Nach 38 Jahren hört der Vaterstettener Musikschulleiter auf

Vaterstetten · Die Ära Schneeweis

Zwei Jahre später als geplant scheidet Kurt Schneeweis (2. v. l.) nun im Juli als Leiter der Vaterstettener Musikschule aus. 	Foto: privat

Zwei Jahre später als geplant scheidet Kurt Schneeweis (2. v. l.) nun im Juli als Leiter der Vaterstettener Musikschule aus. Foto: privat

Vaterstetten · Mit einem Festakt im Rathaus feierte die Musikschule Vaterstetten vergangene Woche ihr 40-jähriges Bestehen. Mit diesem Jubiläum geht auch eine Ära zu Ende: Denn am Ende des Schuljahres verabschiedet sich Kurt Schneeweis, von Anfang an dabei und 38 Jahre lang Leiter der Einrichtung, in den Ruhestand – zwei Jahre später als geplant.

Am 30. Juli feiert er seinen 67. Geburtstag, nur wenige Tage nach dem jährlichen Schlusskonzert am 19. Juli im Bürgerhaus Neukeferloh, bei dem er offiziell Lebwohl sagen wird. Um bei den Vorbereitungen für das Jubiläum noch mitwirken zu können, nahm er ein »Nachsitzen« gerne in Kauf – sprich: er blieb zwei Jahre länger auf seinem Posten. »Schließlich kennt keiner die Schule so gut wie ich«, sagt er.

Wohl wahr, denn schon kurz nach der Gründung der Musikschule durch den damaligen Rektor der Grundschule an der Wendelsteinstraße, Max Graf, und dem Gründungsvorsitzenden der Volkshochschule, Wolfgang Kammrad, wurde Schneeweis als Lehrer rekrutiert. Er studierte damals am Richard-Strauss-Konservatorium in München Akkordeon, Grafs Tochter Maria Harfe. So kam der Kontakt zustande. Dass die Musikschule so erfolgreich sein würde, ahnte wohl niemand. Mit 511 Schülern und 16 Teilzeit-Lehrkräften ging sie im Sommer 1973 an den Start, bereits zwei Jahre später hatte sich die Schülerzahl auf 1014 verdoppelt, der Unterricht wurde auf die Außenstellen Poing, Zorneding und Neukeferloh ausgedehnt. Gleichzeitig wurde Schneeweis hauptamtlicher Stellvertreter des Leiters Max Graf, im Jahr darauf sein Nachfolger.

Eine stetige Entwicklung und viele bewegende Projekte folgten. Einer der Höhepunkte war etwa 1983 die Aufführung von Paul Hindemiths »Wir bauen eine Stadt« mit dem Streichorchester der Musikschule unter der Leitung von Rainer Wohlfahrt und dem Kinderchor der Grundschule an der Wendelsteinstraße. Es war die erste Kooperation mit der Grundschule – eine große Sache. Die Kinder hatten Bilder zum Thema gemalt, die die ganze Wand hinter der Bühne bedeckten. 1991 organisierte die Musikschule eine Ausstellung über den berühmten Dirigenten Hans Böhm, der viele Jahre in Baldham gewohnt hatte, anlässlich seines zehnten Todestages. »Sein Sohn, Karl-Heinz Böhm kam, und erzählte von seinem Vater. Das war sehr bewegend«, so Schneeweis. Auch an das Ehemaligenkonzert 1998 erinnert er sich gerne: Es sei wunderbar zu sehen gewesen, welche Früchte die Musikschule getragen hatte, sagte Schneeweis. Viele ehemalige Schüler seien mittlerweile erfolgreiche Berufsmusiker, zum Beispiel der Saxophonist Hans-Christian Dellinger oder der Pianist Tobias Stork.

Dass die Unterrichtsstunden seit Jahren aus Platz- und Kostengründen auf 725 pro Jahr gedeckelt sind, bedauert er. »Wir müssen viele Kinder abweisen.« Doch Stillstand bedeutet das noch lange nicht. Seit September vergangenen Jahres betreut die Musikschule den neu eingerichteten Musikzweig der örtlichen Realschule, in der Grundschule Parsdorf wurde das Pilotprojekt »Mo-Va-Pa« eingeführt, bei dem die Schüler kostenlos verschiedene Musikinstrumente ausprobieren können. »Die Tendenz ist klar: Wir gehen mehr nach außen«, erklärt Schneeweis. Durch den gestiegenen Leistungsdruck in der Schule und der Einführung der Ganztagsklassen würden nachmittags nicht mehr so viele Schüler kommen, »also müssen wir zu ihnen gehen«.

Vieles hat sich geändert, unter anderem die Instrumenten-Vorlieben. Schneeweis’ Akkordeon-Orchester gibt es nicht mehr, gerade einmal zwei Schüler hat er noch. Dafür wurden im Laufe der Jahre viele andere Ensembles gegründet, zum Beispiel die Big Band des Musikschul-Urgesteins Balint Csillik. Derzeit sei Geige en vogue, »wahrscheinlich durch angesagte Vorbilder wie David Garrett«. An der Musikliteratur hat sich jedoch nichts geändert, die Klassiker von Bach, Brahms und Co. dienen auch weiterhin den Kindern als Grundlage zum Erlernen ihrer Instrumente. Auch wenn daraus dann Unterhaltsames wie das Beatles-Tribute-Konzert am Mittwoch, 8. Mai, im GSD Seniorenwohnpark entsteht.

CD zum 40. Geburtstag

Welche Bandbreite die Musikschule zu bieten hat, kann man auf einer CD hören, die zum 40. Geburtstag produziert wurde. Innerhalb von nur einem Tag wurden 25 »Dolci Musicali« im Klosterhof in Ebersberg aufgenommen. Der Tonmeister sei begeistert gewesen, wie gut alle vorbereitet waren und wie schnell das über die Bühne ging, erzählt Schneeweis. Für 10 Euro ist das Werk in der Musikschule erhältlich.

Seinem Abschied blickt Kurt Schneeweis entspannt entgegen. Jetzt kann er nämlich endlich viele dicke Schmöker in Angriff nehmen. Vor allem die großen Russen wie Tolstoi und Dostojewski hat er sich vorgenommen. Und natürlich noch mehr Musik hören und noch mehr Konzerte besuchen. Außerdem sei er von Bürgermeister Robert Niedergesäß gebeten worden, weiterhin die Rathauskonzerte zu leiten. »Einiges, was in den vergangenen zwei Jahren passiert ist, erleichtert mir den Abschied«, gesteht er. So sei die Suche nach seinem Nachfolger nicht optimal verlaufen. Näheres wollte er dazu jedoch nicht sagen. Fest stehe nun, dass es die derzeitige Leiterin der städtischen Musikschule Ludwigshafen, Christiane Schützer, sein wird. Bis dahin stehen aber für Schneeweis noch viele Termine und Arbeit an. Aktuell: Am Samstag, 4. Mai, ist Tag der offenen Tür und Beginn der Einschreibung an der Musikschule Vaterstetten. Im neuen Schuljahr können dann wieder neue Talente heranreifen.

Artikel vom 30.04.2013
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