Verschlungener Lebensweg führt neuen Pfarrer nach Zorneding

Zorneding · »Ins kalte Wasser«

Pfarrer Markus Zurl (l. oben) verlässt Zorneding nach drei Jahren. Sein Nachfolger ist Olivier Ndjimbi-Tshiende (r. oben). 	Fotos: Sybille Föll/privat

Pfarrer Markus Zurl (l. oben) verlässt Zorneding nach drei Jahren. Sein Nachfolger ist Olivier Ndjimbi-Tshiende (r. oben). Fotos: Sybille Föll/privat

Zorneding · Pfarrer Markus Zurl wird im Sommer die katholische Kirchengemeinde Sankt Martin in Zorneding verlassen, sein Nachfolger ist Olivier Ndjimbi-Tshiende.

Der 63-jährige Priester ist seit etwa vier Jahren in Sankt Georg in München-Milbertshofen tätig, am 1. September wird er in Zorneding die erste Messe halten. »Ich werde quasi ins kalte Wasser geworfen, denn meine offizielle Einführung durch den Dekan findet erst irgendwann danach statt«, erklärt der gebürtige Kongolese lächelnd. Doch dass er sich in Zorneding wohlfühlen wird, daran hat er keinen Zweifel.

Der Geistliche hat keinen einfachen Lebensweg hinter sich. In seiner Heimat besuchte er zunächst das Knabenseminar, anschließend das Priesterseminar, wo er drei Jahre lang Philosophie studierte und vier Jahre an der theologischen Hochschule verbrachte. 1979 wurde er zum Priester geweiht und nahm eine Stelle als Dozent im Priesterseminar an. Ein Jahr später wurde er Sekretär des Bischofs. Wiederum drei Jahre später Leiter der »charismatischen« Gemeinde. Das ist eine Bewegung der katholischen Kirche, die aus den Pfingstgemeinden entstanden ist. »Und schließlich wurde ich auch noch Gefängnispfarrer. All diese Aufgaben musste ich gleichzeitig bewältigen – es war ein bisschen viel«, erzählt Ndjimbi-Tshiende. 1985 bat er darum, nach Deutschland gehen zu dürfen, um dort Philosophie und Kinder-Psychologie studieren zu dürfen. Der damalige Bischof genehmigte das. Und so lernte Ndjimbi-Tshiende Deutsch, begann ein Doktorat bei den Jesuiten, legte einen Magister in Pädagogik ab und habilitierte noch in Werte-Philosophie in München.

2001 hatte der Priester seinen Wissensdurst gestillt und kehrte zurück in seine Heimat, um dort sein Erlerntes in den Dienst der Kirche zu stellen. »Aber ich wurde nicht aufgenommen«, sagt er. »Es war ein neuer Bischof da und der gab mir keine Stelle – weder in der Pfarrei noch als Dozent.« Vier Jahre lang war Ndjimbi-Tshiende arbeitslos, buk Brot, stellte Lehmziegel her, tat alles Mögliche, um zu überleben. »Und dann hat Gott an mich gedacht und mir eine Krankheit ins linke Auge geschickt, die man nirgends auf der Welt operieren kann, außer in Deutschland.« Also kam er zurück und bekam nach der Operation eine Stelle als Pfarrer in Buch am Erlbach, in der Nähe von Landshut. Drei Jahre blieb er dort.

Doch wegen seiner Augenkrankheit musste er immer wieder nach München in die Klinik fahren, so dass er beschloss, eine Stelle in der Landeshauptstadt sei besser. »So kam ich nach Sankt Georg«, schließt er seinen Bericht. »Milbertshofen ist kein einfaches Viertel«, sagt der Kongolese.

Erfolgreiche Jugendarbeit

Er hat dort sehr viel Jugendarbeit geleistet. Denn die Jugendlichen hätten die Kirche nicht geachtet. Einmal habe einer sogar ins Weihwasserbecken uriniert. Daraufhin ist Olivier Ndjimbi-Tshiende zu den Nightball-Veranstaltungen gegangen, wo die Heranwachsenden abends Basketball spielen, um den Kontakt zu suchen. Mit Erfolg: »Anschließend haben sie mich sogar auf der Straße gegrüßt«, sagt Ndjimbi-Tshiende stolz. Wie er nun seine Aufgabe in Zorneding sieht? »Auf mich warten Menschen – mit ihrer Art, ihrer Lebensweise. Meine Arbeit ist die Verkündigung des Wort Gottes mit allem, was dazu gehört.« Und dies enthalte vor allem eine Botschaft: Miteinander in Frieden leben. »Wenn wir im Namen Gottes so miteinander leben, egal welcher Konfession wir angehören, dann schaffen wir ein kleines Paradies. Das ist mein Traum!«

Markus Zurl und Olivier Ndjimbi-Tshiende sind sich zufällig in einem Priesterrat begegnet, daher kennt Zurl seinen Nachfolger. »Ich bin sicher, dass er die vielfältige pastorale Arbeit in der Pfarrei Zorneding sehr gut weiterführen wird«, sagt der Pfarrer. Zurl selbst wird künftig verschiedenen Aufgaben nachgehen. Zum einen wird er in Altötting die Emmanuel School of Mission, in der Musiker ein Jahr lang ihre Begabung in den Dienst der Kirche stellen, priesterlich betreuen. Zum anderen wird er sich um die Priesterberufungen der Gemeinschaft Emmanuel im deutschsprachigen Raum kümmern. »Und damit mir nicht langweilig wird, darf ich auch noch in der Seelsorge im Pfarrverband Milbertshofen helfen«, sagt Zurl lächelnd.

Abschied von Zurl am 29. Juli

Er freut sich auf die neuen Herausforderungen, auch wenn es ihm gleichzeitig leid tut, Zorneding verlassen zu müssen. »Es war aber von Anfang an klar, dass ich nur befristet hier sein werde – geplant war ja ursprünglich nur ein Jahr, und daraus sind drei Jahre geworden«, erklärt der Geistliche. Am 29. Juli wird es um 10.30 Uhr einen Gottesdienst mit der Schola geben, anschließend findet ein Pfarrfest statt, bei dem Pfarrer Markus Zurl feierlich verabschiedet wird. Sybille Föll

Artikel vom 19.06.2012
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