Bürgermeister ärgert sich über vorsätzlichen Pfusch am Bau

Hallbergmoos · Hallbergmoos muss zahlen

 Lange war die Drehtüre zum Hallbergmooser Rathaus wegen Konstruktions- und Einbaufehlern unbenutzbar. Jetzt ist sie gesperrt, weil ein Gutachter die undichte Tiefgarage untersucht hat. Foto: bb

Lange war die Drehtüre zum Hallbergmooser Rathaus wegen Konstruktions- und Einbaufehlern unbenutzbar. Jetzt ist sie gesperrt, weil ein Gutachter die undichte Tiefgarage untersucht hat. Foto: bb

Hallbergmoos · Da kam Bürgermeister Klaus Stallmeister mal wieder so richtig in Rage, als er in der letzten Gemeinderatssitzung über den heute offensichtlich „normalen Pfusch auf Baustellen“ berichtete.

Den lieferten viele Handwerker in seinen Augen vorsätzlich ab und vertrauen dabei auf die heute übliche „Rechtsprechung“, die ihnen trotz Pfusch über den Weg des Vergleichs schöne Summen zuschustert. Ein ganz aktueller Fall kostet Hallbergmoos wieder einmal 23.000 Euro, obwohl ein Fliesenleger im neuen „Sport-Forum“ sehr schlechte Arbeit ablieferte. Ausgangspunkt von Stallmeisters Wutrede war die aktuelle Baustelle vor dem Rathaus, die wieder einmal die Drehtüre unbenutzbar macht. „Seit unserem Einzug ins neue Rathaus ärgern wir uns über zahlreiche Mängel, so etwa den abbröckelnden Putz an der Außenfassade und das undichte Dach über dem kleinen Sitzungssaal – bei beiden warten wir seit Monaten auf eine Stellungnahme des Gutachters - und eben auch über das Wasser in der Tiefgarage.

Reparieren dürfen wir es nicht, bevor nicht alle Gutachter von uns und der Gegenseite da waren, also haben wir uns mit aufgehängten Plastikeimern beholfen. Und schon nach achteinhalb Jahren des Wartens kam der Gutachter für die Tiefgarage – darum ist jetzt am Rathauseingang alles aufgerissen – und bestätigte die Schäden in der Abdichtung“, so Stallmeister. Leider sei die damals ausführende Firma längst pleite und die Nachfolgefirma sagt, sie habe keine Verträge mit der Gemeinde Hallbergmoos. „Jetzt können wir wieder warten, hoffen und bitten, ob der Konkursverwalter die Kosten für die Reparatur übernimmt!“ Viel schlimmer sei jedoch ein ganz aktuelles Beispiel vom Bau des neuen „Sport-Forums“ im Sport- und Freizeitpark. Die verschiedenen Arbeiten mussten bundesweit ausgeschrieben werden und so erhielt ein Fliesenleger den Zuschlag für mehr als 1000 Quadratmeter Fliesen zu verlegen – weil er mit Abstand der billigste war und den muss die Gemeinde dann nehmen. „Das war so ein ‚krummer Hund‘, der hatte nie vor, das überhaupt fertig zu machen.

Der brachte zu jeder Baustellenbesprechung einen Rechtsanwalt mit – das muss man sich mal vorstellen! – und dieser fertigte dann immer völlig einseitige Besprechungsprotokolle an, wonach der Fliesenleger ja gerne schneller arbeiten würde, aber alle Vorarbeiten von Verputz über Estrich bis Holz falsch, schief oder nicht fertig seien. Als wir ihn dann immer wieder fragten, wann er denn fertig sein werde – schließlich stand der Eröffnungstermin Ende September lange fest – und er uns immer vertröstete, dann aber Ende November nannte und wir schließlich herausfanden, dass das nur eine 1,5 Mann-Firma ist, die mit diversen Subunternehmen arbeitet und das niemals pünktlich erledigen konnte, da mussten wir die Notbremse ziehen und haben ihm gekündigt. Dagegen hat er jetzt geklagt und ein Richter in Landshut schlägt, wie meist üblich, einen Vergleich vor, der uns 23.000 Euro kostet – das sehe ich nicht mehr ein. Wir haben Rechtsschutz, hier sollten wir mal ein Exempel statuieren, dass wir nicht alles mitmachen!“, redete sich der Gemeindechef in Rage.

Die anderen Gemeinderäte und auch Rathaus-Leiter Herbert Kestler gaben ihm Recht, es sei einfach frustrierend, dass überhaupt kein Recht mehr gesprochen werde, sondern jeder Prozess mit einem Vergleich ende, bei dem Faule und schlecht Arbeitende trotzdem noch Geld bekämen. „Immer weniger Handwerker haben Anstand und Moral und wollen bestmöglich arbeiten – darum sollten wir jetzt weiterklagen“, forderte Stallmeister. Dr. Marcus Mey (CSU), von Beruf Rechtsanwalt, warnte jedoch genau davor. „Ich finde das Verhalten vieler Handwerker, wenn sie für Gemeinden und Städte arbeiten, auch unmöglich und diesen Fliesenleger im Speziellen. Aber das Gericht hat hier nicht entschieden, ob der Handwerker schlecht gearbeitet hat oder ob er pünktlich fertig geworden wäre, sondern es ging nur darum, ob unsere Kündigung korrekt war – und da schlägt der Richter eben einen Vergleich vor, weil wir offensichtlich zu schnell gekündigt haben ohne alle Fristen exakt einzuhalten.

Daher würde ich nicht weiter klagen, sondern den Vergleich – so bitter das ist – annehmen. Die Streitsumme liegt nämlich bei 97.000 Euro und wenn wir weiter prozessieren und der Richter macht dann in fünf Jahren einen Vergleich, kostet es uns unter Umständen fast 50.000 Euro“, so Mey. Sein Parteikollege Sepp Niedermair schimpfte, dieser Fliesenleger habe nie vorgehabt, seine Arbeiten pünktlich und sorgfältig zu beenden, „da mussten wir einfach reagieren!“ Heinrich Lemer (FW) ergänzte, dass man als Auftraggeber einem, „der so rotzfrech daherkommt und gar keine Leistung bringen will, nicht nachgeben und zahlen dürfe!“ Klaus Stallmeister forderte, „wir müssen uns hier als Gemeinde für die Zukunft positionieren, das ist für mich eine politische Frage!“ Doch alles gemeinsame Schimpfen änderte nichts an den mahnenden Worten von Mey, der Unterstützung fand bei Stefan Kronner (SPD). Mit 10:9 Stimmen nahmen die Gemeinderäte letztlich den Vergleich an – und öffneten so jeden weiteren unwilligen Handwerker die Türen.

Artikel vom 27.10.2011
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