Münchens älteste Kirche muss wieder mit Stadt um ihren Frieden streiten

Der Kampf um die himmlische Ruh’

Herzstück der kleinen Kirche: Der prächtige Altar mit romanischem Kreuz und schönem Rosenkranz.

Herzstück der kleinen Kirche: Der prächtige Altar mit romanischem Kreuz und schönem Rosenkranz.

Seit 1200 Jahren steht Münchens älteste Kirche »Heilig Kreuz« an ihrem Platz.

Mehr als ein Jahrtausend an Ruhe und Andacht bot die schöne kleine Kirche am nördlichen Rand Münchens. Doch in unseren modernen Zeiten scheint die friedliche Exis- tenz solcher geschichtsträchtiger Kleinode immer mehr gefährdet.

So streiten die Kirchenpfleger der ältesten Kirche auf dem Münchner Stadtgebiet einmal mehr, um die Erhaltung des Kirchenfriedens. Denn für das neue Fröttmaninger Stadion der beiden Münchner Fußballclubs soll eine Brücke für Rettungsfahrzeuge und Fußgänger gerade mal 80 Meter von der Kirche entfernt über die Autobahn führen. Lärm und Unruhe vorprogrammiert. Ganz zu schweigen davon, dass am Wochenende während der Spiele die Zufahrt zur Kirche völlig versperrt wäre.

Das ist nicht das erste Mal, dass sich »Heilig Kreuz« gegen Entscheidungen der Stadt zur wehren versucht: Schon 1953 gab es die ersten Probleme, als sich die Stadt ausgerechnet Fröttmaning als Standort für die städtische Müllverwertungsanlage aussuchte. Die Bauern der Region flüchteten. Fröttmaning hat seitdem keine Einwohner mehr - von den Bewohnern der Auensiedlung abgesehen, die dort seit 50 Jahren die Stellung halten.

»Erst als die Stadtplanung den Müllberg fast bis an die Friedhofsmauer hin bauen wollte haben wir uns gerührt«, erinnert sich Ludwig Maile, seines Zeichens Kirchenpfleger des Gotteshauses. Maile war 40 Jahre lang selbst bei der Stadt angestellt. 35 davon als Gutsverwalter des Guts Großlappen. Ein Grund für ihn, sich der kleinen Kirche neben seinem Arbeitsplatz anzunehmen. Er kannte die richtigen Anlaufstellen für seine Beschwerden und erreichte so eine Müll-freie Zone auf dem Kirchengelände.

Aber der richtige Schock kam erst, als der Bau des Autobahnkreuz München Nord anstand. Genau an der Stelle, an der die Kirche steht, wollten die Planer das Autobahnkreuz Fröttmaning setzen. Nach dem Motto: »Eine alte Kirche mehr oder weniger fällt eh nicht auf« sollte das Gotteshaus der Autobahn weichen.

Da gingen in der Gemeinde St. Albert, zu der Heilig Kreuz gehört, die Alarmglocken los. Man setzte alles daran, die Kirche zu erhalten. Mit Erfolg. Das Autobahnkreuz wurde einige hundert Meter weiter nördlich angelegt und die Kirche hatte wieder ihre Ruhe — vom Hintergrundrauschen einmal abgesehen.

Dann kam der Bürgerentscheid mit dem Ergebnis, dass das neue Fußballstadion in Fröttmaning stehen wird. Dagegen hat ja auch niemand aus der Gemeindeverwaltung etwas. Auch Kirchenpfleger Maile sieht sich gerne schöne Spiele an. »Alllerdings eher in Ruhe im Fernsehen«, gibt der 75-Jährige zu.

»Aber die Ruhezone der Kirche soll doch erhalten bleiben«, erklärt er entschieden. »Jedem das seine: dem Fußballfan sein Stadion, aber dem Kirchgänger auch seine Kirche.« Und genau da liegt das Hauptproblem. Denn wenn die Brücke erst fertig ist, werden die Zugangswege zur Kirche bei jedem Spiel gesperrt sein. »Und wie sollen uns dann die Kirchgänger an den Wochenenden erreichen«, fragt Mailer besorgt. Schließlich finden ja gerade in den Sommermonaten regelmäßig Hochzeiten und Taufen in der kleinen, idyllischen Kirche statt. Und das soll auch weiterhin so sein.

Ulrich Rauh vom Baureferat sieht die Ruhe der Kirche unmittelbar gefährdet. »Die Überlegung, die Brücke an diese Stelle zu bauen, bestand«, erlärt er der Münchner Nord-Rundschau, »weil dort bereits eine Aufschüttung für eine ehemals geplante Fußgängerbrücke besteht. Es lag also nahe diese statischen Rahmenbedingungen zu nutzen.« Zur Zeit wird aber geprüft, ob die Brücke nicht doch woanders ihren Dienst verrichten kann. Doch das entscheidet sich erst in den nächsten Wochen – eine Zeit, die die Jahrtausende alte Kirche auch noch abwerten kann.

Übrigens: Jeden letzten Sonntag im Monat findet in der Helig Kreuz Kirche um 19 Uhr ein Gottesdienst statt. Und wer sich noch näher informieren möchte: Herr Maile bietet auch Führungen für größere Gruppen an. Infos bei der Gemeinde St. Albert unter Tel.: 324 75 10

Artikel vom 14.08.2002
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...