13-Jähriger malt seit 4 Jahren die Strecke der U6 / Ausstellung in U-Bahn-Galerie

U-Bahn ohne Grenzen

Jede Woche bringt Andreas Wiese die U6 ein Stückchen weiter voran.

Jede Woche bringt Andreas Wiese die U6 ein Stückchen weiter voran.

Mit fachmännischem Blick betrachtet der 13-jährige Andreas Wiese die schwarzen und grauen Balken, die er soeben zu Papier gebracht hat:

U-Bahn-Tunnel und Straßenasphaltierung, ganz leicht zu malen, Routine eben. Doch nun wird es schwieriger, denn es geht um die Oberflächengestaltung. – Und da nimmt Andreas es ziemlich genau.

Lange beugt er sich über seinen Notizblock, auf den Stichworte wie »drei Nadelbäume« oder »Ampel« gekritzelt sind. Dann greift er wieder zum Pinsel und beginnt, einen Baumstamm auf das an der Wand befestigte Papier zu malen.

Seit 4 Jahren arbeitet Andreas an einer Gesamtdarstellung der U-Bahn-Linie 6 im Längsschnitt. Sein Bild hat mittlerweile eine Gesamtlänge von über 200 Metern, aber es ist natürlich zerlegt in viele einzelne Blätter.

Jede Woche, wenn Andreas ins Maleratelier von Ilse Bleicher an der Rheinstraße kommt, wächst das Werk um einige Meter, tastet sich die U6 ein Stückchen weiter voran Richtung Endhaltestelle »Klinikum Großhadern«.

Zurzeit befindet sich Andreas zwischen den Stationen Holzapfelkreuth und Haderer Stern – nicht mehr weit vom Ziel entfernt also. Den schwierigsten Teil der Strecke hat er bereits hinter sich: den Marienplatz nämlich, wo sich S-und U-Bahnen auf drei Ebenen kreuzen. Dass hier der Knackpunkt liegen würde, war Andreas schon klar, als er mit 9 Jahren sein U-Bahn-Projekt begann. Und er meisterte die Aufgabe, die selbst einem Erwachsenen Kopfzerbrechen bereitet hätte, mit Bravour.

Das Ergebnis ist derzeit in der U-Bahn-Galerie des BA Maxvorstadt zu bewundern. »An der Oberfläche bilde ich immer den jeweils aktuellen Stand ab«, erläutert Andreas. »Als ich den Marienplatz gemalt habe, waren gerade Wahlen. Deshalb stehen da überall Plakate herum.« Und wer genau hinsieht, kann sogar OB Ude von einigen dieser Plakate lächeln sehen.

Wie Andreas überhaupt auf die Idee kam, die Strecke der U 6 zu malen, kann er ganz genau erklären: »Als ich am Anfang ins Atelier kam, musste ich mir jede Woche etwas Neues ausdenken, was ich malen wollte. Dann hatte ich den Gedanken mit der U-Bahn und seitdem weiß ich immer gleich, was zu tun ist.« Dass es unbedingt die U 6 sein sollte, war für ihn klar, denn sie ist seine »Hauslinie«, die er am häufigsten benutzt.

Oft fährt er die Strecke nun auch ab, um sich Notizen über die Umgebung zu machen. – Denn einigermaßen detailgetreu soll seine Darstellung schon sein. Trotzdem, so versichert Atelierleiterin Ilse Bleicher, ist Andreas keinesfalls ein »Pedant«, sondern sehr frei in seiner Gestaltung.

Wann er mit seinem Mammut-Projekt fertig ist, interessiert ihn nicht. »Es dauert einfach solange, bis ich fertig bin«. Manch ein Erwachsener könnte sich an soviel Gelassenheit ein Beispiel nehmen! Die Ausstellung in der U-Bahn-Galerie des BA 3, Haltestelle Universität, Ausgang Nord, ist noch bis zum 10. September zu sehen. rme

Artikel vom 08.08.2002
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