Fachgespräch mit der SPD-Landtagsabgeordneten Diana Stachowitz

Moosach · »Inklusion fängt in den Köpfen an«

Sabine Nagel, Dietrich Metzger, Irmgard Badura, Andrea Krallinger, Diana Stachowitz, Gerhard Wimmer, Heinrich Schöneich (von links).	Foto: VA

Sabine Nagel, Dietrich Metzger, Irmgard Badura, Andrea Krallinger, Diana Stachowitz, Gerhard Wimmer, Heinrich Schöneich (von links). Foto: VA

Moosach · »Inklusion fängt in den Köpfen an«, betonte die SPD-Landtagsabgeordnete Diana Stachowitz im Fachgespräch zur Ausstellung »Ganz schön krank«.

Frau Badura ist blind, also kann sie nichts sehen. Der Herr sitzt im Rollstuhl, also braucht er Hilfe? Die Realität sei viel komplizierter, erklärte die Behindertenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung Irmgard Badura. Sie zum Beispiel könne Schatten sehen, und den Rollstuhlfahrer sollte man auf jeden Fall fragen, ob er Hilfe braucht oder nicht.

Um diese Vielfalt sichtbarer und auch nicht sichtbarer Behinderungen ging es bei dem Fachgespräch der Sozialpolitikerin Stachowitz im Moosacher Pelkovenschlössl. Referenten und Gesprächspartner waren neben Badura der Schönheitschirurg Heinrich Schöneich, die Pfarrerin Sabine Nagel und der Designer Dietrich Metzger. Schöneich engagiert sich seit fast 20 Jahren bei Interplast Germany im humanitären Operationseinsatz. Er berichtete anhand bewegender Bilder über seine Arbeit in der Dritten Welt, aber auch in München. Es gehe immer darum, die Seele zu heilen, bei von Missbildungen oder vom Noma-Virus entstellten Kindern in Afrika, bei Kriegs- und Misshandlungsopfern.

Aber auch bei hier gebe es Fälle, in denen die plastische Chirurgie kein vom Schönheitswahn inspirierter Irrweg sei, sondern Heilung für Leib und Psyche, betonte Schöneich. Allerdings müsse man sehr genau unterscheiden, denn »der Körperkult ist bei uns zu einer Religion geworden«, so der Chirurg. Leidtragende seien die Menschen, die diesen Idealen nicht entsprechen könnten. Die Gefahr der Ausgrenzung sei in dieser Gesellschaft hoch, bestätigte das engagierte Fachpublikum.

Knapp 40 Gäste waren der Einladung der Landtagsabgeordneten gefolgt. Vor allem für die nicht sichtbaren Behinderungen müssten politische Weichen gestellt werden, lautete eine Forderung, die an die Politikerin herangetragen wurde. »Dafür brauche ich Ihre Unterstützung«, bekräftigte Stachowitz. »Nur, wenn Sie laut und öffentlich und immer wieder dieses Thema ansprechen, haben wir eine Chance, dass unsere Belange Gehör finden, und nicht nur die Forderungen aus den Reihen der Wirtschaft.«

Auch der Ruf nach einem Lehrstuhl für Pädagogik für Menschen mit Behinderung wurde von der Sozialexpertin aufgenommen. Ebenso wie der deutliche Hinweis, Inklusion in Schulen dürfe nicht auf Kosten der Kinder umgesetzt werden. »Nur mit den nötigen Rahmenbedingungen, räumlich und personell, besteht die Chance für eine echte Gleichstellung. Und das kostet Geld«, so Stachowitz. Pfarrerin Sabine Nagel erinnerte an die im Grundgesetz verankerte Gleichheit aller Menschen – und nahm den Auftrag an die evangelische Kirche mit, die Verwirklichung der Inklusion deutlich von der Politik einzufordern. »Inklusion fängt in den Köpfen an«, fasste Stachowitz die Diskussion zusammen. Ihr Dank galt auch dem Gospelchor des Club 29.

Den Rahmen für das Fachgespräch bildete die gleichnamige Fotoausstellung von Andrea Krallinger, die deutschlandweit bereits große Beachtung gefunden hat. »Ich will allen Menschen mit Behinderung sagen: Du bist schön, und ihnen Mut machen, jeden Tag als neue Chance zu sehen“, erklärte die Hobbyfotografin und Lehramtsstudentin, die selbst schwerbehindert ist.

Artikel vom 12.05.2013
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