Großes Interesse in Oberding – Bürger sollen wirtschaftlich beteiligt werden

Oberding · 150 Millionen Euro für Windkraftanlagen

Oberding · Nach monatelangen heimlichen Beratungen aller 26 Bürgermeister des Landkreises zog die Landkreis-Karawane nun von Ort zu Ort, um die möglichen Standorte der Windkraftanlagen (WKA) den betroffenen Bürgern vorzustellen.

Vorletzter Treffpunkt war das Bürgerhaus Oberding für die Gemeinden Eitting, Moosinning, Erding und Oberding. Im Zengermoos sowie Notzingermoos stehen 259 Hektar für die WKA zur Verfügung, was etwa zehn Anlagen bedeuten würde. Im ganzen Landkreis sollen es rund 30 WKA sein, dafür wurden 835 Hektar Konzentrationsfläche ausgewiesen.

„Vor etwa eineinhalb Jahren bekam ich die erste konkrete Anfrage eines Investors nach einer Fläche für eine Windkraftanlage, seither beschäftigen wir uns detailliert mit dieser Frage“, berichtet Landrat Martin Bayerstorfer. „Verhindern können wir die WKA nicht, das wollen wir auch nicht! Aber wir können steuern, wo die Anlagen aufgestellt werden.“

Matthias Beck vom Planungsverband erläuterte die Ausarbeitung: „Die Windkraft ist in Süddeutschland noch weit weniger verbreitet als im Norden, doch wir holen gewaltig auf. Das muss auch so sein, denn bis 2021 soll 50 Prozent des deutschen Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, und daran müssen die WKAs einen wesentlichen Anteil tragen.“ Damit es keinen Wildwuchs, die oft beschworene Verspargelung, gibt, haben die Verantwortlichen die Bereiche im Landkreis genauer untersucht und berechnet, wo genügend Wind in 150 Meter Höhe vorhanden ist. „Es müssen Windgeschwindigkeiten über fünf Meter pro Sekunde sein“, teilt Beck mit. „So ergaben sich vor allem im Westen des Landkreises, also der Region Oberding/Schwaig, sehr gute Bedingungen und eine Konzentrationsfläche von rund 260 Hektar. Davon liegen 100 Hektar im Zengermoos entlang der Goldacher Straße, ganz im Westen von Moosinning an Hallbergmoos (Landkreis Freising) angrenzend. Weitere 60 Hektar Fläche sind im Norden von Eichenried und noch einmal 100 Hektar nördlich des Naturschutzgebietes Notzingermoos zwischen Oberding und Moosinning. Der Abstand aller Anlagen zu einer Wohnbebauung, egal ob Moosinning, Eichenried oder Oberding beträgt immer mindestens 1,5 Kilometer – also viel mehr als die rechtliche Vorgabe von 600 Metern oder dem Wunsch der Bürgermeister von mindestens einem Kilometer“, führte Beck weiter aus. Alle vorgesehenen Anlagen seien auch außerhalb des Sechs-Kilometer-Radius’ des Flughafens, weit genug weg vom Funkfeuer an der Goldacher Straße bei Oberding. Diese Flächen wurden zudem vom Natur- und Artenschutz freigegeben, Anton Euringer von der Unteren Naturschutzbehörde lobte die „ausgewogene, umwelt- und menschenschutzrechtliche Planung“.

Umweltexperte Johannes Gnädinger hatte die infrage kommenden Flächen nach landschaftsplanerischen und Artenschutz-Gesichtspunkten untersucht. „Wir haben in der Region rund um den Flughafen hervorragende und relativ aktuelle Daten über geschützte Tiere wie Fledermäuse, Baumfalken, Rohrweihen, Schwarzstörche oder Milane, und haben die Standorte möglichst weit weg von deren Flug-, Brut- oder Jagdgebieten gelegt, erklärt Gnädinger.“

Der Dauerschall direkt neben so einer WKA sei laut Beck etwa wie ein Kühlschrank-Brummeln, den Disco-Effekt gebe es nicht mehr. Und bei eventuellem Eis- oder Schattenwurf sorgen Sensoren dafür, dass die Propeller abgeschaltet werden. „Der Flächenbedarf je WKA beträgt maximal einen halben Hektar, aber eine Anlage kann 1.500 Haushalte mit Strom versorgen.“ Beck rechne im Landkreis mit 30 Anlagen, die dann über ein Drittel des Landkreis-Strombedarfs erzeugen würden. Referenzmodell ist dafür die „Enercorn E 101“ mit einer Nabenhöhe bis zu 149 Metern, einem Rotordurchmesser von 101 Metern und einer jährlichen Stromerzeugung von 6.000 Megawattstunden.

Möglich seien also im „Cluster I“ – wobei in der Stadt Erding selbst keine Rotoren wegen des Fliegerhorstes und der dichten Wohnbebauung aufgestellt werden können – etwa zehn bis 15 WKA. Pamela Kruppa, Bürgermeisterin von Moosinning, gab bekannt, dass ihre Gemeinde mit Oberding schon beschlossen habe, von den möglichen sieben bis neun WKA nördlich des Zengermoos nur vier zu bauen. „Wir führen aber auch enge Gespräche mit Hallbergmoos und Ismaning über die anderen Standorte.“ Die Realisierung der WKAs soll laut Simone Fischer-Gudehus vom Landratsamt nicht ausschließlich privaten Investoren überlassen werden. „Dafür haben wir eine Projekt-Vorbereitungsgesellschaft geplant, bestehend aus den Städten, Märkten, Gemeinden, Energieversorgern und dem Landkreis, die jetzt eine Standort- und Wirtschaftlichkeitsanalyse durchführt. Über eine intensive Öffentlichkeitsarbeit werden die Bürger jederzeit informiert.“ Prinzipiell sollen die Bürger auch wirtschaftlich an den WKA beteiligt werden, schließlich handelt es sich bei 30 WKAs um eine Investition von bis zu 150 Millionen Euro. „Doch sollen wir jeden ab 100 Euro mitmachen lassen – dann können wir kaum noch Beschlüsse fassen. Oder sollen wir erst ab 100.000 Euro Anteile verkaufen – dann finanzieren alle Stromverbraucher den Gewinn der wenigen Anteilseigner, das müssen wir im Detail noch klären“, meinte Landrat Bayerstorfer. bb

Artikel vom 04.01.2013
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