Vaterstettener Verein stellt Projekt in Alem Katema fertig

Vaterstetten · »Humboldts Bücher«

Im Mai wird die neue Bücherei in Alem Katema eingeweiht. Hier zu sehen: Bauarbeiten an der Bibliothek im Oktober 2011.	Foto: privat

Im Mai wird die neue Bücherei in Alem Katema eingeweiht. Hier zu sehen: Bauarbeiten an der Bibliothek im Oktober 2011. Foto: privat

Vaterstetten · Es ist wieder ein ereignisreiches und auch erfolgreiches Jahr für den Vaterstettener Partnerschaftsverein Alem Katema gewesen. Der größte Meilenstein: Die neue Bücherei in der äthiopischen Gemeinde, deren Bau Anfang 2012 begann, ist fertig, die Einweihung ist für den 8./9. Mai geplant. Es fehlt nur noch das Mobiliar, das aber schon bestellt ist.

»Über eine so große Entfernung das Projekt zu steuern, war gar nicht so einfach«, berichtete der Vorsitzende Anton Stephan bei der Jahresmitgliederversammlung des Vereins am vergangenen Samstag. Und auch beim Bau selbst galt es viele Hürden zu überwinden. Gleich zu Beginn stellte sich heraus, dass das Grundstück andere Maße hatte, als in den Plänen angegeben. Die Verantwortlichen mussten unter anderem die Veranda kürzen. Und während des Baus fiel ein Generator aus, dessen Reparatur sich aber nicht mehr lohnte, weil der Ort ohnehin an ein Fernnetz angebunden werden sollte. »So lange mussten die Arbeiten ruhen«, sagt Gerhard Kittel, Diplomingenieur für Elektrotechnik. Damit der einheimische Bauleiter Fotos und Berichte schicken konnte, richtete Kittel eine Internetverbindung ein.

Die neue Bücherei wurde direkt neben der alten errichtet, die der Verein 2005 gebaut hatte, auf einem Grundstück, das die Gemeinde Alem Katema dem Partnerschaftsverein schenkte. Das Gebäude war zu klein geworden für den ansteigenden Bedarf. Kamen am Anfang täglich 40 Besucher, waren es vier Jahre später schon 130 pro Tag. Insgesamt nutzten rund 10.000 Menschen – überwiegend Schüler – die über 1.600 Medien. Sie können auch hierher kommen, um zu lernen, das neue Gebäude bietet Platz für 100 Personen. Weitere Bücher sollen noch gekauft werden. Die alte Bücherei wird voraussichtlich in ein Heimatmuseum umgewandelt. Beauftragter für das Projekt ist Girma Fisseha, ehemaliger Mitarbeiter des Völkerkundemuseums in München und langjähriges Mitglied im Partnerschaftsverein.

Zu Ehren des Humboldt-Gymnasiums in Vaterstetten erhält die neue Bücherei den Namen »Humboldt-Library«. Denn aus dem Sponsorenlauf, den die Schule jedes Jahr im Juli veranstaltet, stammt der größte Teil der Spenden für den Verein, etwa 12.000 Euro jährlich. 3.000 Euro wurden von BMW bei einem Familientag gespendet, 5.000 Euro Prämie gab es für den Sieg beim BMW-Award für soziales Engagement. Sehr erfolgreich war auch der Antikmarkt im vergangenen Jahr, der Einnahmen in Höhe von 4.000 Euro erbrachte. »Das Lager ist abverkauft, wir sind wieder offen für neue Spenden«, verkündete Kassier Norbert Paul. Ansprechpartner ist Fritz Titze, Tel. 01 71/4 50 66 46. Stolze 34.000 Euro Spenden insgesamt konnte Paul für das vergangene Jahr ­vermelden. Das Vereinsvermögen beträgt derzeit 105.000 Euro, nach Abzug aller Ausgaben bleiben am Ende des Jahres etwa 41.000 Euro übrig. Der Bau der Bibliothek kostete 60.000 Euro. Auch einen Zuwachs an Mitgliedern gab es. Waren es im Januar 2012 noch 504, so sind es heute 591.

Damit ist »Alem Katema« nicht nur der drittgrößte Verein in der Gemeinde Vaterstetten. Durch die Beiträge können außerdem die laufenden Kosten in Äthiopien wie Instandhaltung der Gebäude und Löhne komplett finanziert werden. Das Personal in den beiden Kindergärten, die der Verein in den vergangenen Jahren gebaut hat, sowie die Bibliotheksmitarbeiter werden von Vaterstetten aus bezahlt. Mit der Schlüsselübergabe soll das aber der äthiopische Staat übernehmen. Für 2013 gibt es schon viele neue Pläne und Ideen. Zum einen wird eine Qualitätssicherung im Bereich Bildung angestrebt, die Mitarbeiter sollen weiter geschult und die Lehrinhalte der Kindergärten überarbeitet werden. Ein weiteres Thema ist die Arbeitsplatzsicherung.

Das größte Problem in der Region ist, dass es keine Jobs gibt. Laut Bestle denken die Verantwortlichen an einen Handwerker- oder Gewerbehof, die Einrichtung einer Autowerkstatt oder eines Internet-Cafés, die Förderung des Tourismus, zum Beispiel durch ein Öko-Camp. Ein Projekt wurde bereits angestoßen: Der Verein »Die Ofenmacher«, der sich bereits in Nepal für rauchfreie Küchen einsetzt, ist bereit, seine Aktivitäten auf Äthiopien auszuweiten. Die offenen Feuerstellen, die dort in den Häusern üblich sind und eine große Gefahr für Kinder darstellen, werden durch sichere Öfen mit Kaminen ersetzt. In San Michele, im Norden Äthiopiens, soll dafür ein Zentrum entstehen, im dem die Öfen gebaut werden. Auch künftig werden Anton Stephan als erster und Alexander Bestle als zweiter Vorstand den Partnerschaftsverein leiten, Norbert Paul allerdings, seit 15 Jahren im Verein und seit zwei Jahren Kassier, gab sein Amt »wegen Überlastung« ab.

Pauls Wunsch, dennoch im Vorstand bleiben zu dürfen, wurde erfüllt. Er wurde anstelle von Florian Neubauer, der aufgrund seines Studiums in den Niederlanden nicht mehr kandidierte, zum neuen Schriftführer gewählt. Das Amt des Kassiers übernimmt der Wirtschaftswissenschaftler Erich Mack, seit zehn Jahren Mitglied im Verein. Aus beruflichen Gründen zogen sich auch die Beisitzerinnen Sabine Riedel und Ute Kohl zurück, gewählt wurden stattdessen gleich fünf neue: Andrea El Masry, Stefan Kruse, Susanne Bourier, Rahel Mekonen und Rüdiger Frank, der erst vor fünf Wochen seinen Mitgliedsantrag gestellt hat. Wenngleich überrascht nahm er das Mandat freudig an und verkündete, dass er sich gerne mit dem Thema Abwasser beschäftigen würde, da verfügt er über jahrelange Erfahrung in Afrika. Kassenprüfer blieben Jo Neunert und Günther Lenz.

Nähere Informationen zum Verein gibt es unter www.vaterstetten-alemkatema.de. Weitere aktuelle Nachrichten und Informationen zu den Landkreisen Ebersberg und München gibt es im Internet unter www.wochenanzeiger.de

Artikel vom 29.01.2013
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