Kolumne von Robert Niedergesäß, Landrat des Landkreises Ebersberg

»Was den Landkreis bewegt« - Wohl und Wehe der Windräder im Forst – die Bürger entscheiden

Robert Niedergesäß. Foto: privat

Robert Niedergesäß. Foto: privat

Ebersberg/Ebersberg Landkreis · Seit 2011 diskutieren wir nun schon darüber: Sollen und können fünf Windräder im Ebersberger Forst einen Beitrag zum lokalen Klimaschutz leisten? Ist dies dem geschützten Forst mit seiner wertvollen Tier- und Pflanzenwelt und seiner für unsere Bürger wichtigen Naherholungsfunktion überhaupt zumutbar?

Sind fünf Windräder nur das Einfallstor der Zerstörung des Forstes oder ist es wirklich so schlimm, wenn man »nur« 0,3 Promille der 9.000 Hektar (= 90 Mio. Quadratmeter) großen Waldfläche für Windräder opfert, die dazu beitragen sollen, dass es unserer Natur auch in Zukunft noch gut geht? Seit Jahren wird diese leidenschaftliche Diskussion auch über unzählige Leserbriefe und in online-Foren ausgetragen, Klimaschützer und Naturschützer stehen sich teils unversöhnlich gegenüber – paradox!

Die Diskussion driftet dabei manchmal auch unter die Gürtellinie ab - leider. Mehr gegenseitiger Respekt wäre angebracht, denn gute Argumente haben beide Seiten. Kein anderes Thema hat in diesem Jahrhundert den Landkreis derart gespalten. Unser Ebersberger Forst ist uns allen wichtig, Klima- und Naturschützern. Er trägt zur Identität unseres Landkreises bei. Er wird zurecht verteidigt, seit in den 60er Jahren geplant war, rund 30 Prozent der Fläche für den Protonenbeschleuniger CERN zu opfern.

Über 7.000 Bürger haben 2018 eine online-Petition zum Schutz des Forstes unterschrieben. Das alles kann man und darf man nicht ignorieren, genauso wenig wie die Tatsache, dass wir unserer Verantwortung für den Klimaschutz vor Ort gerecht werden und handeln müssen! Dazu werden am Ende auch Windräder einen Beitrag leisten.

Nun, wie können wir diese Situation fair und demokratisch lösen, wie befrieden? In Bayern gibt es seit 1995 die Möglichkeit, über solche Fragen die Bürger im Rahmen eines Bürgerentscheides entscheiden zu lassen. Dieser kann über Unterschriftensammlungen von den Bürgern erzwungen (Bürgerbegehren) oder auch von einem Gemeinderat oder Kreistag beschlossen werden (Ratsbegehren). Dieses Medium sollte sicher nicht inflationär genutzt werden, aber zu besonderen Themen und seit 25 Jahren auf Landkreisebene überhaupt das erste Mal, ist es sicher vertretbar.

Interessant dabei ist, dass die Parteien, die die Einführung von Bürgerentscheiden damals gefordert und unterstützt haben, im konkreten Fall nun dagegen sind, wohl, weil man den Bürger mit dieser komplexen Fragestellung überfordert!? Nun ja, beim Artenschutzvolksbegehren 2019 war es den Bürgern aber schon zumutbar, über einen komplexen Gesetzestext zu befinden - alles Auslegungssache.

Wir Politiker im Landkreis drücken uns auch nicht vor einer Entscheidung, wir haben eine klare Haltung zum Thema Windräder! Der Kreistag hat nach Abwägung aller Argumente maximal fünf (und nicht mehr!) Windrädern im Forst mit 82 Prozent Mehrheit zugestimmt. Er hat aber auch mit 66 Prozent der Stimmen beschlossen, dass die Bürger hier das letzte Wort haben werden.

Ich finde, das ist ein respektvoller Umgang in einer Art Schicksalsfrage für den Landkreis: Retten wir den Forst oder das Klima oder beides oder nichts? Ein Bürgerentscheid ist demokratisch fair, er ist basisdemokratisch, jeder Wahlberechtigte hat eine Stimme. Ich habe damals als Bürgermeister in Vaterstetten zwei Bürgerentscheide initiiert, einen gewonnen, einen verloren.

Beide Male hat er zur Befriedung der Situation beigetragen, beide Male war es gut so, wie es war. Ich habe keine Angst vor Volkes Meinung – lasst uns Einstehen für unsere Überzeugungen und fair dafür werben!

V.i.S.d.P.: Robert Niedergesäß

Artikel vom 11.02.2020
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