Jetzt wird’s laut!

Mehr Lärm für München: Was steckt hinter der Krachparade?

Mehr Lärm! Und dann? Dann gehen die Mieten runter, glauben die Krachparade-Organisatoren Florian Raabe, Thomas Suren und Nadja Zängerlein (v. li.).	Foto: VA

Mehr Lärm! Und dann? Dann gehen die Mieten runter, glauben die Krachparade-Organisatoren Florian Raabe, Thomas Suren und Nadja Zängerlein (v. li.). Foto: VA

Von Carsten Clever-Rott
München · Ruhe ist ein menschliches Grundbedürfnis, ebenso aber auch Lärm, Jux und Tollerei. Deshalb veranstaltet die Initiative »Mehr Lärm für München« am Samstag, 26. August, ab 17.30 Uhr eine Krachparade. Nach 2014 und 2016 ist es bereits die dritte Auflage.

Ab 17.30 Uhr findet unter dem Titel »Gegen die Stilllegung der Stadt« am Isarufer zwischen Reichenbachbrücke und Wittelsbacherbrücke eine Musik- und Tanzdemonstration für »Lärmschutzzonen« statt. Was darunter zu verstehen ist, erklärt Florian Raabe, neben Thomas Suren einer der Organisatoren der Krachparade: »So wie Menschen mit einem Ruhebedürfnis geschützt werden, sollte es auch Orte geben, an denen es laut sein darf.« Dabei gehe es nicht um die egoistische laute Gesellschaft, sondern darum, beiderlei Bedürfnisse zu respektieren. Die Initiative bemängelt ein starkes Ungleichgewicht in München zwischen Lärmschutz und dem Bedürfnis nach Ausgelassenheit und lautstarkem Treiben im öffentlichen Raum. Raabe und Suren sind überzeugt: »Es ist ein menschliches Grundbedürfnis einfach mal laut zu sein und das Leben in vollen Zügen zu genießen. Doch dieses Bedürfnis wird im Gegensatz zum Recht auf Ruhe stets eingeschränkt oder gar kriminalisiert.« Dagegen will die Initiative mit der »Krachparade« demonstrieren. Die Musik- und Tanzdemonstration wird von mehreren Musikern und DJs begleitet. »Das Problem ist: Der Lärm hat keine Lobby. Und so setzt sich niemand für diese Freiheit ein. Genau das wollen wir ändern. Zusammen mit den Demonstranten sind wir die Lobby für den Lärm«, sagen Florian Raabe und Thomas Suren. Die Krachparade soll Spaß machen, aber es geht den Organisatoren nicht in erste Linie um die Party oder den Lärm. Es geht um die überdurchschnittlich hohen Wohnkosten in München. Unter ihrem ehemaligen Namen »Rettet die Münchner Freiheit« organisierte die Initiative bereits die Proteste 2011 und 2014 rund um den Luxusneubau an der Feilitzschstraße.

Suren und Raabe nehmen die Politik in die Pflicht, die mit ihrer Mietpreisbremse ein nur mäßig effizientes Instrument geschaffen hat. »Es gibt in München ein Mietpreisproblem und die Stadt ist eigentlich in der Pflicht, alle Register zu ziehen, um das in den Griff zu kriegen«, kritisiert Florian Raabe. Daher brauche es manchmal kreative Ansätze im Umgang mit dem Thema. Auch wenn die Begriffe »Krach« und »Lärm« grundsätzlich erst mal negativ besetzt seien, erhalte man mit der Aktion »Krachparade« doch immerhin schon mal Aufmerksamkeit. »Auf diesem Weg kommen wir dann ins Gespräch.« Die beiden Initiatoren machen eine ganz einfache Rechnung auf: Ein Mieter, der anhaltend einem gewissen Geräuschpegel ausgesetzt ist, hat das Recht, die Miete zu mindern. Die Konsequenz: mehr Lärm gleich geringere Mieten. Das soll aber kein Aufruf zum böswilligen Krachmachen sein. »Das ist natürlich satirisch gemeint«, erklärt Raabe. Der Zusammenhang zwischen Geräuschpegel und Miethöhe ist aber durchaus vorhanden, in der Realität aber umgekehrt. Mit hochwertigen Sanierungen würden in München Einrichtungen, die der Geselligkeit und dem öffentlichen Leben dienen, immer weiter zurückgedrängt. Bars und Lokale finden in den neuen Gebäuden keinen Platz mehr. Der gewollte Nebeneffekt: Es ist ruhig – ein Argument für höhere Preise.

Die Erfahrung zeigt, dass es auch in München bei geräuschintensiven Veranstaltungen fast immer einen Anwohner gibt, der den Lärm untersagen lassen möchte. Dabei weiß Raabe aus eigener Erfahrung: »Wenn ich mich über den Lärm ärgere, ist das für mich selbst schlecht. Deswegen lasse ich das einfach sein.« Wenn aber laute Veranstaltungen oder Einrichtungen mit einem gewissen Geräuschpegel langfristig aus der Stadt verbannt werden, verliert München einen Teil seiner Lebensqualität, befürchten Raabe und Suren. Deshalb kämpfen sie gegen völlige Stille und Langeweile. Das machen sie übrigens schon seit drei Jahren. Was haben die Krachparaden 2014 und 2016 eigentlich gebracht? Raabe: »Nachhaltig sind wir noch nicht, aber das ist für uns kein Grund, aufzuhören.« Das Thema müsse hochgehalten werden. Wenn überhaupt niemand mehr darüber spreche, werde sich auch nichts ändern. Also reden sie drüber. Ganz laut. Damit es ganz München mitbekommt. An der Krachparade darf sich übrigens jeder beteiligen. Je mehr, desto lauter.

Artikel vom 25.08.2017
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