Erinnerung an die Schulzeit – Ausstellung in Anzing

Ebersberg · „Tatzen“ und Omelett

Heinrich Streffer, Rosi Hollerith und Otto Belmer haben im Frühjahr den ersten Teil der Ausstellung zusammengestellt. Der zweite Teil ist ab 19. Oktober zu sehen. Foto: privat

Heinrich Streffer, Rosi Hollerith und Otto Belmer haben im Frühjahr den ersten Teil der Ausstellung zusammengestellt. Der zweite Teil ist ab 19. Oktober zu sehen. Foto: privat

Ebersberg · „Tatzen“ hat Vinzenz Fröschl dereinst kassiert, sechs an der Zahl. Diese Schläge mit dem Rohrstock während der Anzinger die Schulbank drückte, dürften nicht die angenehmste Erinnerung an früher für den heute 90-Jährigen gewesen sein. Jetzt wird ein Teil von Fröschls Vergangenheit und der anderer Anzinger wieder lebendig: beim zweiten Teil der Fotoausstellung „Leben in unserem Dorf“, die anlässlich der 1200-Jahr-Feier der Gemeinde Anzing vom 19. Oktober bis 29. November im Rathaus zu sehen ist.

Manch einer wird sich auf den Fotos wiedererkennen, so wie Vinzenz Fröschl. Er ist 1929 in Anzing eingeschult worden und sieben Jahre lang hier zur Volksschule gegangen, danach in Markt Schwaben, weil es in Anzing keine weiterführenden Klassen gab. Die Schüler wurden von zwei Lehrern unterrichtet, außerdem gab es noch einen dritten Lehrer für Sport und Musik. Alle drei führten ein strenges Regiment. Schmerzhafter Beweis für Fröschl: die Schläge mit dem Rohrstock. Damals habe noch Disziplin in der Schule geherrscht, die Lehrer seien Respektpersonen gewesen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir ihnen irgendwelche Streiche gespielt haben“, sagt der Anzinger. Annelies Thoma hingegen, die von 1970 bis 1995 Lehrerin für Handarbeit, Hauswirtschaft und Werken in Anzing war, erinnert sich an einen bösen Streich, der bis heute nicht aufgeklärt wurde: Eines Morgens kam sie in die Schulküche und sah, dass das Fenster eingeschlagen war. Auf dem Herd stand eine ­Pfanne, daneben eine Flasche Wasser. Offenbar hatte nachts jemand Hunger bekommen und sich am Kühlschrank bedient und ein Omelett gemacht. „Noch einige Tage danach bin ich morgens mit einem mulmigen Gefühl in die Küche gegangen“, erzählt die pensionierte Lehrerin. Ansonsten litt die Schulgeneration der 70er weniger an Hunger als vielmehr an den beengten räumlichen Verhältnissen in der Volksschule, da es damals den Schulanbau noch nicht gab. So kam es laut Thoma, dass die Flötengruppe in der Schulküche üben musste, während nebenan im Werkraum gesägt und gehämmert wurde.

Neben Bildern aus dem Schulleben gibt es in der Ausstellung aber auch viele Fotos aus anderen Bereichen zu sehen: Vereinsleben, Handwerk und Gewerbe, alteingesessene Anzinger Familien oder auch die technische Entwicklung in der Landwirtschaft von den 30er-Jahren bis heute, vom Flügelmäher bis zum modernen Mähdrescher. Die bauliche Entwicklung der Gemeinde, deren Präsentation bereits in der ersten Ausstellung begonnen wurde, wird hier fortgeführt. Schwerpunkte im zweiten Teil sind außerdem besondere Höhepunkte des kulturellen Lebens, wie die Aufstellung des ersten Maibaums nach dem Krieg 1948, die Feierlichkeiten zum 300-jährigen Bestehen des Gasthofes Alte Post, die 1175-Jahr-Feier der Gemeinde und als jüngstes Ereignis das 100-jährige Bestehen des Burschenvereins sowie die Klassenfotos aus über 100 Jahren Schulgeschichte. Hierzu erstellte der Anzinger Heinrich Streffer, der auch den ersten Teil im Frühjahr gemeinsam mit Rosi Hollerith und Otto Belmer zusammengestellt hat, eine Broschüre: „Anzinger Baugeschichte, einzelne Anwesen ins Bild gerückt“ zeigt auf 96 Seiten über 180 Objekte mit dem Haus- und Hofnamen sowie der alten Hausnummer. Die Broschüre wurde in einer begrenzten Stückzahl neu aufgelegt und kann bei der Eröffnung der Ausstellung für 10 Euro im Rathaus gekauft werden.

Eröffnet wird die Ausstellung am Freitag, 19. Oktober, um 19 Uhr von Bürgermeister Franz ­Finauer. Anschließend kann sie zu den allgemeinen Öffnungszeiten des Rathauses besichtigt werden sowie zusätzlich an zwei Wochenenden: Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr, Donnerstag zusätzlich von 14 bis 18 Uhr und am Samstag, 20. Oktober, und Samstag, 24. November, jeweils von 16 bis 18 Uhr, am Sonntag, 21. Oktober, und Sonntag, 25. November, jeweils von 10 bis 12 Uhr.

Von Sybille Föll

Artikel vom 11.10.2012
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