Finanzlage Vaterstettens Thema bei der Bürgerversammlung

Vaterstetten · Noch Luft nach oben

Sophie Birnhammer (l. oben) wollte wissen, wie es mit einem neuen Schwimmbad weitergehe und Udo Ricke beschäftigte die neue Ortsmitte (r. oben). Für Rathauschef Wagner ist das neue Zentrum der Gemeinde »kein Größenwahnprojekt«. Fotos: sf

Sophie Birnhammer (l. oben) wollte wissen, wie es mit einem neuen Schwimmbad weitergehe und Udo Ricke beschäftigte die neue Ortsmitte (r. oben). Für Rathauschef Wagner ist das neue Zentrum der Gemeinde »kein Größenwahnprojekt«. Fotos: sf

Vaterstetten · Die Einleitung falle knapper aus als gewohnt, kündigte Vaterstettens Bürgermeister Martin Wagner zu Beginn der Bürgerversammlung am vergangenen Montag an.

Zum einen, weil er nicht so viel rede und zum anderen nicht so tief in jedem Thema drinstecke wie sein Vorgänger, der frisch zum Landrat gewählte Robert Niedergesäß. So beschränkte er sich auf den Finanzhaushalt der Gemeinde, der zwar nicht gut, aber auch nicht bedrohlich sei. Mit 8,9 Millionen Euro Schulden sei Vaterstetten von den 17 Millionen Obergrenze noch weit entfernt, so Wagner. Und das selbst nach Finanzierung der Ortsmitte Ende 2016. Für die wurde inklusive Verschwenkung der Möschenfelder Straße, Neubau der Grund- und Mittelschule an der Gluckstraße sowie Ausbau der Turnhallen und Kindertagesstätten 50 Millionen Euro veranschlagt, die größtenteils aus dem Verkauf von Grundstücken im Norden der Gemeinde gedeckt werden.

Grund für die klammen Kassen der Gemeinde sei das Strukturproblem, das Vaterstetten habe: Durch den vermehrten Zuzug neuer Bürger erhöhten sich zwar die Einnahmen aus der Einkommensteuer, 2012 um 600.000 Euro, nach wie vor seien aber die Gewerbesteuereinnahmen, die im vergangenen Jahr um 500.000 Euro stiegen, zu niedrig,. Das umstrittene Gewerbegebiet in Parsdorf sei daher wichtig für die Gemeinde. Schließlich stünden in den nächsten Jahren einige große Investitionen an.

Vaterstetten setze jedoch falsche Prioritäten, meldeten sich einige kritische Stimmen seitens der Bürger. 50 Millionen Euro für eine neue Ortsmitte seien da, aber kein Geld für ein neues Schwimmbad – ein Thema, das die Gemeindevertreter an diesem Abend überhaupt nicht ansprachen. Wie es nun damit weitergehe, wollte Sophie Birnhammer wissen. Wagner betonte zunächst, dass die Ortsmitte kein »Größenwahnprojekt« der Gemeinde sei. Sondern aus verschiedenen Gründen notwendig, zum Beispiel, um nach der Schließung von Supermärkten die Nahversorgung zu sichern, um einen Raum für große ­Veranstaltungen und eine wirtschaftliche Lösung für das sanierungsbedürftige Rathaus zu schaffen. Zum Thema Schwimmbad werde man in den nächsten Monaten Gespräche mit ­Bürgermeistern anderer Kommunen führen, die alle das gleiche Problem haben, so Wagner. Denkbar wäre, sich die Investitions- und Unterhaltskosten zu teilen, denn in den Vereinen, die das Bad nutzen, seien viele Mitglieder umliegender Gemeinden.

Großes Thema neue Ortsmitte

Die neue Ortsmitte beschäftigt viele Bürger. Udo Ricke beispielsweise bereitet Sorgen, dass einer der drei Bewerber um das Projekt Medienberichten zufolge in finanziellen Schwierigkeiten stecke. »Davon wissen wir, aber Sie können sicher sein, dass wir bei der Auswahl des Architekturbüros Wert auf Leistungsfähigkeit legen«, versicherte Bauamtsleiterin Brigitte Littke. Ausreichend Grünflächen wollen Günther Haass und Gerd Vogel in den Planungen verankert wissen. Vogel befürchtet, dass diese auf dem Kirchenvorplatz an der nördlichen Seite wegfallen, wenn die Mauer abgerissen wird. Littkes Beteuerung, dass Grünflächen und der Erhalt der Linde vorgesehen seien, bestätigte Pfarramtsvorsitzender Christian Peter: »Wir stehen in engem Dialog mit dem Bauamt und werden dafür sorgen.«

Mit der Verlegung der Möschenfelder Straße soll im Frühjahr 2014 begonnen werden, erklärte Manfred Weber vom Tiefbauamt. Ein weiteres Großprojekt in Vaterstetten sei die komplette Sanierung der Straßen im Hochwaldgebiet, die bis Ende 2017 abgeschlossen sein soll. Für Straßenbaumaßnahmen seien jährlich 1,1 Millionen Euro im Haushalt eingestellt. »Zu wenig« findet Udo Ricke. Im Hinblick darauf, dass so viele Senioren in der Gemeinde leben, die auch »aufs Rad gebracht werden sollen«, müsse mehr für sichere Wege ausgegeben werden.

»Wenn sie das fordern, werden wir ganz schnell die Straßenausbausatzung bei uns einführen«, entgegnete Wagner. Dann müssten die Anwohner 70 Prozent der Straßensanierungskosten selbst tragen. Das wolle die Kommune ihren Bürgern aber so lange wie möglich ersparen, auch wenn die Rechtsaufsicht der Regierung das bei der Genehmigung des Gemeindehaushalts immer wieder bemängele. »Dann kaufe ich mir ein kleines Mauthäusle und kassiere, denn genutzt wird meine Straße ja von anderen«, scherzte Robert Fischer. Seinem Wunsch, gegen das wilde Parken und Skater im Parkhaus vorzugehen, komme die Gemeinde bereits nach, seit einiger Zeit schaue ein Security-Dienst nach dem Rechten, so Wagner.

Kritische Lage bei Kinderbetreuung

Weitaus mehr Sorgen bereitet der Gemeinde der Ausbau der Kinderbetreuung. Zurzeit sei die Lage kritisch, berichtete Götz Beckenbauer, Leiter des Amts für Familie und Bildung. Trotz aller Bemühungen fehlten noch 31 Kindergarten- und 36 Krippenplätze. »Bisher konnten wir den Kindergartenplatzbedarf immer punktgenau decken, aber in diesem Jahr hatten wir mit 31 Einschulungsrückstellungen so viele wie noch nie – genau die Anzahl, die fehlt«, erklärte Wagner. Zu viele Plätze könne man aber auch nicht schaffen, sonst müsse die Gemeinde das Defizit der Träger ausgleichen. »Den Bedarf an Krippenplätzen hoffen wir bis zum Anfang des nächsten Krippenjahres decken zu können«, so Beckenbauer weiter. Im November geht das neue Krippenhaus Parsdorf am Birkenweg in Betrieb, von den fünf Gruppen können wegen Personalmangels jedoch nur drei starten. Die geplante Krippe in der alten Brennerei Weißenfeld wird voraussichtlich erst Ende 2014 fertig.

Auch das Geothermieprojekt der beteiligten Gemeinden Vaterstetten, Grasbrunn und Zorneding läuft nicht wie gewünscht. Wie Umweltamtsleiter Wolfgang Kuhn berichtete, findet der Investor offenbar keine Versicherung, die das Risiko abdecken will, nachdem bei zwei anderen Bohrungen im Münchner Umland, darunter in Poing, niedrigere Temperaturen als erwartet gemessen wurden. Von der Idee, das Ganze einem Investor zu überlassen, ist Günther Haass ohnehin nicht begeistert. »Der legt die Preise fest und wir können nichts dagegen unternehmen.« Er fordert daher, den Claim an den Energiekonzern E.ON abzugeben, wie es Poing getan hat. Wagner bezweifelt jedoch, dass E.ON nochmals ein solches Risiko eingehen würde. »Wir haben ja bei allen möglichen Energieunternehmen angefragt, auch, damit uns jemand das Fernwärmenetz ausbaut. Aber es wollte keiner.« Kuhn hofft, dass in den nächsten Wochen Bewegung in die Sache kommt. Sybille Föll

Artikel vom 18.06.2013
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