Kompromiss: „Wolfsschlucht“ wird zum Teil bebaut

Ebersberg · Pläne mit Grüner Lunge

Grafings Bürgermeister Rudolf Heiler erläutert die Planungen für das künftige Wohngebiet „Wolfsschlucht“.	Foto: Sybille Föll

Grafings Bürgermeister Rudolf Heiler erläutert die Planungen für das künftige Wohngebiet „Wolfsschlucht“. Foto: Sybille Föll

Ebersberg · Seit Jahrzehnten liegt das Gelände brach, nun soll die „Wolfsschlucht“ in Grafing bebaut werden. Ende Juni stimmte der Bauausschuss den Plänen zu, die Hälfte des insgesamt rund 30.000 Quadratmeter großen Grünzugs, der sich von der Bernauer- bis zur Bahnhofstraße erstreckt, umzuwidmen.

Denn bisher war das Areal im Flächennutzungsplan von 1986 als „private Grünfläche“ eingetragen. Das führte im Vorfeld zu einigen Diskussionen im Stadtrat. „Eine verantwortungsvolle und nachhaltige Siedlungsentwicklung verlangt, Potenziale in der Innenstadt zu nutzen, um das Zubetonieren freier Flächen außerhalb der Stadt zu vermeiden“, sagt Bürgermeister Rudolf Heiler. Andererseits sollte das Areal als „Grüne Lunge Grafings“ auch als solche erhalten bleiben. Nun wurde ein Kompromiss gefunden: Der Wald im Süden als Verlängerung des Stadtgartens bleibt erhalten und nur der nördliche Teil wird bebaut. Geplant sind elf Grundstücke für Privathäuser, auf denen maximal zweigeschossige Doppelhaushälften oder Einfamilienhäuser mit nutzbarem Dachgeschoss und jeweils einer Doppelgarage, idealerweise als offener Carport, gebaut werden dürfen. Die Erschließung soll über eine Stichstraße mit „Platzcharakter“ zur Bernauer Straße erfolgen, das bedeutet, eine verkehrsberuhigte Spielstraße. Südlich davon möchte die Software-Firma Cadfem ein Schulungszentrum errichten, das über den bereits vorhandenen Weg „Wolfsschlucht“ zu erreichen wäre, der an der Nettelkofener Straße in die Bahnhofstraße einmündet und nur geringfügig erweitert werden müsste. Die bisherige Zufahrt von der Bernauer Straße zum Elternhaus des Grundstücksbesitzers Max-Josef Schlederer, CSU-Fraktionsvorsitzender im Grafinger Stadtrat, könne als Erschließungsstraße nicht genutzt werden, sagt Heiler. Die rechtwinklige Einmündung in die Bernauer Straße sei verkehrplanerisch ungeeignet. Die Allee solle aber möglichst erhalten und zum Fußweg umgestaltet ­werden, der über eine Treppe zur Bernauer Straße führt. Das Bebauungsplanverfahren wird laut Rathauschef voraussichtlich in zwei getrennten Planabschnitten vorgenommen, für den Fall, dass mit Cadfem keine Einigung erzielt werden kann. „Wir sind aber sehr zuversichtlich, zumal es für uns sehr wichtig ist, dass dieses international tätige Unternehmen in Grafing bleibt“, so der Bürgermeister.

Es gibt schon viele Kaufinteressenten, denn die Hälfte der Grundstücke unterliegen der sogenannten „Einheimischensicherung“, das heißt, sie werden vorrangig an Ortsansässige vergeben – und dazu noch zu einem Preis, der 20 Prozent unter dem üblichen Verkaufswert liegt. „Dass wir so viele Anfragen haben, hat wahrscheinlich mehrere Gründe“, sagt Heiler. Zum einen seien die Menschen durch die Euro-Krise verunsichert und versuchten, ihr Erspartes in Immobilien zu stecken. Zum anderen sei Grafing ein attraktiver Ort zum Leben, mit guter Infrastruktur und Anbindung an München. „Wir können und möchten den Bedarf an Wohnraum aber nur organisch decken“, so der Bürgermeister. Grafing betreibe „eine Siedlungspolitik im gesunden und vernünftigen Maßstab, ohne sprunghaften Bevölkerungszuwachs“. Zu Beginn von Heilers Amtszeit 1996 hatte Grafing etwa 11.300 Einwohner, aktuell sind es rund 13.000, das entspreche einem Zuwachs von gerade einmal einem Prozent pro Jahr. „Und wenn Leute herziehen, dann sind es meistens junge Familien und somit Steuerzahler – das ist gut für die Stadtkasse“. Grafing könnte leicht weitere Baugebiete am Ortsrand ausweisen, die sicher Abnehmer fänden, „aber damit schaffen wir uns nur selbst Probleme“, sagt Heiler. Die Infrastruktur könne nicht so schnell mitwachsen und das größte Problem der Stadt, der Verkehr, müsse man nicht noch zusätzlich nähren.

Die neuen Bewohner der Wolfsschlucht könnten dieses Thema auch zu spüren bekommen. Das „Qualitätsgrundstück in Bestlage“, wie Bauamtsleiter Josef Niedermaier es bezeichnete, mit dem lauschigen Weiher „Melak“ in der Nähe, ist kein besonders ruhiger Ort. Zwar sei von der Schießanlage an der Nettelkofener Straße oder dem Tennisplatz keine Lärmbelästigung zu befürchten, aber der Verkehr auf der Bernauerstraße könnte für die Anwohner unangenehm werden. Derzeit sind dort täglich rund 3.000 Kraftfahrzeuge unterwegs, einer Prognose zufolge könnte die Zahl bis zum Jahr 2025 auf 3.500 ansteigen. Trotz der geplanten Ortsumfahrung Grafing. Seit 13. August läuft die Bürgerbeteiligung zur „Wolfsschlucht“, bis etwa 21. September liegen die Planungsunterlagen öffentlich im Rathaus aus und sind im Internet eingestellt. Der Bürgermeister rechnet damit, dass es noch ein Jahr dauern wird, bis die endgültige Planung im Bauausschuss abgesegnet wird. „Wir bitten dringend, von Nachfragen abzusehen, bisher ist die Stadt noch nicht in der Lage, Details zur Umsetzung der Einheimischenregelung zu nennen. Wir gehen aber davon aus, dass der Stadtrat für den Verkauf eine Zuteilungsreihenfolge unter den Bewerbern bestimmen wird. Aber auch hierfür sind die Kriterien erst noch festzulegen“, so Bürgermeister Rudolf Heiler.

Artikel vom 23.08.2012
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