrat erschienen, auch nicht von der eigenen Partei, der SPD. Den Menschen im Saal ist klar: Die Bücherei muß auf jeden Fall erhalten werden. Einmal geschlossen, »kommt auch keine mehr«, selbst wenn wieder Geld da ist, davon ist nicht nur Nadja Hirsch überzeugt.

Und so eine Stadtteilbibliothek sei mehr als eine reine Kultur-einrichtung. »Wir bieten ein Stück Heimat und auch Lebensqualität«, findet Herr Heinrich, »alle, quer durch alle Schichten, Altersstufen, Religionen, Nationen, kommen zu uns, besonders auch viele türkische Kinder, deren Eltern berufstätig sind«. Der Bibliothekar in der Schlüsselbergstraße hält die Sparmaßnahmen gerade in diesem Bereich für eine »Milchmädchenrechnung«. Es gehe doch um die Bürger von morgen.

»Das ist eine politische Entscheidung«, BA-Vorsitzender Anton Spitelbauer (CSU) spricht allen aus den Herzen. »Das Problem ist weniger im kulturellen Bereich angesiedelt, sondern vor allem im sozialen«, so Robert Kulzer. Das sei das Hauptargument im Kampf gegen eine mögliche Schließung. Zudem würden Berg am Laim und Ramersdorf zu den sozial schwächeren Stadtteilen zählen. Ein junger Sozialarbeiter meldet sich zu Wort. Ursprünglich aus Portugal, weiß er: »Die Bücherei hier ist wichtig auch für die Ausländerintegration« – neben der Nah-Versorgung mit Büchern für alte Menschen, Kindern oder jungen Müttern. Herr Schleicher ist 30 Jahre und benutzt die Bibliothek seit Schulzeiten, jetzt vor allem »für die Arbeit«.

»Was würde denn gespart werden«, will eine Dame wissen: Für beide betroffenen Einrichtungen rechne man mit etwa 460.000 Euro Einsparung im Jahr, weiß Kulzer und fügt hinzu: «Das ist keine Größenordnung, die für eine Stadt wie München entscheidend ist«. »Peanuts«, rufen da einige. Wie sehr den Berg am Laimern das Thema unter den Nägeln brennt, zeigen auch die bisher 1000 Unterschriften für den Erhalt der Bücherei. Auch Ramersdorf ist aktiv. Der dortige BA-Vorsitzende Bode glaubt an ein Happy End. Das bisherige Engagement werde »Druck erzeugen auf die Stadträte«, ist er sich sicher.

»Bei Wahlen ein Kreuzerl machen zu dürfen«, sei nicht die einzige Mitsprachechance der Bürger, Josef Kochs Stimme wird dabei immer lauter. »Schreiben´s einfach an den Oberbürgermeister, Rathaus, 8331 München, des kimmt schon an«. Nach zwei Stunden überwiegt ein positives Gefühl. Draußen hat es aufgehört zu regnen, der Abendhimmel hat aufgeklart: Da ist ein Silberstreif am Horizont.

Artikel vom 04.09.2002
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