Es hat sich viel getan

Jahresbilanz 2017 des Erdinger Landratsamts

Für Landrat Martin Bayerstorfer (re.) und Klinik-Vorstand Sándor Mohácsi ist die Jahrespressekonferenz des Landkreises regelrecht eine Arbeitssitzung.	Foto: cr

Für Landrat Martin Bayerstorfer (re.) und Klinik-Vorstand Sándor Mohácsi ist die Jahrespressekonferenz des Landkreises regelrecht eine Arbeitssitzung. Foto: cr

Erding · Kurz vor dem Jahreswechsel ist die beste Zeit, um auf die vergangenen zwölf Monate zurückzublicken. Das kann man mit einer gewissen Melancholie machen, mit ­einer Erleichterung oder Zufriedenheit, man kann die Ergebnisse ebensogut als Grundlage für das neue Jahr mitnehmen.

So macht es das Landratsamt Erding seit Jahren und deshalb hatte Landrat Martin Bayerstorfer die Medien wieder zur Jahrespressekonferenz eingeladen, wo er und Sándor Mohácsi, Vorstand des Klinikums Landkreis Erding (KLE) die wichtigsten Ergebnisse vorstellten.

Zwei Themen, die den Landkreis ganz besonders bewegten, waren die Entwicklung der Flüchtlingszahlen im Kreis und die vorübergehende Schließung des Kreißsaals am KLE.

»Der Landkreis hat seit Monaten keine Zuweisungen mehr bekommen«, erklärte Bayerstorfer. Mit anderen Worten: Bei der bundesweiten Verteilung ankommender Flüchtlinge hat der Landkreis zuletzt keine Zugänge mehr zu verzeichnen gehabt. Diese Situation kam auch für den Landkreis zunächst unerwartet.

Der Landrat hat jedoch eine Erklärung, warum das so sein könnte. Einerseits kämen weniger Flüchtlinge nach Deutschland als in den Jahren 2015 und 2016, andererseits kämen die meisten Flüchtlinge von Süden her ins Land und dann treffen sie oft als Erstes in Bayern ein. Bei der Umverteilung seien damit deutlich mehr Flüchtlinge von Bayern und damit auch von Erding aus weitergegangen als »nachgerückt« seien.

Derzeit gebe es keine weiteren Anmietungen von Unterbringungsmöglichkeiten durch den Landkreis, weil sie schlicht nicht notwendig seien. Am Beispiel Lindum (Dorfen) wird die Situation ganz besonders deutlich. Dort stehen 102 Plätze zur Verfügung, von denen aktuell genau die Hälfte, also 51, belegt seien.

Der Landkreis verfolgt weiterhin das Ziel, möglichst viele anerkannte Asylbewerber, die ein Bleiberecht haben, in privaten Mietverhältnissen unterzubringen. Das sei für die Vermieter an sich eine sichere Sache, meinte Bayerstorfer, weil die Miete, die von der öffentlichen Hand geleistet wird, zuverlässig und pünktlich überwiesen werde. »Trotzdem ist die Umschreibung von Mietverträgen erst in zwei Fällen erfolgt«, bilanzierte Landrat und die Enttäuschung darüber war ihm geradewegs anzusehen.

Ein Stück weit Genugtuung dürfte die Entscheidung des Petitionsausschusses im Bayerischen Landtag gewesen sein, wonach der Kommunalpass, den der Landkreis eingeführt hatte, nicht zu beanstanden sei. Mit dem Kommunalpass hat das Landratsamt die Auszahlung von finanziellen Leistungen an Flüchtlinge entbürokratisiert. Gleichzeitig werde damit so weit wie möglich sichergestellt, dass Zuwendungen nicht von einer Person für die ganze Familie verwaltet werden, sondern dass jeder Flüchtling über seine Zuwendungen selbst verfügen kann.

Das vielfach kritisierte Vorgehen des Landkreises – auch dahingehend, es sei unrechtmäßig – wurde nun vom Landtag bestätigt. Das Verfahren ist abgeschlossen. Bemerkenswert: »Die Rechtmäßigkeit stand angeblich nie in Frage«, erklärte Bayerstorfer.

Der Kommunalpass erfüllt nach Meinung des Landrats eine wichtige Aufgabe im Kampf gegen den Missbrauch der finanziellen Hilfen. Das Geld solle nicht ins Ausland transferiert werden – wie es mit Barleistungen einfacher sei und öfter geschehe – sondern hier zum Leben verwendet werden. Der Transfer ins Ausland, zum Beispiel zur Familie in der Heimat, »ist für mich eine missbräuchliche Verwendung«, stellte Bayerstorfer klar. Die Flüchtlingshilfe solle keine Wirtschaftshilfe für das Ausland sein.

Dennoch haben die Flüchtlinge mit dem Kommunalpass die Möglichkeit, Bargeld zu bekommen. Sie können es bei Volks- und Raiffeisenbanken und den Sparkassen wie mit einer Bankkarte erhalten, allerdings können nur 43 Prozent des Gesamtbetrags in bar ausgezahlt werden. So bleibt mindestens der Rest dem heimischen Wirtschaftskreislauf erhalten, in vielen Fällen deutlich mehr.

Viel mehr Sorge bereitet dem Landratsamt die Vorgehensweise von Flüchtlingen, ihre Pässe und andere persönliche Dokumente vorsorglich verschwinden zu lassen. Schleuser geben diesen »Tipp« oft an Flüchtlinge. Ohne Identitätsnachweis sei eine Abschiebung praktisch unmöglich, daher dieses Vorgehen. Dabei übersehen sie allerdings den langfristigen Nutzen, denn mit einem gültigen Identitätsnachweis sei die Chance auf Anerkennung als Flüchtling und auf Integration deutlich größer. In allen anderen Fällen muss die Behörde nämlich die Identität der betroffenen Personen mühsam nachrecherchieren. So lange gibt es keine Arbeitserlaubnis, keine Anerkennung als legaler Flüchtling, keine Chance auf eine eigene Wohnung. Inzwischen zeigten sich die Flüchtlinge insgesamt deutlich kooperativer und brächten existierende Unterlagen mit zur Behörde, berichtet Sachgebietsleiter Norbert Ludwig.

Die Flüchtlingsfrage beschäftigt den Landkreis Erding in all ihren Facetten, dabei war es bei Weitem nicht das einzige Arbeitsfeld der kommunalen Behörden.

Hohe Wellen hatte auch die angekündigte Schließung des Kreißsaals im KLE geschlagen. Zwar hatte die Klinikleitung um Vorstand Sándor Mohácsi von vornherein immer betont, es handle sich um eine vorübergehende Schließung, doch in der Öffentlichkeit gab es Zweifel. Inzwischen konnte aber die Personalsituation geregelt werden. Neun Beleghebammen haben Verträge mit dem KLE abgeschlossen.

Die Zeit der Schließung hat das Klinikum auch anderweitig genutzt. Mohácsi: »Dass es gelungen ist, den Kreißsaal nicht nur wiederzueröffnen, sondern sogar innerhalb von zwei Monaten vollständig zu modernisieren, ist dem großartigen Engagement des gesamten Teams im Klinikum zu verdanken.« Mit der erfreulichen Konsequenz, dass Kinder in ihrer Geburtsurkunde jetzt wieder »Geburtsort: Erding« eingetragen bekommen. Am 22. November feierte die Station die Ankunft des ersten kleinen Erdenbürgers im neuen Kreißsaal. Seitdem seien in Erding 25 Kinder entbunden worden, so Mohácsi.

Vom Bibermanagement über die Abfall-App bis hin zur positiven finanziellen Entwicklung des Landkreises hat sich 2017 im Landratsamt und in den 26 Gemeinden viel bewegt. 2018 geht’s weiter.

Von Carsten Clever-Rott

Artikel vom 30.12.2017
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